Neidhart: "Weiß manchmal nicht, welchen Tag wir haben"

Im Interview mit liga3-online.de spricht Meppens Cheftrainer Christian Neidhart über den ersten SVM-Sieg seit dem Re-Start, seinen Titelfavoriten, die Tabellensituation und die anstehende Aufgabe gegen den Halleschen FC, der mit neuem Trainer und neuem Mut nach Meppen reist.

"Es wird spektakulär"

liga3-online.de: Der jüngste 3:1-Erfolg bei Viktoria Köln war der erste Sieg des SV Meppen seit dem Re-Start. Wie groß war die Erleichterung, Herr Neidhart?

Christian Neidhart: Es hat sich gut angefühlt, uns endlich für unseren betriebenen Aufwand bei der Vorbereitung auf den Re-Start zu belohnen. Wir haben in der Corona-Pause viel getan, um gut aus den Startlöchern zu kommen. Umso mehr waren wir natürlich nach den Ergebnissen aus den ersten Partien enttäuscht. Jetzt wollen wir an den Sieg in Köln anknüpfen.

Obwohl Meppen Tabellenzehnter ist, beträgt der Rückstand auf Aufstiegsplatz zwei gerade einmal fünf Zähler. Dürfen wir ein verrücktes Saisonfinale erwarten?

Es wird spektakulär – in welcher Form auch immer. Ich möchte an dieser Stelle aber noch einmal betonen, dass ich uns nicht als einer der Aufstiegsaspiranten sehe. Wir spielen eine starke Saison und sind glücklich, dass wir so gut dastehen. Das heißt aber nicht, dass wir die gleichen Ambitionen und Ziele wie Mannschaften verfolgen, die nur ein paar Punkte mehr als wir haben. Wir wollen das Beste aus der Situation machen und werden dann am Ende sehen, wo wir landen.

Die halbe Liga hat noch gute Chancen, aufzusteigen. Ihre Meinung zur aktuellen Tabelle?

Es hat sich seit der Winterpause nichts geändert. Mit nur zwei Siegen kannst du viele Plätze klettern, mit zwei Niederlagen rutscht du von den Aufstiegsrängen im schlimmsten Fall ins Tabellenmittelfeld ab. Der Leistungsdruck ist enorm und Schwächephasen sind tabu. Die Gefahr ist jede Woche groß, sich die harte Arbeit aus den vorherigen Monaten kaputt zu machen.

Sieben Spieltage sind noch zu absolvieren. Wer geht hoch?

Dass sich das Tabellenbild mittlerweile mehrfach in der Woche ändert und alles so unfassbar eng ist, macht eine Prognose kaum möglich. Um mich mal einer Floskel zu bedienen: Wer den längsten Atem hat, wird aufsteigen! (lacht) Derzeit hat Eintracht Braunschweig einen Lauf, auch 1860 München ist sehr stabil und spielt einen guten Ball. Das Pendel kann aber auch zügig wieder umschlagen. Titelfavorit ist für mich die U23 des FC Bayern München, die breit aufgestellt ist und zahlreiche Top-Talente im Kader hat. Man merkt dem Team die Unbeschwertheit an, die in der aktuellen Lage alles andere als selbstverständlich ist. Während viele andere Vereine wegen Corona mit finanziellen Sorgen und Kurzarbeit zu kämpfen haben, geht es dem FC Bayern weiterhin sehr gut. Das empfinde ich durchaus als entscheidenden Faktor.

 

"Werden erst gar nicht anfangen, zu jammern"

Obwohl der Spielbetrieb erst seit zwei Wochen wieder läuft, steht am Samstag gegen Halle schon das fünfte Spiel an. Wie kommen Ihre Spieler mit der hohen Belastung zurecht und wie steuern Sie dagegen?

Wir kommen gut klar und werden erst gar nicht anfangen, zu jammern. Die Spieler freuen sich sogar darüber, dass sie die Möglichkeit haben, so oft zu spielen und dafür weniger zu trainieren. Natürlich ist es sehr stressig und ich weiß bei den ständigen Reisen manchmal gar nicht, welchen Tag wir haben. (lacht) Aber die Situation ist für uns als Drittligist auf jeden Fall zu meistern. Mit einer gesunden Ernährung und regenerativem Training versuchen wir, die Verletzungsgefahr so gering wie möglich zu halten.

Münster-Trainer Sascha Hildmann sprach davon, dass der SC Preußen fast nur regenerativ trainiert. Sieht das beim SVM ähnlich aus?

Das wird wohl bei allen Vereinen derzeit so sein. Zwischendurch schieben wir mal die eine oder andere normale Einheit ein, in der wir beispielsweise Abschlüsse trainieren. Aber die Hauptbelastungseinheit wäre an dem Tag, an dem wir jetzt regelmäßig ein Spiel bestreiten.

Geht es nach Saisonende für jeden Spieler erst einmal in die Eistonne?

(lacht) Es ist schon ungewöhnlich, elf Spiele in 36 Tagen zu absolvieren. So etwas hat von uns noch nie jemand erlebt. Aber wenn du Fußballprofi sein möchtest, dann packst du so etwas auch. Für Spieler aus den Top-Teams in der Bundesliga ist so ein Rhythmus mit Liga, DFB-Pokal, Champions League und Nationalmannschafts-Einsätzen oft Alltag. Ich sehe es insgesamt als eine Situation, in der man schlechte Leistungen schnell vergessen machen kann und nicht viel Zeit zum Nachdenken hat. Was fehlt, sind die Fans. Im und ums Stadion herum ist nichts los. Das macht es schwer, Emotionen reinzubekommen.

Mit Halle kommt am heutigen Freitag ein Gegner, der zuletzt beim Debüt von Trainer Florian Schnorrenberg einen 3:0-Erfolg gegen Waldhof Mannheim eingefahren hat. Wie schätzen Sie den HFC ein?

Der HFC hat insgesamt eine riesige Qualität und dürfte normalerweise nicht so weit unten stehen. Die Negativserie ist nun beim 3:0 gegen Mannheim gerissen. Die Körpersprache war eine andere und man hatte nicht das Gefühl, dass dort ein Abstiegskandidat auf dem Platz steht. Halle hat Blut geleckt und will gegen uns die Abstiegsplätze verlassen. Wir haben zwar zehn Punkte mehr auf dem Konto, großer Favorit sind wir aber sicher nicht.

   

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