5 Gründe, warum der VfL Osnabrück Tabellenführer ist
Drei Spiele – neun Punkte. So lautet die Bilanz des VfL Osnabrück in der vor drei Wochen gestarteten Drittliga-Spielzeit 2012/13. Den Lila-Weißen ist der "perfekte Saisonstart" gelungen, mehr als neun Punkte aus den ersten drei Spielen kann man nicht holen. Die Euphorie in Osnabrück ist groß, die Lila-Weißen lechzen nahezu nach den nächsten drei Zählern, und das merkt auch das Publikum – am vergangenen Sonntag strömten gut 11.000 Osnabrücker (davon rund 200 Gäste) in die osnatel ARENA, um der VfL-Mannschaft dabei zuzuschauen, wie sie "alles raushaut" – am Ende stand ein 2:0-Sieg gegen die Kickers Offenbach. Aber woran liegt es, dass der VfL Osnabrück einen solchen Saisonstart hingelegt hat? liga3-online.de hat 5 Gründe, warum der VfL Tabellenführer ist.
Der Trainer
Er ist der Motivator Nummer 1, war selbst einmal ein gar nicht schlechter Fußballer und weiß genau, wie er seine Mannschaft auf ein Spiel einzustellen hat. Claus-Dieter Wollitz, bereits zwischen 2004 und 2009 als Trainer des VfL Osnabrück aktiv gewesen und nun seit Januar 2012 wieder am Steuer, weiß, welche Knöpfe er bei seinen Spielern drücken muss. Er stellt sich wie kein Zweiter vor seine Mannschaft, ist gerne auch mal impulsiv und von sich und seiner Philosophie überzeugt. "Pele", wie er in Osnabrück gerne genannt wird, ist genau der Trainer, den der VfL Osnabrück braucht. Seit Juli ist er für das komplette Geschehen rund um den Profikader verantwortlich, denn seither ist Wollitz nicht nur Trainer, sondern auch Manager der Lila-Weißen. Zur diesjährigen Spielzeit hat Wollitz "ausgemistet" und eine fast komplett neue, wettbewerbsfähige Mannschaft zusammengebastelt. Das Gefüge greift schon jetzt, endlich lässt sich auch seine Handschrift im Spiel erkennen, was zwischen Januar und Mai, als er eine "fertige" Mannschaft übernahm, noch nicht der Fall war. Er ist wieder da, wird von den Fans geliebt und gefeiert. Und wenn einen gibt, der den VfL Osnabrück in der 2. Bundesliga sehen will und ihn dort hinführen kann, dann ist es Claus-Dieter Wollitz.
Die Mannschaft
Acht Abgängen stehen elf (externe) Neuzugänge gegenüber – wieder mal ein radikaler Schnitt, den der VfL Osnabrück vor dieser Saison vollzogen hat. In der jetzigen Startelf stehen im Vergleich zur letzten Saison acht neue Spieler, nur Manuel Riemann, Martin Hudec und Nils Fischer sind übrig geblieben. Es ist fast schon bemerkenswert, wie schnell sich das neue Team gefunden hat. Nach dem dritten Pflichtspiel scheinen sich die Spieler gut zu verstehen, die Laufwege passen, Automatismen greifen weitestgehend schon ineinander und es scheint, als würde jeder Spieler wissen, was sein Kollege vor hat. Auch die Stimmung soll nicht schlecht sein, es sei eine bessere als im Vorjahr, hört man immer wieder. Die Mannschaft hat sich gesucht und offenbar gefunden und setzt das um, was der Trainer von ihr fordert. Und das ist ja bekanntlich nicht nur fußballerische Qualität, sondern auch der Wille, in jedem Spiel "alles rauszuhauen"…
Die Fans
