Preußen Münster: Starke Moral genügt nicht
Spiel zehn ohne Sieg, konstant vor allem in den Problemsituationen: Die Lage bei Preußen Münster spitzt sich nach dem 3:3-Unentschieden gegen den Chemnitzer FC weiter zu. Auch wenn nach drei egalisierten Rückständen berechtigt auf die starke Moral verwiesen werden darf, so wird mehr und mehr deutlich: Allein mit der Einstellung werden die Adlerträger die Klasse kaum halten können.
Mehrfach das übliche Szenario abgewendet
Das Gute vorweg: Mehrfach sträubte sich der SCP am Samstagnachmittag mit aller Vehemenz dagegen, einen Spielverlauf anzunehmen, der für die jüngeren Entwicklungen von Gastgeber und sächsischem Gast prädestiniert gewesen wäre. Variante eins: Nach dem 0:1-Rückstand durch Tobias Müller, der ohne Gegenspieler zum Kopfball hochstieg und sich artig bedankte, gibt Münster das Spiel analog zur 1:4-Niederlage gegen den FC Bayern II oder die 2:3-Pleite gegen Viktoria Köln zunächst völlig aus der Hand, handelt sich weitere Gegentore ein und verliert das Spiel frühzeitig. Das 1:1 durch Maurice Litka, das sich nicht angebahnt hatte, zerstörte diese Idee. Variante zwei: Das 1:2 vor der Pause, Stichwort "psychologisch wichtiger Zeitpunkt", bricht den Westfalen sportlich das Genick – zumal wieder mit mangelhafter Klärungsarbeit selbstverschuldet. Fridolin Wagner besorgte dieses Mal die postwendende Antwort (45. +1).
Variante drei dürfte jene gewesen sein, die jeder Spieler, Verantwortliche, Sympathisant eines regelmäßig abstiegsbedrohten Klubs am ehesten kennt: Der späte Nackenschlag in einem ausgeglichenen Spiel. Stichwort: "Das passiert, wenn du unten drinstehst." Chemnitz, in der zweiten Halbzeit offensiv kaum noch auffällig, legte den vermeintlichen 3:2-Siegtreffer durch Dejan Bozic in der Schlussminute vor – und Seref Özcan glich mit feinem Schlenzer tatsächlich 60 Sekunden später nochmals aus. Ein verrücktes Spiel, auf das zwei Kontrahenten im Tabellenmittelfeld am Ende wohl positiv zurückblicken würden, nicht aber zwei Kellerkinder. Für Preußen Münster, das seit 3. August kein Pflichtspiel mehr gewonnen hat, ist der verpasste Heimsieg gegen einen Mitstreiter im Überlebenskampf nach dem 1:1 gegen Großaspach vor zwei Wochen der nächste klare Punktverlust. "Am Ende sind beide mit leeren Händen nach Hause gegangen, denn ein Punkt bringt unten nicht so viel", wusste auch Özcan am "Telekom"-Mikrofon.
Zwei Gegentore pro Spiel
Trainer Sven Hübscher muss sich vorwerfen lassen, die Koordination zwischen seinen Defensivspielern weiterhin nicht verbessert zu haben. 28 Gegentore, davon mindestens die Hälfte der Gattung "vermeidbar", sind ein schweres Handicap, zumal die Domstädter ihre Bilanz in den vergangenen Wochen sogar noch verschlechtert haben. Die Negativserie gäbe dem Verein bereits Anlässe, über personelle Maßnahmen nachzudenken, die Sportdirektor Malte Metzelder aber am Mikrofon des WDR am Samstagnachmittag aber entschieden abwiegelte. Es sei "absolut kein" Entscheidungsspiel für Hübscher, betonte der Funktionär. Zumindest kurz hallten eindeutige Rufe des Publikums nach dem Chemnitzer Tor zum 2:3 durch das Preußenstadion. Dann fiel der Ausgleich.
Metzelder, der unter schwierigen finanziellen Bedingungen eine Mannschaft zusammenstellen sollte, die begeisternden und mutigen Fußball spielt, legte den Fokus im Transfer-Sommer darauf, die Abgänge in Sturm und Mittelfeld aufzufangen. Dass nun auch etablierte Kräfte in der Verteidigung wie etwa Simon Scherder schwächeln, war nicht absehbar, auch die Umstellung zur unter Hübscher-Vorgänger Marco Antwerpen erfolgreichen Dreierkette hat bislang kaum gefruchtet. Allein der Blick auf die Tabelle löst allmählich Unruhe aus: Drei Punkte Rückstand sind es auf den rettenden 16. Platz. Dazu hat der SCP als Vorletzter nur gegen Schlusslicht Jena und Drittletzten Lautern gewonnen, zuletzt den Fünftletzten Großaspach (1:1) und nun den Drittletzten Chemnitz daheim (zurecht) nicht besiegen können. Ergebnisse, die schon jetzt abstiegsreif klingen.