Die besten Spiele des Jahres: Platz 2
Auf insgesamt 329 Meisterschaftsspiele – plus einige Partien im DFB-Pokal – kann die 3. Liga im Jahr 2020 zurückblicken. Aus dieser Menge stachen einige Partien aus diversen Gründen ganz besonders hervor: Klare Siege, torreiche Aufeinandertreffen oder emotionale Entscheidungen. Zum Jahresabschluss haben wir sämtliche "Spiele des Jahres" in einer Top20-Bilanz gebündelt. Heute: Platz 2.
Info: Platz 1 wird am 31. Dezember veröffentlicht
Hitchcock führte Regie
Zum Ende der vergangenen Spielzeit hin führte Hitchcock Regie. So auch beim Aufstieg der Würzburger Kickers, der zunächst Formsache schien, sich im Verlauf des 38. Spieltags aber als immer schwerere Last auf den Schultern aller Akteure entpuppte. Ein Zufalls-Elfmeter brachte den FWK schließlich zurück in die 2. Bundesliga – und weil dies in letzter Minute passierte, belegt das 2:2 gegen den Halleschen FC den zweiten Platz in unserem Ranking der besten Spiele des Jahres.
Die Erzählung dieser Aufstiegsentscheidung beginnt frühestens am 36. Spieltag, an dem die Würzburger Kickers sich mit einem 3:1-Heimsieg dem direkten Kontrahenten Hansa Rostock entledigen. Drei Punkte Vorsprung sind es auf den FC Ingolstadt auf dem vierten und zugleich ersten Nichtaufstiegsrang. Spätestens hier reift die Erkenntnis, dass Würzburg der ganz große Profiteur der Corona-Krise werden könnte – auch wenn die Unterfranken schon vor dem Lockdown im März starke Ergebnisse einfuhren und sich aus dem grauen Mittelfeld mehr und mehr ins Verfolgerfeld gespielt hatten. Schon am vorletzten Spieltag könnte die Entscheidung gelingen, doch Würzburg erlebt ein Desaster, wie es selten ein Aufstiegsanwärter in dieser Phase der Spielzeit erlebt hat: Mit 1:5 kommen Michael Schieles Spieler bei Viktoria Köln unter die Räder, nicht nur aufgrund eines kräftigen Gewittergusses schleichen sie wie begossene Pudel aus Köln-Höhenberg.
Mund abputzen, weitermachen. Die Pressekonferenz vor dem finalen Match gegen den schon geretteten Halleschen FC wird zu einer denkwürdigen Ansprache von Schiele, der in mitreißenden Worten ankündigt, alles für das große Ziel tun zu wollen. Klar ist, dass er nur einen Punkt holen muss, denn auch die Konkurrenz hatte gepatzt: Nur ein Sieg des FC Ingolstadt verbunden mit einer Niederlage der Würzburger Rothosen würde diesen den direkten Aufstiegsplatz klauen – die Relegation gegen Nürnberg stünde an, und darauf hat allein angesichts des Konditionsnachteils keiner wirklich Lust. Doch die Nervosität, sie spielte der jungen Mannschaft einen neuerlichen Streich. Halle spielte munter mit, schien wenig Interesse daran zu haben, Ingolstadt den Aufstieg zu verwehren. Plötzlich zappelte der Ball im Netz. Pascal Sohm. 0:1. Für Würzburg wurde es ungemütlich.
Schuppan wird zum Helden
Torjäger Luca Pfeiffer glich noch vor der Pause zum 1:1 aus, das war der erste Moment, um kurzen Prozess zu machen. Doch da war kein Selbstvertrauen, keine Aufsteiger-Mentalität. Halle blieb giftig und profitierte von einem fatalen Fehlpass von Pfeiffer, der nicht seine aufgerückten Verteidiger, sondern Julian Guttau fand – der HFC-Konterstürmer war auf und davon und traf nach 54 Minuten zum 2:1. Dabei blieb es für quälend lange Minuten, bis tief in die Nachspielzeit.
Ein Freistoß aus dem Halbfeld sollte die wohl letzte Chance für Würzburg bringen, denn alle im Stadion hatten längst von der komfortablen Ingolstädter Führung bei 1860 München erfahren – Würzburg brauchte diesen einen Punkt. Der Freistoß segelte in den Strafraum, Guttau stieg zum Kopfball hoch und traf den Ball doch mit dem Oberarm. Strafstoß! Kapitän Sebastian Schuppan, der in seiner Karriere schon viermal aufgestiegen war, übernahm die Verantwortung. Und traf. Mit der letzten Aktion seiner Karriere. Geht es kitschiger? Würzburg ist wieder zweitklassig. Und dafür gibt es Platz 2 in unserer Rangliste. Mittlerweile sind Schiele und auch sein Nachfolger Marco Antwerpen schon wieder Geschichte, doch auch unter Bernhard Trares läuft es noch nicht. Mit nur vier Punkten aus zwölf Spielen belegen die Kickers den letzten Rang, der Rückstand auf den Relegationsplätz beträgt bereits sieben Zähler. Würzburg braucht eine weitere Aufholjagd.
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