Strittige Szenen am 18. Spieltag: Die Analyse von Babak Rafati
Die nicht gegebenen Treffer von Mannheim und 1860, die verwehrten Elfmeter für Mannheim, Chemnitz, Jena und Kaiserslautern, die Strafstöße für Chemnitz und Bayern II, das 2:1 von Zwickau, das 2:0 von Unterhaching, das 3:1 von Uerdingen, das Foul von Richards gegen Mickels und die Platzverweise gegen Heidemann und Huth. Am 19. Spieltag hat sich Ex-FIFA-Schiedsrichter Babak Rafati für liga3-online.de 15 Szenen genauer angeschaut
Hintergrund: Babak Rafati war viele Jahre Bundesliga & FIFA Schiedsrichter. Insgesamt leitete der heute 48-Jährige 84 Erst-, 102 Zweit-, 13 Drittliga- und zahlreiche internationale Spiele. Exklusiv für liga3-online.de analysiert der erfahrene Schiedsrichter jeden Spieltag die strittigen Szenen, die durch die Redaktion im Vorfeld ausgewählt werden. Zudem ist er Kolumnist und TV-Experte für Bundesliga-Spiele. Im Hauptberuf ist Rafati heute Mentalcoach für Profifußballer und Manager sowie ein viel gefragter Referent in der freien Wirtschaft, u.a. bei DAX-Unternehmen zum Thema Stressmanagement und Motivation (www.babak-rafati.de).
Szene 1: Kevin Koffi (Mannheim) bringt eine Freistoßflanke im Tor unter, Schiedsrichter Manuel Gräfe gibt den Treffer aufgrund eines vermeintlichen Handspiels aber nicht. [TV-Bilder – ab Minute 2:15]
Babak Rafati: Seit dieser Saison gilt die Regel, dass wenn ein Spieler mit der Hand einen Treffer erzielt oder sich unmittelbar vorher einen Vorteil dadurch verschafft dieses Handspiel – auch wenn unbeabsichtigt – strafbar ist, sodass eine richtige Entscheidung vorliegt diesen Treffer durch Koffi für Mannheim nicht anzuerkennen.
Szene 2: Nach einem Zuspiel von Arianit Ferati ist Maurice Deville (Mannheim) frei durch, wird von Eintracht-Keeper Jasmin Fejzic im Strafraum am Fuß getroffen und zu Fall gebracht. Das Spiel läuft weiter. [TV-Bilder – ab Minute 2:40]
Babak Rafati: Deville ist im Strafraum von Braunschweig frei durch und will am gegnerischen Torwart vorbei. Dieser bringt Deville durch sein ausgestrecktes Bein klar zu Fall und hindert ihn an einer glasklaren Torchance. Hier hätte es einen Strafstoß für Mannheim sowie eine gelbe Karte gegen Fejzic geben müssen. Kein Rot, da die Aktion im Kampf um den Ball geschieht. Eine Fehlentscheidung, diesen Strafstoß für Mannheim nicht zu geben.
Szene 3: Noah Awuku (Chemnitz) dringt in den Strafraum ein und wird von René Lange (Zwickau) zu Fall gebracht. Kein Elfmeter, sagt Schiedsrichter Sören Storks. [TV-Bilder – ab Minute 51:10]
Babak Rafati: Awuku dringt in den Strafraum von Zwickau ein, wird dort von Lange klar am Schienbein getroffen und zu Fall gebracht. Der Schiedsrichter sieht den Vorgang nicht zweifelsfrei, da er nicht in die optimale Position läuft. Somit versperrt ihm Zwickaus Reinhardt die Sicht, was womöglich der Grund für den ausbleibenden Pfiff ist. Der Assistent wiederrum ist zu weit weg, um den Kontakt wahrnehmen und dem Schiedsrichter den Vorgang mitteilen zu können. Dennoch hätte es einen Strafstoß für Chemnitz geben müssen, somit eine Fehlentscheidung.
Szene 4: Im Strafraum will Christopher Handke (Zwickau) den Ball klären, fährt dabei jedoch den Arm aus und befördert das Spielgerät ins Aus. Elfmeter für Chemnitz. [TV-Bilder – ab Minute 1:10]
Babak Rafati: Das ist ein klares und absichtliches Handspiel, weil die Hand von Handke aktiv zum Ball geht. Eine richtige Entscheidung, auf Strafstoß für Chemnitz zu entscheiden.
