Riedel im Interview: "FIFA ist nicht nur ein kleines Hobby"

Im Interview mit liga3-online.de spricht Hansa-Kapitän Julian Riedel über Zeitvertreib in der Corona-Pause und sein Können bei FIFA 20, in dem er sich schon einige Male in die weltweite Top 100 gespielt hat.

"Viel Leidenschaft und Ehrgeiz"

liga3-online.de: Die Corona-Pause macht uns allen zu schaffen. Wie vertreiben Sie sich aktuell die Zeit, Herr Riedel?

Julian Riedel: Ich nutze die spielfreie Phase unter anderem, um mich meinem Fernstudium zu widmen. Vor einem halben Jahr habe ich begonnen, Wirtschaftspsychologie zu studieren. Außerdem gehe ich einer großen Leidenschaft von mir nach: Dem FIFA 20 spielen. Ich zocke aktiv und nehme auch an einigen Charity-Turnieren teil. Gemeinsam mit anderen Fußballern und professionellen E-Sportlern konnten wir schon mehr als 20.000 Euro für den Kampf gegen Corona sammeln. Das ist eine super Sache und macht allen Beteiligten enorm viel Spaß.

Würden Sie sagen, dass Sie derzeit deutlich mehr als sonst FIFA zocken?

Es kommt vielleicht so rüber, weil ich derzeit nicht nur für mich spiele, sondern auch für Zuschauer im Livestream und außerdem an mehreren Charity-Projekten mitwirke. Ich zocke generell gerne FIFA – auch, wenn meine Frau das manchmal nervt. (lacht) Das soll aber nicht heißen, dass ich die ganze Woche vor der PlayStation hocke. Im Gegenteil: Ich spiele deutlich weniger, als vermutlich die meisten Leute gerade denken.

Die "Weekend League", in der man in FIFA 20 am Wochenende bis zu 30 Siege holen kann, beendeten Sie zuletzt mit 29 Siegen. Wollen Sie umsatteln und FIFA-Profi werden?

Nein, ich habe andere Pläne. (lacht) Aber es ist schon so, dass FIFA nicht nur ein kleines Hobby ist, das ich mal eben nebenbei betreibe. Da steckt viel Leidenschaft und Ehrgeiz hinter. Viele Freunde von mir können nicht verstehen, warum ich bei FIFA so verbissen nach Erfolg strebe. Für mich ist das aber selbstverständlich, wenn ich merke, dass ich teilweise mit den besten Spielern der Welt mithalten kann und in der Weekend League eine weltweite Top 100-Platzierung erreiche. Trotzdem: Professioneller E-Sportler werde ich wohl nicht mehr. Da gehört noch viel mehr zu. Unter anderem Zeit, die ich langfristig nicht habe und dafür auch nicht aufbringen möchte. Selbst wenn man viel Zeit aufwendet, ist die Chance gering, ein FIFA-Profi zu werden, der sein Leben nur vom Zocken finanzieren kann. Das schaffen nur die wenigsten E-Sportler. Ich sehe mich in der Zukunft eher im Fußball- oder Wirtschaftsbereich.

Denken Sie, dass es für FIFA ein Vorteil ist, wenn man gut Fußball spielt?

Nicht unbedingt. Es gibt zwar Spielsituationen, die man lesen kann, weil sie im Fußball ähnlich ausgeführt werden. Dennoch denke ich nicht, dass aktive Fußballer einen großen Vorteil haben. Viele der besten FIFA-Profis der Welt haben schließlich nie höherklassig Fußball gespielt. Was man braucht, sind Talent, Ehrgeiz und Kontinuität. Nur wer ständig an sich und seinem Spiel arbeitet, kann sich auch verbessern. Das ist wie in jeder anderen Sportart auch.

 

"Habe das Trick-Handbuch auswendig gelernt"

Was können Sie in FIFA besonders gut?

Worauf es bei FIFA vor allem ankommt, ist Antizipation. Auf dem virtuellen Platz ist das noch einmal wichtiger als im realen Fußball. Man muss sich immer wieder zügig für die richtigen Bewegungen und Aktionen entscheiden. Und das kann ich. Mir gelingt es meistens, das Spiel des Gegners schnell zu lesen und seine nächsten Spielzüge vorauszuahnen. Außerdem habe ich das Trick-Handbuch von FIFA Schritt für Schritt auswendig gelernt. (lacht) Ich weiß, wie ich jede Spezialbewegung ausführe und in welchen Spielsituationen ich sie anwenden muss. Das macht mein Spiel sehr variabel und schwer berechenbar.

Sie spielen nicht nur, sondern streamen auch aktiv auf Twitch. Was motiviert Sie dazu?

Wir haben beim F.C. Hansa eine große Fanbase und ich möchte unserer Anhängerschaft in der Zeit ohne Fußball ein wenig Unterhaltung bieten. Für das Streamen im Rahmen von Charity-Turnieren muss ich mich nicht groß motivieren, weil ich mich für den guten Zweck gerne einsetze.

Wie ist die Resonanz der Zuschauer?

Sehr positiv. In meinen eigenen Streams habe ich im Schnitt 100 bis 200 Zuschauer. Die Leute finden es cool, dass ich sie an meiner Leidenschaft für FIFA teilhaben lasse. So komme ich auch in diesen Tagen in Kontakt mit Fans. Bei einem Charity-Turnier haben mir sogar teilweise über 1.600 Leute gleichzeitig zugeschaut, wie ich unseren Verein vertreten habe. Fast die Hälfte davon waren Hansa-Fans. Das zeigt die große Verbundenheit der Rostocker zum Klub.

Was tun Sie in Zeiten von Corona ebenfalls mehr als sonst?

Ich mache mehr Home-Fitness. An unserem Privatleben hat sich grundsätzlich nicht viel verändert. Wir kochen und essen zusammen, gehen mit dem Hund spazieren und schauen abends mal einen Film. Wobei: Spazieren gehen wir öfter. Am Strand entlang zu laufen und die frische Luft zu genießen, ist gerade eine schöne Abwechslung, die auch für Ausgeglichenheit sorgt. Dennoch juckt es natürlich in den Füßen. Die Spiele im Ostseestadion fehlen mir. Ich hoffe, dass wir dort bald wieder mit unseren Fans Siege feiern dürfen.

   

Das könnte Sie auch interessieren

Auch interessant

Back to top button