Fünf Gründe für den Fehlstart von Rot-Weiß Erfurt

Mit hohen Ambitionen ist Rot Weiß Erfurt in die neue Spielzeit 2012/12 gestartet, doch nach zwei Spielen ist Ernüchterung angesagt in Thüringen, da es viele Fragen und wenig Antworten bei RWE gibt und man schon jetzt im tristen Tabellenkeller steckt. Ursprünglich wurde der Aufstieg als Ziel genannt und die Euphorie war vor der Saison enorm, da man dem Kader vertraut hat. Auch wenn eine Panikmache verfrüht erscheint, so muss konstatiert werden, dass die Probleme derzeit vielzählig sind. Die Lösungen hierfür halten sich arg in Grenzen. liga3-online.de nennt fünf Gründe für diesen missratenen Saisonstart.

 1. Die Abwehr agiert unkonzentriert

 Die Abwehr entwickelt sich immer mehr zum Problemfall. Sieben Gegentreffer in zwei Begegnungen sind eindeutig zu viel. Es fehlt sichtbar die klare Zuordnung bei den Standards, der Spielaufbau ist etwas holprig und wichtige Zweikämpfe werden verloren. Insgesamt macht die Defensive des ehemaligen DDR-Oberligisten keinen gefestigen Eindruck. Die Vorbereitung wurde offenbar nicht dazu genutzt, die neuformierte Abwehr einspielen zu können.

Auch Undiszipliniertheiten wie die Rote Karte von Oumari im Auftaktmatch gegen Wehen Wiesbaden haben das Team noch weiter geschwächt. Auch der gegen den 1.FCH eingewechselte Marius Strangl darf sich trotz seiner Jugend nicht so ungeschickt im eigenen Strafraum anstellen. Sicherlich war die Rote Karte und der daraus resultierende Elfmeter eine extrem harte Entscheidung. Beim nächsten Mal sollte mit etwas mehr Konzentration in diesen Situationen agiert werden.  Dies zeigt sich in den ersten Liga-Spielen nun umso deutlicher.

Ein Antreiber wie Zedi fehlt. Die Abwehr wirkt zu ruhig und völlig disharmonisch. Wenn ein Tor fällt, dann fehlt die komplette Stabilität in diesem fragilen Gebilde. Ein großes Problem ergibt sich auch daraus, dass besonders die jungen Abwehrspieler Angst davor haben auch Fehler zu machen. Routiniers wie Bernd Rauw oder Tom Bertram, die mit dieser Drucksituation schon vertraut sind, geben der Defensive keinerlei Stabilität. Sie sind zu sehr mit sich selbst beschäftigt, als dass sie den verunsicherten Mitspielern helfen könnten.

 

2. Fehlende Effizienz im Angriff

 

Im Angriff wird in großem Maße die entsprechende Effizienz vermisst. Es gab sicherlich in der Offensive, besonders im Auftaktmatch beim SV Wehen Wiesbaden, mehrere vielversprechende Möglichkeiten. Zur Halbzeit lag man sogar schon mit 1:0  in Führung, und dies gar nicht einmal so unverdient. In der zweiten Halbzeit gegen die Hessen und während des gesamten Spiel gegen den 1.FC Heidenheim gab es nur wenig gelungene Kombinationen. Gefährliche Aktionen im Spiel waren auch Mangelware, da die Durchschlagskraft im Angriffsbereich gänzlich fehlte. Auch Torschüsse aus der zweiten Reihe oder einstudierte Standardsituationen vermisst man als Außenstehender. Das Flügelspiel mit den technisch starken Drexler und Morabit kam bisher auch kaum zum Vorschein. Es fehlte sichtlich die Kaltschnäuzigkeit vor dem gegnerischen Gehäuse, denn einige Chancen gegen den SVWW wurden schön herausgespielt.

Insgesamt fehlte jedoch auch die letzte Durchschlagskraft für einen Sieg. Dadurch, im Mittelfeld keine Kreativität vorhanden ist, kommen kaum exakte Zuspiele für die Angreifer, die häufig  in der Luft hängen und folglich  nicht die erhoffte Torgefahrt ausstrahlen können. Das Pressing des gesamten Teams war besonders im Heimspiel gegen Heidenheim nicht ausreichend. Auch die Kommunikation zwischen den verschiedenen Mannschaftsteilen ist noch verbesserungswürdig.

3. Transfers haben noch nicht funktioniert

Die Transferpolitik hat sich bisher nicht gerade als gelungen erweisen können. Die Abgänge von Torgarant Marcel Reichwein und besonders Spielführer und Galionsfigur Rudi Zedi wirken schwer. Der Mannschaft fehlt spürbar die Führungsfigur, die in kritischen Situationen die Richtung vorgibt. Auch  Individualisten wie Denis-Danso Weidlich oder Gaetano Manno haben der Mannschaft Halt gegeben. Olivier Caillas sorgte mit seiner Erfahrung und Cleverness in bestimmten Situationen ebenfalls für Vorteile bei den Rot-Weißen. Die Zugänge, ob Marko Tunjic, der seine Fähigkeiten nur andeutet oder auch der verletzte Hoffnungsträger Mario Fillinger konnten sich noch nicht so effizient einbringen, wie es erhofft wurde.