Szene 5: Einen Schuss von Elias Huth (Zwickau) kann CFC-Keeper Jakub Jakubov zunächst abwehren, beim anschließenden Kopfball von Huth ist er machtlos. Chemnitz reklamiert Abseits, der Treffer zählt aber. [TV-Bilder – ab Minute 1:35]
Babak Rafati: Beim ersten langen Ball in den Strafraum von Chemnitz steht Huth knapp im Abseits. Da hätte der Assistent schon die Fahne heben müssen. Die Schwierigkeit hierbei ist, dass mehrere Angreifer knapp auf Abseits-Höhe stehen und der Assistent zum Zeitpunkt des Zuspiels die Position jedes einzelnen Angreifers gedanklich einfrieren muss, um dann zu erkennen, welcher von diesen Spielern entsprechend aktiv eingreift. Eine Fehlentscheidung, das Tor anzuerkennen.
Szene 6: Elias Huth (Zwickau) will einen Freistoß schnell ausführen, wird dabei aber von Philipp Hosiner (Chemnitz) bedrängt und geht zu Boden. Anschließend revanchiert sich Huth an Hosiner, der daraufhin ebenfalls zu Boden geht. Beide Spieler sehen Gelb, für Huth ist es der Platzverweis. [TV-Bilder – ab Minute 2:40]
Babak Rafati: Beide Aktionen sind einfach unnötig und als Vergehen jeweils eine gelbe Karte, weil Unsportlichkeiten vorliegen. Wenn ein Spieler zudem wie in dieser Szene bereits Gelb gesehen hat, ist es in der Folge die gelb-rote Karte, sodass eine richtige Entscheidung vorliegt.
Szene 7: Julian Günther-Schmidt (Jena) wird im Strafraum von Max Dombrowka (Unterhaching) zu Fall gebracht, einen Elfmeter gibt Schiedsrichter Eric Müller nicht. [TV-Bilder – ab Minute 22:00]
Babak Rafati: Günther-Schmidt ist im Strafraum von Unterhaching schneller am Ball und legt sich diesen an Dombrowka vorbei, sodass der Verteidiger zwar den Ball spielen will, jedoch den Angreifer am Fuß trifft und ihn zu Fall bringt. Hier hätte auch der Assistent auf seiner Seite helfen und dem Schiedsrichter das Foulspiel signalisieren können. Eine Fehlentscheidung, den Strafstoß für Jena nicht zu geben. Bei solchen Brennpunkt-Situationen im Strafraum muss die Abstimmung im Schiedsrichterteam einfach besser laufen.
Szene 8: Im Laufduell mit Justin Schau (Jena) geht Felix Schröter (Unterhaching) zu Boden, es gibt Freistoß für Unterhaching, aus dem das 2:0 fällt. [TV-Bilder – ab Minute 1:02:55]
Babak Rafati: Bei diesem Laufduell auf der rechten Angriffsseite trifft Schau seinen Gegenspieler Schröter kurz und ansatzlos unten am Fuß und bringt ihn dadurch zu Fall. Eine richtige Entscheidung, einen Freistoß für Unterhaching zu geben.
Szene 9: Bei einem Sprung zum Ball köpft sich Max Dombrowka (Unterhaching) das Spielgerät im eigenen Strafraum an die Hand. Kein Elfmeter für Jena, entscheidet Müller. [TV-Bilder – ab Minute 1:53:10]
Babak Rafati: Der Hachinger Verteidiger köpft sich im eigenen Strafraum selbst an die Hand. Die Hand ist allerdings in natürlicher Haltung, sodass keine Absicht und final kein strafbares Handspiel vorliegt. Eine richtige Entscheidung, weiterspielen zu lassen.
Szene 10: Bentley Baxter Bahn (Halle) bringt Timmy Thiele (Kaiserslautern) im Strafraum zu Fall. Die Pfeife von Schiedsrichter Robert Hartmann bleibt stumm. [TV-Bilder – ab Minute 0:45]
Babak Rafati: Thiele ist im Strafraum von Halle zuerst am Ball und will ihn mitnehmen. Baxter Bahn kommt etwas zu spät mit seiner Grätsche und trifft mit dem rechten Fuß ins Leere. Durch die Grätsche kommt er aus dem Gleichgewicht, trifft aber mit seinem Nachziehbein Thiele am rechten Fuß und bringt ihn dadurch zu Fall – auch, wenn Thiele diesen Kontakt dankend annimmt. Hier hätte es einen Strafstoß für Kaiserslautern geben müssen, sodass eine Fehlentscheidung vorliegt.
