Die Erkenntnisse nach dem Geisterspiel-Auftakt

Endlich wieder Fußball? Endlich wieder Fußball. So gehemmt die Vorfreude auf Geisterspiele in der 3. Liga bei vielen gewesen ist, so erleichtert reagierten zahlreiche Fans auf den ersten Anpfiff am Samstag. Alles lief ohne Komplikationen, sportlich war der Auftakt nach fast dreimonatiger Pause sogar spektakulär – und doch fehlte etwas.

Hygienekonzept umgesetzt

Was die Rahmenbedingungen angeht, wusste die 3. Liga aus den Bundesligen bereits, was sie erwartet: Die sonst gut bis sehr gut gefüllten Stadien blieben verwaist, nur gut 100 Leute durften zu beruflichen Zwecken das Fußballspiel von den Tribünen verfolgen. Nichtsdestotrotz versuchten einige Klubs, ihren Spielern Normalität zu vermitteln, etwa mit Vereins- oder Torhymnen sowie dem Einsetzen des Stadionsprechers. Abseits der Zweikämpfe auf dem Feld waren Kontakte der Mannschaften strikt tabu – und so weit es die Bilder der Übertragungen hergaben, wurde darauf auch penibel geachtet, beispielsweise beim Einlaufen.

Das ständige Tragen von Masken war für Ersatzspieler als auch Betreuer Neuland, die meisten aber hielten sich an die Pflicht – auch wenn hin und wieder doch zu beobachten war, wie der Stofffetzen unter die Nase rutschte. Ebenso kamen sich Spieler beim Torjubel immer wieder näher als vorgeschrieben, gerade bei manch emotionalem, weil spielentscheidendem Treffer. Hier aber wird auch in der Bundesliga längst nicht mehr so genau hingeschaut wie noch am ersten Spieltag nach Wiederbeginn. Solange kein unnötig ausgiebiger Körperkontakt entsteht, wird beim Jubel ein Auge zugedrückt.

Sportlich hoch attraktiv

Ohnehin eher zähe Partien verlieren durch das Fehlen eines Stadionpublikums jedweden Reiz – zum Glück verschonte uns die 3. Liga von diesem Erlebnis und präsentierte uns trotz der teils kurzen Vorbereitungszeit für manche Vereine einen hervorragenden Spieltag. 35 Tore erzielten die Mannschaften in den ersten zehn Spielen. Hervor stach sicherlich das 3:2 von 1860 München über Spitzenreiter MSV Duisburg nach 2:0-Führung der Zebras, denn dies hat den Aufstiegskampf weiter zugespitzt: Drei Punkte trennen den ersten Platz vom siebten, fünf den Ersten nur vom Elften! In vielen Jahren 3. Liga können wir uns nicht an eine derart spannende Konstellation zehn Spieltage vor Schluss erinnern.

Aber auch andernorts gab es Spektakel. So etwa bei den 4:2-Heimsiegen von Eintracht Braunschweig (über Viktoria Köln) und Preußen Münster (über den Halleschen FC). Während der HFC an seine Misere aus Vor-Corona-Zeiten anknüpfte, beendete etwa der 1. FC Kaiserslautern in Magdeburg seine Sieglos-Serie. Insgesamt fiel auf: Die Auswärtsteams behielten über den Heimmannschaften (und Carl Zeiss Jena, das bekanntlich nach Würzburg ausweichen musste) in vielen Fällen die Oberhand – ein Phänomen, das so zuletzt auch in der ersten Liga zu beobachten war.

Und, bevor wir das unterschlagen: Natürlich ist es auch im Abstiegskampf hochspannend. Allein der Heimsieg von Münster war ein Signal an die Konkurrenz über dem Strich. Vieles deutet darauf hin, als würden die sieben Vereine zwischen Platz 12 und Platz 18 um fünf rettende Ränge (bis Position 16) konkurrieren.

Die Fans fehlen

Spiele ohne Fans sind schwer zu ertragen, formulieren wir es einmal diplomatisch. Mag man sich vorstellen, was im Stadion an der Grünwalder Straße los gewesen wäre, wenn 15.000 Fans das siegbringende 3:2 von Prince Owusu nach einer grandiosen Aufholjagd miterlebt hätten? Wie das Publikum des FSV Zwickau getobt hätte, nachdem dieser einen 0:2-Rückstand gegen Hansa Rostock egalisiert hatte? Oder wie ein proppenvoller FCK-Gästeblock in Magdeburg den Auswärtssieg bejubelt hätte?

An mehreren Spielorten prangten große Protestbanner, in Zwickau säumte gar in riesigen Lettern das Wort "Moral?" die Sitze der Gegentribüne. Die Antwort darauf lieferte der Klub gleich mit: "Im Keller". Eine Anspielung auf DFB-Präsident Fritz Keller. Die zusätzliche Stadion-Tonoption von "Magenta Sport" entpuppte sich indes als ganz nett, ist für den regelmäßigen Stadiongänger aber natürlich kein Ersatz der tatsächlichen Atmosphäre. Doch daran werden wir uns gewöhnen müssen, zumindest für die kommenden fünf Wochen. Es bleibt zu hoffen, dass zumindest das hohe sportliche Niveau durch den eng getakteten Spielplan nichts von dem einbüßt, was uns die Klubs an diesem ersten Spieltag nach der Corona-Pause serviert haben.

   

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