DFB-Bundestag stimmt über Regionalliga-Reform ab

Am Freitag wird der DFB-Bundestag über die geplante Reform der Regionalliga ab der Saison 2020/21 abstimmen. Klar ist bereits: Es wird bei fünf Staffeln bleiben. liga3-online.de beantwortet die wichtigsten Fragen.

[box type="info"]Feste Aufsteiger für West und Südwest[/box]

Warum ist eine Reform notwendig?

Bereits im Vorfeld des DFB-Bundestags vor zwei Jahren waren mehrere Reform-Modelle im Gespräch, jedoch fanden sich keine Mehrheiten. Der DFB-Bundestag beschloss im Dezember 2017 daher eine Übergangsregelung bis 2020, bei der vier Meister statt zuvor drei Meister aufsteigen. Gleichzeitig wurde die Anzahl der Absteiger aus der 3. Liga erhöht.

Was war der Plan?

Die Kernidee der angedachte Reform war, dass alle Regionalliga-Meister direkt in die 3. Liga aufsteigen. Dafür sollte die Anzahl der Regionalliga-Staffeln von fünf auf vier reduziert werden. Dazu wird es allerdings nicht kommen.

Warum war eine Reduzierung der Staffeln nicht möglich?

Damit aus fünf Regionalliga-Staffeln vier werden können, sollte die Nordost-Staffel zerschlagen werden. Die Klubs aus Thüringen und Sachsen wären der Regionalliga Bayern zugeordnet worden, die Vereine aus Sachsen-Anhalt, Brandenburg, Berlin und Mecklenburg-Vorpommern der Nord-Staffel. Ein herber Einschnitt, den vor allem der Nordostdeutsche Fußball-Verband (NOFV) strikt ablehnt. Daher einigten sich die Vertreter der Dritt- und Viertligisten aus dem Norden, dem Nordosten und Bayern darauf, an der Nordost-Staffel festzuhalten. Bei einer Tagung im März stimmten 45 Vereinsvertreter bei vier Enthaltungen für den Erhalt der Regionalliga Nordost – Gegenstimmen gab es nicht.

DFB-Vizepräsident Rainer Koch sagte im Anschluss an das Treffen: "Es ist nicht möglich, dass aus fünf Regionalligen vier gemacht werden, ohne dass es irgendwo in Fußball-Deutschland große Probleme gibt." Auch wirtschaftlich sei das nicht darstellbar, "dazu sind die Distanzen zu groß, außerdem ist die regionale Identität gerade im Nordosten viel zu bedeutsam, um ihn in zwei Teile zu zerschneiden." Zusätzlich hätten alles nochmals klar unterstrichen, "dass die nicht vorhandene pyramidale Ligenstruktur oberhalb der Regionalligen eine adäquate Aufstiegsregelung zur 3. Liga quasi unmöglich macht."

Warum sollte ausgerechnet die Nordost-Staffel zerschlagen werden?

"Bei 56.000 Fußballmannschaften in Deutschland, kann ich mit 9.500 Mannschaften, die im Nordosten beheimatet sind nicht beanspruchen, ein Viertel der Regionalligen zu haben", sagte Koch vor einem Jahr. Im Februar 2019 forderten 19 der 20 Drittligisten die Auflösung der Nordost-Staffel, nur Energie Cottbus war dagegen.

Warum ist es so schwierig, die Regionalliga in vier statt fünf Staffeln zu gliedern?

Knackpunkt sind die stark abweichenden Interessen der einzelnen Regional- und Landesverbände und ihrer Vereine. Problem: Mitten durch die Regionalligen verläuft die Grenze zwischen Profi- und Amateurfußball. Auf der einen Seite gibt es Vereine wie Lübeck, Erfurt, Essen, Aachen, Saarbrücken, Cottbus und Offenbach, die klar den Aufstieg in die 3. Liga anstreben und sich keinesfalls dauerhaft in der Regionalliga aufhalten wollen – diese Klubs würden von einer viergleisigen Regionalliga mit vier direkten Aufsteigern profitieren.

Auf der anderen Seite spielen in den fünf Regionalliga-Staffeln aber auch Klubs wie Drochtersen/Assel, Altona 93, Homberg, Bahlingen und Schalding-Heining, welche die Regionalliga als persönliche "Champions-League" ansehen. Ein Aufstieg käme, selbst wenn sie sich sportlich qualifizieren würden, aus finanziellen und organisatorischen Gründen nicht in Frage. Für diese Vereine wäre eine auf den direkten Aufstieg in die 3. Liga ausgelegte Regionalliga-Struktur ein Nachteil, einige müssten angesichts des Wegfalls einer Staffel den Gang in die Oberliga antreten. Eine andere Option: Die zweiten Mannschaften würden ausgeschlossen. Diesem Modell werden allerdings die Bundesligisten nicht zustimmen. Und dann sind da noch die Regional- und Landesverbände selbst, die ihre jeweilige Staffel unbedingt erhalten möchten und bisher zu keinen Kompromissen bereit sind.

Wie soll der Aufstieg künftig geregelt werden?

Die Reform sieht vor, dass die Meister der Staffeln West und Südwest ab der Saison 2020/21 einen festen Aufstiegsplatz erhalten. Begründet wird das damit, dass in ihren Gebieten knapp die Hälfte aller 25.000 in den Landesverbänden organisierten Vereine in Deutschland vertreten sind: 4.500 im Westen und 7.700 im Südwesten.