Szene 11: Im Laufduell mit Maximilian Ahlschwede (Rostock) geht Franck Evina (Uerdingen) zu Boden und erhält von Schiedsrichterin Dr. Riem Hussein einen Freistoß, aus dem das 3:1 fällt. [TV-Bilder – ab Minute 1:33:30]
Babak Rafati: Auf der linken Angriffsseite spielt Evina Ahlschwede aus und wird anschließend kurz unten am Fuß getroffen und zu Fall gebracht. Auch, wenn der Kontakt dankend angenommen wird, ist es ein Foulspiel und somit eine richtige Entscheidung, auf Freistoß für Uerdingen zu entscheiden.
Szene 12: Einen Distanzschuss von Dressel (1860) kann Aspach-Keeper Maximilian Reule nur prallen lassen. Prince Osei Owusu trifft zum 2:1. Aufgrund einer Abseitsposition gibt Schiedsrichter Max Burda den Treffer jedoch nicht. [TV-Bilder – ab Minute 1:29:25]
Babak Rafati: Zum Zeitpunkt des Torschusses von Dressel steht Prince Osei Owusu passiv im Abseits. In der Hintertor-Perspektive kann man gut erkennen, dass er näher zur Strafraumlinie steht als ein weiterer zweiter Verteidiger neben dem Torwart, der als erster Verteidiger fungiert. Nach dem Abpraller greift Prince Osei Owusu aktiv ins Spielgeschehen ein und steht damit strafbar (aktiv) im Abseits. Eine richtige Entscheidung, das Tor abzuerkennen.
Szene 13: Für einen Bodycheck gegen Leroy-Jacques Mickels (Duisburg) an der Seitenlinie wird Bayerns Chris Richards von Schiedsrichter Asmir Osmanagic nicht verwarnt, auch den Freistoß gibt es nicht. [TV-Bilder – ab Minute 0:20]
Babak Rafati: Dieser Bodycheck von Richards gegen Mickels ist nur gegen den Gegenspieler gerichtet und hat nichts mit Kampf um den Ball zu tun. Hierfür muss es einen Freistoß und die gelbe Karte gegen Richards geben, somit eine Fehlentscheidung. Gerade an der Seitenlinie vor den Trainerbänken sollten diese Foulspiele sehr sensibel gehandhabt werden und es entsteht oft genau das, was mit der roten Karte gegen Duisburgs Torwarttrainer Beuckert anschließend passiert, wenn die Szene zuvor ungeahndet bleibt.
Szene 14: Sarpreet Singh (Bayern II) läuft mit dem Ball in den Strafraum und geht im Duell mit Joshua Bitter (Duisburg) zu Boden. Elfmeter für Bayern II. [TV-Bilder – ab Minute 1:50]
Babak Rafati: Singh läuft in den Strafraum von Duisburg, lässt sich ohne Berührung fallen und der Schiedsrichter fällt darauf rein. Das ist eine klare Schwalbe, sodass es einen Freistoß für Duisburg und eine gelbe Karte gegen Singh für diese Unsportlichkeit hätte geben müssen. Der Strafstoß für Bayern ist somit eine Fehlentscheidung.
Szene 15: Niklas Heidemann (Münster) geht als letzter Mann in das Duell mit René Guder und setzt dabei zur Grätsche an. Guder kommt zu Fall und Heidemann sieht von Schiedsrichter Patrick Hanslbauer Rot wegen Notbremse. [TV-Bilder – ab Minute 2:01:10]
Babak Rafati: Guder legt sich in aussichtsreicher Position – auf dem Weg zum gegnerischen Tor – den Ball vor und anschließend kommt Heidemann als letzter Mann und grätscht ins Leere. Zwar trifft er ihn nicht mit dem Fuß, aber bei dieser Dynamik und Geschwindigkeit kommt es fast immer zu einem Kontakt mit dem Angreifer. In diesem Fall touchiert er ihn mit dem Oberkörper, was ausreicht, um ihn zu Fall zu bringen. Eine richtige Entscheidung, auf Foulspiel und rote Karte gegen Heidemann zu entschieden.
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