Glöckner: "Nachtrauern wäre der falsche Ansatz"

Im Interview mit liga3-online.de spricht CFC-Trainer Patrick Glöckner über die Hindernisse auf dem Weg zum Klassenerhalt, ein mögliches Abstiegs-Derby gegen Zwickau und zieht einen Vergleich zu seiner Zeit als Spieler bei Eintracht Frankfurt.

"Kaderbreite entscheidet Auf- und Abstiegskampf"

liga3-online.de: Zwischen dem 10. und dem 26. Spieltag gab es nur vier, nach Fortsetzung der Saison nun schon sechs Niederlagen. Täuscht der Eindruck oder haben die Auswirkungen der Corona-Zwangspause den Chemnitzer FC mit am schwersten getroffen?

Patrick Glöckner: Im Abstiegskampf als auch im Aufstiegskampf heißt die oberste Priorität hundertprozentige Fitness und ein Spielerkader mit breiter Qualität. Im normalen Spieltagsrhythmus bekommen wir die Spieler immer wieder auf ihre Höchstleistung, die auch die ganze Konzentration und jegliche Handlungen steuert. Bei diesem außergewöhnlichen Pensum ist es nicht möglich, alle drei Tage diese Leistung abzurufen. Viele Dinge, die sonst von selbst gehen, scheinen schwerfälliger und die Konzentration lässt nach. Hinzu kommt, dass wir bisher wenig Spielglück hatten. Bis auf das 0:1 gegen Großaspach Anfang Juni war ich immer einverstanden mit der Leistung meiner Spieler und wir haben mindestens auf Augenhöhe agieren können. Im Saisonendspurt kommen außerdem auch private Dinge wie unklare Vertragssituationen, Verletzungen etc. zum Tragen. Ich bin mir sicher und kann es jeden Tag sehen, dass mein Team gewillt ist, alles für den Klassenerhalt zu geben. Nur kommen einige Spieler damit besser zurecht als andere.

Stichwort: Körperlich Erschöpfung! Ansonsten würden ein Spieler wie Philipp Hosiner wohl kaum 90 Minuten auf der Bank bleiben, oder?

Philipp war vor dem Re-Start in Jena 14 Tage in Quarantäne. Diese 14 Tage aufzuarbeiten und von Spielfitness zu reden, dauert seine Zeit. Du baust deine Power in den Spielen auf, brauchst aber auch die richtigen Regenerationstage. Und unsere Aufgabe im Trainerteam und in Absprache mit dem Spieler, ist es, dies richtig zu begleiten. Auch, wenn es sich um einen Spieler handelt, der für uns schwer bis gar nicht zu ersetzen ist. In der Tabelle zeichnet sich schon jetzt ein klares Bild ab. Nicht die Mannschaften mit der ausschließlich größten individuellen Klasse werden den Aufstieg schaffen, sondern die mit dem breitesten Kader und den wenigsten Verletzungen: Zum Beispiel Braunschweig, Würzburg, Rostock und Ingolstadt. Dies sieht man in dieser extremen Situation auch im Abstiegskampf. Hier kommen Halle, Magdeburg oder Viktoria Köln, welche vorher nur schwer punkten konnten, aufgrund ihres im Winter erweiterten Kader derzeit einfacher unten heraus.

Unter der Woche konnte sich Ihre Mannschaft nicht für eine mutige und couragierte Leistung beim 1:2 gegen Eintracht Braunschweig belohnen. Wird man – auch wenn es kein direkter Abstiegskonkurrent war – diesen Punkten noch nachtrauern?

Ich glaube daran, dass sich im Laufe einer Saison alles ausgleicht und man das Glück in den nötigen Situationen erzwingen kann. Nachtrauern wäre der falsche Ansatz. Wir schauen immer nach vorne, denn nur die Zukunft kannst du verändern.

Sie wurden am Mittwoch von Co-Trainer Christian Tiffert vertreten und saßen selbst gesperrt auf der Tribüne. Mit sichtlich Wut im Bauch!

Einerseits auf Grund der vergebenen Chancen und auch der gelb-roten Karte aus dem Würzburg-Spiel. Durch die Sperre und das Kontaktverbot musste ich mich auf der Tribüne sehr weit oben platzieren, konnte keinen Einfluss nehmen. Ich wünsche mir unter diesen besonderen Bedingungen, die wir alle so nicht kennen, mehr Kommunikation und Fingerspitzengefühl von Seiten der Schiedsrichter. Wir Trainer sind einfach gestrickt und wie es Babak Rafati bei meinem Platzverweis sagte: “Kommunikation geht vor Karten“. Das muss der Weg sein.

 

"Werden immer auf Sieg spielen"

Im Chemnitzer Umfeld ist viel von einem Abstiegs-Endspiel gegen den sächsischen Nachbarn FSV Zwickau am 1. Juli die Rede!

Vor meinem Amtsantritt stand der CFC zwölf Punkte hinter Zwickau und jetzt sind wir drei Punkte vorne. Die wirklich gute zweite Hälfte der Hinrunde hat über einiges hinweggetäuscht. Denn der Verein ist finanziell in einer Situation, welche nicht viel Spielraum zulässt und uns auch im Winter, mehr oder weniger die Hände gebunden waren. Mir und der Mannschaft war immer klar, dass wir bis zum Schluss gegen den Abstieg spielen werden.

Haben Sie eine solche Situation zuvor in Ihrer Spielerkarriere selbst einmal erlebt?

Da fällt mir natürlich die dramatische Saison 1998/99 mit Eintracht Frankfurt ein. Am 34. Spieltag sprach alles gegen uns. Die Rettung durch den 5:1-Kantersieg gegen Kaiserslautern mit dem legendären Übersteiger-Tor von Jan Aage Fjörtoft habe ich von der Tribüne aus verfolgt. Für einen Platz im Kader hatte es für dieses Spiel nicht gereicht, aber wir waren eine Einheit und auch für mich war es somit ein tolles Gefühl.

Der positive Aspekt diesmal: Sie haben alles in der eigenen Hand! Wie lautet die Marschroute für die drei ausstehenden Partien?

Egal, ob gegen Uerdingen, Zwickau oder Rostock: Wir werden immer auf Sieg spielen. Die Mannschaft hat gezeigt, dass sie nicht nur schwer ausrechenbar ist, sondern oft viele Lösungen mit dem Ball parat hat. Ich hoffe jetzt kommt noch der letzte Punch dazu sowie die maximale Konzentration in der Zweikampfführung im torgefährlichem Bereich.

Sie verbindet außerdem eine langjährige Freundschaft mit dem ehemaligen DFB-Kapitän und CFC-Spieler Michael Ballack. Gibt es einen regelmäßigen Austausch?

Da Michael Ballack kein offizielles Amt im Verein hat und er somit nicht mehr live im Stadion sein kann, tauschen wir uns regelmäßig am Telefon aus. Für seine Ratschläge bin ich immer dankbar. Für mich ist Austausch der einzige Weg zur Entwicklung.

   

Das könnte Sie auch interessieren

Auch interessant

Back to top button