Von einem gebrochenen Verhältnis war die Rede, Mannschaft und Fans seien keine Einheit mehr – das musste man nach diversen Enttäuschungen, die die lila-weißen Fans in der letzten Saison wegstecken mussten, hören. Der Tiefpunkt und Aufhänger des gestörten Verhältnisses zwischen Mannschaft und Fans war wohl das Banner mit der Aufschrift "Derbyversager", welches nach jener Derbyniederlage gegen Preußen Münster – die Mannschaft ließ Einsatzwillen vermissen und verlor – in den jeweiligen Fanblöcken – auswärts wie daheim – aufgehängt wurde. Danach ging nichts mehr, daran konnten auch die letzten Saisonsiege gegen die späteren Aufsteiger SV Sandhausen und VfR Aalen nichts mehr ändern. Sympathien zurückgewinnen – das war das Motto für die neue Mannschaft, und das ist ihr nach nur drei Pflichtspielen auch schon beachtlich gelungen. Zum Saisonauftakt waren es 11.700 Zuschauer in Osnabrück, die die lila-weiße Truppe gegen Dortmund II siegen und einsatzwillig sahen. Genau das war auch die Vorgabe von Trainer Wollitz, der von seiner Mannschaft verlangte, in jedem Spiel "alles rauszuhauen", um das Publikum an der "Bremer Brücke" in den eigenen Bann zu ziehen. Genau das war auch am 3. Spieltag (letzten Sonntag) zu spüren. Da waren es 11.000 Zuschauer, aber mehr Osnabrücker als beim letzten Mal (die Kickers Offenbach reisten mit weniger Fans an als die Amateurmannschaft des BVB an), die ihre Mannschaft lautstark unterstützten. Es herrscht derzeit eine tolle Atmosphäre in Osnabrück, die Fans lassen sich vom Team mitreißen und wenn es dem VfL gelingt, weiter in jedem Spiel den Siegeswillen zu zeigen, kann bei vielen Fans eine "alte Liebe neu entfacht" werden…
Das System
Die Defensive soll sicher stehen, aber hauptsächlich soll’s bitte offensiv sein. Wollitz' Spielphilosophie ist seit langem klar, und er hat es auch in diesem Jahr geschafft, seine Mannschaft von dieser zu überzeugen. In einem 4-2-3-1-System, wahlweise auch 4-1-2-3, lässt Wollitz den VfL Osnabrück spielen. Und das gelang bisher sehr erfolgreich. Nach drei Spielen steht hinten noch die "Null", was aber nicht nur an der stabilen Abwehr, sondern allem voran an Torhüter Manuel Riemann liegt. Vorne wurden bisher fünf Treffer erzielt – Top-Torschütze ist Stürmer Simon Zoller (zwei Spiele, zwei Tore). Die komplette Mannschaft zieht es oft nach vorne, wodurch häufig gute Chancen erarbeitet werden, die letztendlich aber auch häufig ungenutzt bleiben. Daher soll noch ein Stürmer her, die eigens dafür initiierte Fan-Offensive (Fans spenden Geld für einen neuen Spieler) verzeichnet bereits eine unglaubliche Summe von über 14.000 Euro. Was daraus wird, ist noch offen – der Markt wird aber bis zum Transferschluss am 31. August sondiert. Im VfL-System mit nur einer Spitze ist ein Top-Stürmer eben unentbehrlich, mit den beiden 21 Jahre alten Simon Zoller und Adriano Grimaldi stehen zwar zwei hoch veranlagte Angreifer im Kader der Lila-Weißen, ein erfahrener Stürmer wäre aber noch das Sahnehäubchen auf dem lila-weißen Kuchen. Dass das jetzige System aber passt und die Mannschaft es weitestgehend schon verinnerlicht hat, hat sich bereits gezeigt.
Die Philosophie
Die Philosophie des VfL Osnabrück klang in diesem Beitrag bereits mehrere Male auf. "Alles raushauen", "in jedem Spiel vollen Willen zeigen", "das Publikum mitziehen" – das sind nur drei Ausschnitte aus diversen Aussagen vor der Saison. Aber auch "von Spiel zu Spiel denken", "nicht überheblich werden", "alles richtig einordnen" sind beliebte Phrasen in den Aussagen von "Angestellten" des VfL Osnabrück. Bisher ging die Philosophie auf, nun gilt es nur noch, die bisher gezeigten Leistungen über die gesamte Saison zu bestätigen. Was am Ende dann drin ist, weiß keiner. Denn eine weitere Philosophie ist auch: Kein offizielles Saisonziel herausgeben. Bisher ist der VfL Osnabrück damit ganz gut gefahren…
FOTO: Flohre Fotografie