Aus den übrigen Staffeln Nord, Nordosten und Bayern sollen die anderen beiden Aufsteiger ermittelt werden. Ein fester Aufstiegsplatz wird dabei jährlich zwischen den Staffeln wechseln, die übrigen zwei Meister werden in einer Relegation den zweiten Aufsteiger ermitteln. Damit der Antrag auf dem DFB-Bundestag beschlossen werden kann, bedarf es einer Zwei-Drittel-Mehrheit. Diese gilt als sicher.

 

[box type="info"]3. Liga als Verlierer[/box]

Gab es alternative Vorschläge zur Reform der Regionalliga?

Reichlich. Darunter eine zwei- bzw. dreigleisige 4. Liga zwischen der 3. Liga und der Regionalliga, die Zusammenlegung der Bundesländer Baden-Württemberg, Hessen und Bayern zu einer Liga und eine jährlich wechselnde freie Einteilung von vier Regionalligen nach ausschließlich geografischen Gesichtspunkten. Mehrheiten fanden diese Modelle allerdings nicht.

Wie sieht es mit der Idee aus, die 3. Liga aufzustocken?

Damit aus fünf Regionalliga-Staffeln alle Meister direkt aufsteigen können, wurde eine Aufstockung der 3. Liga auf 22 Teams mit dann fünf Absteigen diskutiert. Energie Cottbus brachte diese Idee im Februar 2019 ins Gespräch. DFB-Vizepräsident Koch zweifelte jedoch an der Wirtschaftlichkeit einer solchen Liga. Demnach sei die finanzielle Situation der Drittligisten "zu schlecht, als dass man beliebig die Anzahl der Vereine erweitern könnte." Hinzukommt ein Terminproblem, denn 22 Mannschaften bedeuten vier zusätzliche Spieltage im Laufe der Saison. Schon jetzt sind die Kalender der Drittligisten randvoll, zusätzliche Englische Woche und verkürzte Pausen im Sommer und Winter wären die Folge.

Um diese Belastung auszugleichen, regte Energie Cottbus eine Reform der Landespokal-Wettbewerbe an. So sollen die Partien für die Drittligisten im Landespokal reduziert werden, zudem brachten die Lausitzer ein Startrecht für alle Drittligisten am DFB-Pokal ins Gespräch. Dafür müsste allerdings auch dieser Wettbewerb reformiert werden. Ob der DFB darauf eingehen wird? Sonderlich wahrscheinlich ist das nicht.

Ist die Einführung einer zweigleisigen 3. Liga realistisch?

Nein. Schon vor zwei Jahren war der Vorschlag diskutiert, allerdings für wenig realistisch erachtet worden. Ein Grund: Bei einer zweigleisigen 3. Liga müssten die Vermarktungserlöse – etwa aus dem TV-Topf – durch mehr Vereine geteilt werden, sodass die Einnahmen pro Verein sinken würden. Auch sportlich wäre die Zweiteilung der 3. Liga ein Rückschritt, wie der DFB seinerzeit gegenüber unserer Redaktion anmerkte: "Die Kluft zur 2. Bundesliga würde dann noch größer werden." Zudem stellt sich die Frage der Finanzierung und der Attraktivität. Klar ist daher: Eine zweigleisige 3. Liga ist keine Lösung, um gemäß dem Motto "Alle Meister müssen aufsteigen" für mehr Gerechtigkeit in der Regionalliga zu sorgen – weil sie zulasten des Profifußballs gehen würde. "Das wäre das Aus für die 3. Liga", warnte Osnabrück-Geschäftsführer Jürgen Wehlend.

Wer sind die Gewinner und Verlierer der angedachten Reform?

Profiteure einer fünfgleisigen Regionalliga sind die Amateurvereine der Nord-, Nordost- und Bayern-Staffel, die keine Aufstiegsambitionen haben. Sie bräuchten zu Auswärtsspielen keine weiteren Strecken zurücklegen als bisher.

Verlierer wären hingegen ambitionierte Klubs aus den Staffeln Nord, Nordost und Bayern, die selbst beim Gewinn der Meisterschaft nicht automatisch aufsteigen würden – im Gegensatz zu den Klubs im Westen und Südwesten.

Auch die 3. Liga wäre ein großer Verlierer. Dem vierten Abstiegsplatz hatten die Drittligisten lediglich unter der Bedingung zugestimmt, dass es ab 2020/21 nur noch vier Regionalliga-Staffeln gibt, aus denen alle Meister direkt aufsteigen. Die zentrale Forderung der Drittliga-Klubs wäre damit nicht erfüllt. Neuerliche Proteste wären möglich. Bereits im vergangenen November protestierten die Drittliga-Klubs, in dem sie am 17. Spieltag jeweils die erste Minute der Partien bestreikten. Gleichzeitig forderten die Drittliga-Klubs eine Rückkehr zu drei Absteigern.

Wie lautet das Fazit?

Die angedachte Regionalliga-Reform ist gescheitert, weil auch weiterhin nicht alle Meister direkt aufsteigen. Die nun gefundene Lösung "ist keine gute, aber unter allen schlechten die mit Abstand beste", so Koch.

   

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