Trainer-Umfrage: Das sind die Top-Favoriten auf den Aufstieg
Bevor am 23. Juli die neue Saison beginnt, hat liga3-online.de alle 20 Trainer nach ihren Aufstiegsfavoriten befragt. Das Ergebnis: 1860 München (15 Stimmen) und Eintracht Braunschweig (14 Stimmen) sind die großen Favoriten. Aber auch Kaiserslautern, Magdeburg und Saarbrücken werden Chancen eingeräumt. Außenseiter-Tipps sind Wiesbaden, Türkgücü, Osnabrück, Würzburg und Duisburg.
1860 will angreifen
Nur denkbar knapp verpasste der TSV 1860 München in der vergangenen Saison den Aufstieg in die 2. Bundesliga, ein Sieg gegen den FC Ingolstadt am letzten Spieltag hätte zumindest die Relegation bedeutet. Weil die Löwen jedoch unglücklich unterlagen, fehlten am Ende fünf Punkte. Nun geht 1860 als Top-Favorit in die neue Spielzeit. "Sie haben eine gute Rückrunde gespielt, waren da für mich die stärkste Mannschaft und konnten viele Spieler halten und sich zielgerichtet verstärken", begründet Viktoria-Coach Olaf Janßen gegenüber unserer Redaktion, warum er die Löwen nominiert hat. In der Tat ist es den Sechzigern gelungen, sämtliche Leistungsträger wie Torschützenkönig Sascha Mölders (22 Tore) zu halten. Gleichzeitig wurde das Team mit Yannick Deichmann (VfB Lübeck), Marcel Bär (Eintracht Braunschweig) und Kevin Goden (1. FC Nürnberg) gezielt verstärkt.
Als weiteren Grund führt Saarbrückens Trainer Uwe Koschinat das "euphorische Publikum" bei den Löwen an. Pünktlich zum Saisonstart dürfen nach 16 Monaten immerhin rund 5.000 Fans zurück ins Grünwalder Stadion. Dass 1860 nach Platz vier in der Vorsaison nun ganz oben angreifen will, daran ließ auch Trainer Michael Köllner zuletzt keine Zweifel: "Wenn man Achter und Vierter wird, dann kann man in der nächsten Saison nicht sagen, wir wollen Zehnter werden. Wir hoffen, dass wir 18 Mannschaften hinter uns lassen können." Das würde am Ende den zweiten Platz und somit den direkten Aufstieg bedeuten. Nur Köllner selbst, Türkgücüs Petr Ruman und Rüdiger Ziehl vom TSV Havelse haben die Löwen nicht nominiert.
Kehrt der BTSV direkt zurück?
Geht es nach den Trainern, gehört auch Zweitliga-Absteiger Eintracht Braunschweig zu den großen Favoriten auf den Aufstieg – der BTSV erhielt nur eine Stimme weniger als die Sechziger. Dass die Niedersachsen so oft genannt wurden, ist für Torsten Ziegner, Trainer der Würzburger Kickers, eine logische Konsequenz: "Der Blick auf die Transferaktivitäten genügt. Sie haben Topspieler aus Zweitliga-Vereinen dazu geholt, was für ihre Ambitionen spricht." Damit spielt Ziegner auf die Verpflichtungen von Maurice Multhaup, Bryan Henning (beide VfL Osnabrück) und Benjamin Girth (Holstein Kiel) an. "Auch spielen sie, wenn Zuschauer zugelassen sind, vor einer großen Kulisse im eigenen Stadion, was immer hilfreich ist."
Koschinat verweist ebenfalls auf die "vielen Zweitliga-Spieler" im Kader, spricht von einer "extrem starken" Offensive und einer "Top-Innenverteidigung". Mit Brian Behrendt und Michael Schultz scheint der BTSV im Abwehrzentrum in der Tat überdurchschnittlich gut besetzt zu sein, auch Jannis Nikolaou und Martin Kobylanski verfügen fraglos über gehobene Drittliga-Qualität. Gelingt der Eintracht somit, ähnlich wie Dynamo Dresden in der Vorsaison, der direkte Wiederaufstieg? Noch halten sich die Verantwortlichen mit konkreten Zielen bedeckt, Trainer Michael Schiele sprach zuletzt von einem Zwei-Jahres-Plan. Sicher scheint nur: Ein ähnlicher Absturz wie nach dem letzten Abstieg, als die Eintracht nur hauchdünn nicht in die Regionalliga durchgereicht wurde, droht dieses Mal wohl nicht.
FCK mit den drittmeisten Stimmen
1860 und Braunschweig: Dass mindestens einer dieser beiden Klubs aufsteigen wird, darin sind sich alle Trainer, die sich festgelegen wollten, einig. Danach fächert sich das Feld breit auf, mit sechs Stimmen konnte der 1. FC Kaiserslautern die drittmeisten Nominierungen verbuchen. "Kaiserslautern präsentiert sich schon jetzt in guter Verfassung. Deshalb traue ich ihnen einiges zu", spielt HFC-Coach Florian Schnorrenberg auf die bislang starke Vorbereitung der Roten Teufel an, in der unter anderem Zweitligist SV Sandhausen mit 4:0 besiegt wurde.
