Geisterspiele oder Abbruch? Die 3. Liga ist gespalten
Das anstehende Wochenende ist bereits das vierte in Folge, an dem nicht gespielt werden kann. Wie und vor allem wann es weitergeht, ist vollkommen offen. Geisterspiele oder Abbruch – das sind zwei mögliche Optionen. Einigkeit über diese Frage herrscht nicht – im Gegenteil: Die 3. Liga ist gespalten.
Geisterspiele als geringes Übel
Wer die Pressekonferenz der DFL zur Aussetzung des Spielbetriebs in den beiden Bundesligen bis Ende April am Dienstag verfolgt hat, der weiß: In den höchsten deutschen Ligen herrscht weitgehend Einigkeit darüber, dass die Saison irgendwie zu Ende gespielt werden soll – ohne Zuschauer. Der Grund: Bei einem Saisonabbruch würde die letzte Zahlung aus dem TV-Topf entfallen, entsprechend würde jedem Klub ein Verlust in Millionen-Höhe drohen. Ganz anders verhält sich die Situation in der 3. Liga. Weil die Einnahmen aus der Zentralvermarktung (1,28 Millionen Euro) im Vergleich zu den Bundesligen verschwindend gering sind und die Erlöse aus Ticket-Verkäufen bei den meisten Vereinen einen deutlich größeren Anteil haben, herrscht Uneinigkeit über die Frage, wie es weitergehen soll.
Da gibt es zum einen Klubs wie den FC Ingolstadt, die nicht so stark auf Zuschauereinnahmen angewiesen sind und sich Spiele unter Ausschluss der Öffentlichkeit daher vorstellen könnten. Oder Vereine wie den MSV Duisburg, die fürchten, bei einem Abbruch und einer anschließenden Annullierung der Saison um den Aufstieg gebracht zu werden. "Das wäre der absolute Worst Case und würde die Arbeit mehrerer Jahre zerstören", schlug Präsident Ingo Wald zuletzt Alarm. Zwar würde den Zebras ein Verlust von 1,5 Millionen Euro drohen, sollte die Saison mit Geisterspielen zu Ende gebracht werden, doch mit der Aussicht auf die 2. Bundesliga ist der MSV offenbar bereit, dieses Finanzloch in Kauf zu nehmen. Denn sollte am Ende der Aufstieg gelingen, könnte Duisburg den Verlust in der kommenden Saison wieder ausgleichen.
Auch 1860 München will einen Abbruch der Saison – auch aufgrund sportlicher Aspekte – unter "allen Umständen verhindern", wie Sport-Geschäftsführer Günther Gorenzel sagte. Die Begründung des Österreichers: "Jedes Drittliga-Spiel, das im Fernsehen übertragen wird, garantiert Sponsoring-Einnahmen. Bei einer Komplettabsage gehen uns auch diese verloren."
Warum Zwickau den Abbruch will
Die Drittligisten, die einen Abbruch der Saison fordern, sehen das anders: "Mit Rückkehr zum Spielbetrieb gehen wir aus der Kurzarbeit heraus, hätten die vollen Personalkosten zu tragen, gleichzeitig aber keine relevanten Einnahmen, die dem entgegenstehen", erklärte Zwickaus Vorstandssprecher Tobias Leege zuletzt bei "Tag24". Daher sei ein Abbruch, obwohl er für den FSV einen Verlust von einer Million Euro bedeuten würde, bei wirtschaftlicher Betrachtung "die beste Option, da die Kosten des Personals vom Kurzarbeitergeld getragen werden, keine Spieltagskosten entstehen und die sonstigen Fixkosten, wie Stadionmiete erlassen oder gestundet werden können."
Im Klartext: Dass die ausstehenden Sponsoren- und TV-Gelder bei einem Abbruch wegfallen würden, wäre wohl besser abzufangen, als bei Geisterspielen die vollen Personalkosten tragen zu müssen, zeitgleich aber auf überlebensnotwendige Zuschauereinnahmen zu verzichten. Diese machten in der letzten Saison im Schnitt rund 21 Prozent der Einnahmen aus, während die Erlöse aus der medialen Verwertung lediglich 11 Prozent betrugen. Der größte Posten waren jedoch die Sponsoring-Einnahmen mit 37,5 Prozent. Bei einem Abbruch würden Regressansprüche für nicht erbrachte Leistungen drohen.
Die durchschnittlichen Personalkosten von 34,7 Prozent (größter Ausgabeposten) haben bereits 18 Klubs durch die Einführung von Kurzarbeit gesenkt, allerdings reiche das nicht aus, "um die immensen Einnahmeausfälle aufzufangen", teilte der Hallesche FC mit. "Eine Fortsetzung der aktuellen Saison mit Geisterspielen würde diese Situation nochmals extrem verschärfen und den Verein ruinieren", warnen die Saalestädter daher. Ebenso deutlich äußerte sich auch Zwickaus Leege: "Geisterspiele, um die Saison zu Ende zu bringen, sind für uns überhaupt keine Option. Sollte dieser Fall eintreten, ist der Gang zum Insolvenzgericht unumgänglich." Neben Zwickau und Halle sprachen sich bislang auch Jena und Mannheim für einen Abbruch der Saison aus.
Mehrheit der Leser für Abbruch
Eine am Donnerstag gestartete Leser-Umfrage liefert derweil ein deutliches Bild. Während bislang nur 11 Prozent der User für Geisterspiele votieren, spricht sich eine deutliche Mehrheit von über 60 Prozent für einen Abbruch aus. Für eine Verlängerung der Pause, bis wieder mit Zuschauern gespielt werden kann, sind 12 Prozent. Auch das könnte ein Option sein, entsprechend müsste die Pausierung des Spielbetriebs über den 30. April hinaus verlängert werden. Und wie sieht es der DFB? Vizepräsident Peter Frymuth warnte im Interview mit liga3-online.de zuletzt: "Es wäre falsch, zum aktuellen Zeitpunkt Geisterspiele für die Liga auszuschließen."
Allerdings scheint offen, ob Spiele ohne Zuschauer auf absehbare Zeit überhaupt möglich sind. Geht es nach Virologe Alexander Kekulé, seien Geisterspiele erst ab September "wahrscheinlich wieder machbar". Entsprechend gab er den Fußballern den Rat, "die Saison abzuschreiben" – zumindest nach aktuellem Stand. Wie es nun weitergeht, ist völlig offen. Ob die Vereine die Lage neu bewerten, wenn der DFB der DFL folgt und Punktabzüge bei einer Insolvenz aussetzt? Immerhin könnten sich verschuldete Klubs, wie der 1. FC Kaiserslautern, von ihren Altlasten entledigen. Klar ist aber bereits: Die eine Lösung wird es nicht geben.