Auch Aykut Öztürk, der von Zweitliga-Aufsteiger SV Sandhausen den Weg in die Landeshauptstadt von Thüringen gefunden hat, hält seine enormen Fähigkeiten bisher noch geschickt im Verborgenen. Wegen fehlender Alternativen mussten schon im ersten Spiel mit dem jungen Abwehrspieler Rafael Czichos (VfL Wolfsburg II) und Kevin Möhwald (RW Erfurt II) zwei Youngsters eingesetzt werden, die sich nervös zeigten. Die Neuzugänge haben, bis auf Tunjic mit Abstrichen, ihr wahres Leistungsvermögen noch nicht abrufen können. Geduld scheint vor allem bei den vielen jungen, neuen Spielern erforderlich zu sein. Doch diese Geduld hat man in dieser diffizilen 3.Liga meist leider nicht. Möglicherweise war der personelle Umbruch auch zu groß, da die letztjährige Mannschaft geschlossen und eingespielt aufgetreten ist.

4. Glücklose Erfurter

 Das Glück muss man sich im Fußball hart erarbeiten, lautet ein altbekannter Spruch. Doch trotz eines guten Auftaktspiels in Wiesbaden konnten die Tormöglichkeiten nicht  verwertet werden. Die Moral spricht allerdings klar für das Team von Trainer Stefan Emmerling, der seine Mannschaft noch erreicht. Gegen individuelle Fehler in der Abwehr und fahrlässig vergebene Tormöglichkeiten in der Offensive ist jedoch auch der akribische arbeitende Coach machtlos.

Auch die vergebene Großchance durch Drexler, der eine Viertelstunde vor Spielschluss im ersten Spiel den Ball nur knapp über die Torlatte setzte statt ins Tor zu schießen, sind Punkte, die das fehlende Glück beim Traditionsverein einmal mehr unterstreicht. Es sind oft nur Kleinigkeiten, wie auch unglückliche Schiedsrichterentscheidungen oder Gegentore zum psychologisch ungünstigen Zeitpunkt, die das Team in Bedrängnis bringen und letztlich auch einbrechen lassen. In solchen Situationen muss das Team souveräner auftreten. Auch die Anhänger haben ein feines Gespür für kritische Situationen und haben deshalb auch trotz, der ernüchternden 0:4 Heimpleite gegen Heidenheim ihre eigenen Spieler nicht ausgepfiffen, sondern versucht wieder aufzubauen. Ein schwieriges Unterfangen, da häufig Kleinigkeiten gefehlt haben, um zu einem Torerfolg zu kommen.

 

5. Hohe Erwartungshaltung

Die Erwartungshaltung ist ohne Frage zu groß gewesen. Im vergangenen Spieljahr ist man nach einer guten Spielzeit in den letzten Spielen ein wenig eingebrochen und musste ein  personell schwächer besetztes Team wie den SSV Jahn Regensburg noch passieren lassen. Dies hat den stolzen Thüringer Vorzeigeverein mächtig gewurmt, da die Ambitionen zumindest mittelfristig Richtung Zweitklassigkeit gehen. Bedingt durch die glorreiche Vergangenheit, als  das Team aus dem Steigerwald-Stadion in der ehemaligen DDR-Oberliga durchaus einen klangvollen Namen gehabt hat, sind die Ansprüche auch in diesen Tagen noch enorm hoch. In der ostdeutschen Eliteliga konnte man sich auch häufig für den UEFA-Pokal qualifizieren und war besonders in der heimischen Arena ein unangenehmer, weil kampfstarker Gegner, der vom frenetischen Publikum nach vorne gepeitscht worden ist. Man muss sich abfinden, dass man sich nun in den Niederungen der Drittklassigkeit wiederfindet, auch wenn die Saison noch im Anfangsstadium steckt. Das letzte Mal Zweitliga schnuppern durfte man in der Saison 2004/05, wo jedoch auch der direkte Wiederabstieg folgte. Spätestens zehn Jahre danach erwarten die traditionsbewussten Anhänger die Zweitklassigkeit.

Nun müssen die ehrgeizigen Spieler diesen Erwartungen gerecht werden, auch wenn sie zurzeit stark mit sich selbst beschäftigt sind.

 

Fazit:

Man darf unter keinen Umständen den Verein jetzt schon abschreiben. Das sportliche Potential ist ohne Frage enorm. Besonders die beiden Roten Karten waren völlig unnötig und haben das Team massiv geschwächt. Dennoch sollte man das nächste Derby beim Halleschen FC abwarten, um sich näher zu einer möglichen Krise äußern zu können. Wenn die Integration der Neuzugänge kurzfristig erfolgreich sein sollte, dann kann das spielstarke Team mit einem Erfolgserlebnis in Form eines Sieges durchaus die untere Tabellenregion wieder verlassen. Ob es zum Aufstieg reichen könnte, muss abgewartet werden. Die vorhandenen Schwächen sollten dafür jedoch schnellstmöglichst abgestellt werden.

FOTO: fototifosi.de

   

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