Darüber hinaus ist es Lautern gelungen, sämtliche Leistungsträger zu halten und die Leihspieler Marvin Senger (St. Pauli), Jean Zimmer (Fortuna Düsseldorf), Daniel Hanslik (Holstein Kiel) und Felix Götze (FC Augsburg) weiter zu binden. Vor allem die feste Verpflichtung von Kapitän Zimmer und die erneute Leihe von Götze sind echte Coups. Mit dem Transfer von Mike Wunderlich (Viktoria Köln) setzte der FCK ein weiteres Ausrufezeichen und geht mit einer eingespielten Mannschaft in die neue Saison. Ob im vierten Anlauf die ersehnte Rückkehr in die 2. Bundesliga gelingt? Bei den Fans keimt Euphorie auf.
Auch FCM und FCS mit Chancen
Gute Chancen werden aber auch dem 1. FC Magdeburg eingeräumt (fünf Stimmen). "Sie hatten unter Titz eine herausragende Punktebilanz in der Rückrunde", begründet Koschinat. Mit 30 Punkten aus 19 Spielen belegte der FCM in der Tabelle der zweiten Saisonhälfte Rang sechs. Zwischenzeitlich blieb der FCM unter Trainer Christian Titz elfmal in Folge ungeschlagen und kämpfte sich aus dem Tabellenkeller ins sichere Mittelfeld vor. Bis auf Torhüter Morten Behrens hat Magdeburg keine Stammkräfte verloren, selbst Top-Scorer Baris Atik (sieben Tore und acht Vorlagen in 15 Spielen) konnte gehalten werden. Bei den Transfers setzte der FCM überwiegend auf junge Spieler und verfügt nun über einen ausgeglichenen Kader. Entsprechend bescheinigt Verls Guerino Capretti dem FCM "eine gute Einkaufspolitik". Dass die Fans mit Saisonbeginn ins Stadion zurückdürfen, spielt den Elbstädtern ebenfalls in die Karten.
Immerhin viermal genannt wurde der 1. FC Saarbrücken. Als Aufsteiger wurden die Saarländer unter Lukas Kwasniok starker Fünfter, nun hat Uwe Koschinat das Traineramt übernommen. "Wir wollen zur Spitzengruppe dazugehören", gab der gebürtige Koblenzer im "DFB"-Interview die Richtung vor. "Wichtig wird sein, dass wir gut in die Spielzeit starten und die Mannschaft schnell zusammenfindet. Und dann wollen wir natürlich oben mit dabei sein, am besten auch bis zum Schluss."
Wer überrascht?
Außenseiter-Chancen werden dem SV Wehen Wiesbaden eingeräumt (zwei Stimmen). "Mit Rüdiger Rehm ist ein Trainer vor Ort, der schon recht lange beim Klub arbeitet. Er verfügt über eine gut besetzte Mannschaft, die gut verstärkt wurde. Die Strukturen sind gewachsen, so könnte in Wiesbaden wieder der nächste Schritt gegangen werden", erklärt Kölns Janßen. Auch Türkgücü München, das erneut einen Umbruch vollzog und bereits 16 Neuverpflichtungen tätigte – darunter Philip Türpitz und Tim Rieder -, erhielt zwei Stimmen – ebenso wie Zweitliga-Absteiger Osnabrück. "Der VfL verfügt als Absteiger über das nötige Potenzial und Spielermaterial. Sie haben eine riesige Fanbase und werden mit aller Wucht versuchen, den Wiederaufstieg zu schaffen", meint Janßen.
Jeweils einmal genannt wurden die Würzburger Kickers (von Türkgücü-Coach Petr Ruman) und der MSV Duisburg (von Havelses Rüdiger Ziehl). Ziegner und Waldhof-Coach Patrick Glöckner nominierten derweil ein nicht näher genanntes Überraschungsteam. "In den Vorjahren gab es regelmäßig Mannschaften, die überrascht haben, die keiner auf dem Zettel hatte. Dafür kommen sicherlich einige Teams in Frage", so Ziegner.
Kein klarer Favorit
Was im Vergleich zur Vorsaison auffällt: Es wurden mehr Teams nominiert (zehn statt neun), zudem gibt es nicht einen klaren Favoriten, sondern zwei. In der vergangenen Spielzeit lagen die Trainer bei Dynamo Dresden und dem FC Ingolstadt, die im Vorfeld die meisten Stimmen hatten, richtig, was den späteren Aufstieg angeht. Den F.C. Hansa Rostock hatten dagegen nur vier Klubs auf dem Zettel. Wer dieses Mal das Rennen macht, wird Ende Mai 2022 feststehen.
Mitarbeit: Christoph Koch, Jan Ahlers