Auf- und Umbruch: Rot-Weiss Essen plant nächsten Anlauf

Die Erinnerung an das letzte Jahr Profifußball in der Saison 2006/07 wurde zuletzt immer blasser, jetzt ist ziemlich klar: Rot-Weiss Essen muss ein weiteres Jahr in der Regionalliga verbleiben, nachdem auch der 14. Anlauf auf die 3. Liga nicht von Erfolg gekrönt war. Erste Einschwörungen gibt es bereits, im Kader wird derweil kräftig rotiert. In der kommenden Serie will RWE erneut angreifen – und geht als klarer Favorit in die Saison.

"Wir werden unseren Weg gehen"

Ganz ohne Zuspruch wollten die zum Auswärtsspiel beim FC Wegberg-Beeck mitgereisten Fans, die außerhalb des Stadions verharrten, ihre Akteure nicht gehen lassen. Obgleich es einmal mehr nicht gereicht hatte für den Aufstieg in die 3. Liga, Rot-Weiss Essen letztlich Borussia Dortmund II sportlich um drei Punkte ziehen lassen musste, gab es tapferen Applaus und Sprechchöre. Trainer Christian Neidhart ließ es sich nicht nehmen, selbst mit einem Megafon an den Zaun zu treten und sich bei den RWE-Anhängern einerseits für die Unterstützung zu bedanken und sie noch dazu auf die kommende Saison einzuschwören. "Wir haben ein geiles Fundament hier im Verein, wir haben eine sehr gute Saison gespielt – und wir werden gemeinsam unseren Weg gehen!", dröhnte er mit stetig ansteigender Stimme durch den Lautsprecher. Und mancher, der vor Ort war, wird sich gedacht haben: Dies ist genau der richtige Trainer für diesen Verein.

Wilder Jubel brandete auf. Genau das tat der geschundenen Seele gut nach dem neuerlich verpassten Aufstieg. Vorbehaltlich der Frage, ob der BVB II nach mehreren Coronafällen wirklich nicht mehr ausreichend Spieler zur Verfügung hatte, die nach dem Einspruch von Essen sowie Absteiger Bergisch Gladbach das Potenzial zu einem längerwierigen Rechtsstreit hat, muss RWE für ein weiteres Jahr in der Regionalliga planen. Dass diesen Weg nicht jeder Spieler mitgehen will, verwundert nicht – etliche Akteure aus der für Viertliga-Verhältnisse prominent besetzten Mannschaft haben das Potenzial für die 3. Liga. In Innenverteidiger Alexander Hahn, der zu Viktoria Berlin wechselt, sowie dem zentralen Mittelfeldspieler Amara Condé, den sein ehemaliger Trainer Christian Titz zum 1. FC Magdeburg gelockt hat, tun sich erste personelle Baustellen auf.

Ein Fundament steht

Darüber hinaus gehen auch viele Reservespieler, elf Abgänge sind schon jetzt fix und weitere dürften in den kommenden Tagen noch folgen. Umbruch ist einmal mehr das Zauberwort, denn auch fünf externe Neue hat RWE schon frühzeitig eingetütet. Wenig verwunderlich: Drei von ihnen kennen die 3. Liga bereits. Yannick Langesberg, Verteidiger vom SC Verl, Flügelstürmer Kevin Holzweiler von Viktoria Köln und Luca Dürholtz (unter anderem Kiel, Dresden), Spielmacher der SV Elversberg, haben schon unterschrieben. Dazu kommt die Vertragsverlängerung mit dem spielstarken Verteidiger Daniel Heber (bis 2025!) sowie bestehende Arbeitspapiere für die erfahrene Achse um Torwart Daniel Davari, Dennis Grote sowie Regionalliga-Rekordstürmer Simon Engelmann (142 Tore in sieben Jahren). Offen ist noch, wie sich der torgefährliche Allrounder und Kapitän Marco Kehl-Gomez entscheidet, sein Vertrag läuft aus.

Obgleich kein Regionalligist mehr Zuschauereinnahmen durch die Corona-Pandemie verloren hat als RWE, das in dieser Spitzensaison wohl deutlich mehr als 10.000 Besucher pro Partie hätte begrüßen können, muss nicht zu hart gespart werden: Der Viertelfinal-Einzug im DFB-Pokal spülte mehr als zwei Millionen Euro in die Kassen, die Fans kauften im vergangenen Spätsommer 5.000 Dauerkarten, die letztlich nur für Online-Livestreams genutzt werden konnten, auch die Sponsoren um Unternehmer und RWE-Fan Sascha Peljhan hielten die Treue. Vorstandsvorsitzender Marcus Uhlig brauchte nicht lange, um die erste Enttäuschung in positiven Trotz umzuwandeln. "Die Fans können stolz auf diese Mannschaft sein. Wir werden zurückkommen – versprochen", wurde Uhlig bei der Funke-Mediengruppe kurz nach dem letztlich wertlosen 2:0-Sieg in Wegberg zitiert.

Viele einstige Konkurrenten fallen weg

Der alljährliche Erwartungsdruck an den einmal mehr haushohen Favoriten wird in der Saison 2021/22 gewiss nicht geringer, schließlich haben sich fast alle erbitterten Konkurrenten der vergangenen Jahre aus verschiedenen Gründen verabschiedet: Viktoria Köln und die BVB-Reserve spielen in der 3. Liga, der SV Rödinghausen will nicht aufsteigen, der KFC Uerdingen – sofern er überhaupt antritt – und die Sportfreunde Lotte besitzen lange nicht mehr die einstige finanzielle Schlagkraft. Bleibt Ex-Drittligist und Dritter der Abschlusstabelle Preußen Münster, der mit geringerem Etat, aber sehr eingespielter Mannschaft ebenfalls einen Anlauf wagen will. Auch mit Fortuna Köln wird zu rechnen sein, vielleicht auch Rot-Weiß Oberhausen. Der Weg zum Meister aber, der wird einmal mehr nur über Essen führen. Dort kennt man diese Rolle nur zu gut. Es ist an der Zeit, sie endlich auch umzusetzen.

   

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