Kommentar: Der Waldhof zwischen Mut und Übermut

Mit der Ankündigung, bis zum Jahr 2023 in die 2. Bundeliga aufsteigen zu wollen, wagte sich Waldhof Mannheim zum Wochenstart aus der Deckung. Momentan klaffen Anspruch und Wirklichkeit beim SVW jedoch noch auseinander. Und so stellt sich eine einfache Frage: Mut oder Übermut? Ein Kommentar. 

Kompps klare Worte verdienen Respekt

Nun ist es raus: Der SV Waldhof Mannheim gehört nicht länger zu den Underdogs der Liga, sondern ist ab sofort ein Schwergewicht. Das zumindest wollte Geschäftsführer Markus Kompp mit markigen Aussagen verdeutlichen, die am Montag von der "Rhein Neckar Zeitung" veröffentlicht wurden. "Ab sofort", ließ Kompp seinem Selbstbewusstsein freien Lauf, "heißt es nicht mehr, dass wir versuchen wollen, jedes Spiel zu gewinnen. Ab sofort heißt es: Wir werden jedes Spiel gewinnen." Nicht weniger als ein völlig neuer Geist soll also her. Ein neues Verständnis davon, wofür der Waldhof steht.

Künftig soll Mannheim mit Erfolg gleichgesetzt werden. Ziel ist, ganz folgerichtig, der zeitnahe Aufstieg. Spätestens 2023 soll es soweit sein. Schon in der kommenden Saison soll mindestens Platz sieben her – um sich gegenüber der Vorsaison zu steigern. In einem Geschäft, in dem auch das Offensichtlichste noch mit Phrasen verklausuliert wird, stellt die Mannheimer Kampfansage zunächst einmal eine angenehme Abwechslung dar. Dem Mut der Buwe gebührt Respekt. Auch ist die Sehnsucht, eine finanziell wenig lukrative 3. Liga in Richtung der Bundesliga-Geldtöpfe zu verlassen, vollkommen nachvollziehbar. Doch werden Konkurrenz und Medien den SVW zukünftig an den ausgegebenen Zielen messen.

Noch fehlen die Argumente für große Ziele

Schon zum jetzigen Zeitpunkt tauchen erste Fragezeichen auf. Das größte: die Struktur des Profikaders. Auch Kompp weiß, dass "diese Ankündigungen jetzt noch nicht ganz zu unserem aktuellen Kader passen." Aussagen, die den Kern der Sache höchstens streifen. Denn zehn Abgängen stehen derzeit nur drei Zugänge gegenüber. Die Mannschaft erscheint im Vergleich zur letzten Saison mit Platz acht in der Endabrechnung nicht unbedingt verbessert. Nur Eintracht Braunschweig (21 Spieler) hat derzeit einen noch kleineren Kader als Mannheim (22). Wenn Präsident Bernd Beetz den Kader als "schon sehr gut besetzt" bezeichnet, muss also die Frage erlaubt sein, ob "gute Besetzung" hier nicht eher für eine Mittelfeldmannschaft gilt. Zwar haben die Verantwortlichen angekündigt, noch Qualität einkaufen zu wollen. Doch warum mit großen Ankündigungen nicht warten, bis die entsprechenden Spieler auch wirklich da sind?

Die Antwort Kompps: "Wir haben die letzten fünf Jahre kontinuierlich das Budget erhöht. Und wollen nun diesen Angriff wagen." Es ist nicht zu leugnen, dass der sportliche Erfolg im Profifußball auch von finanziellen Gegebenheiten abhängig ist. Insofern passt die Etatsteigerung zu den ambitionierten Zielen. Gleichzeitig hat gerade die umkämpfte 3. Liga gezeigt, wie schnell das Geld in den Hintergrund rücken kann. Aufsteiger Verl etwa landete zuletzt mit einem günstigen, aber ausgewogenen Kader auf Rang sieben. Mannheims Erzrivale Kaiserslautern entging trotz hochbezahlter Profis nur knapp dem Abstieg. Es bleibt also abzuwarten, ob den neuen Mannheimer Plänen tatsächlich ein "kalkuliertes Risiko" zugrunde liegt und ob die Verantwortlichen den großen Worten auch Argumente nachliefern können. Aktuell drängt sich eher das Gefühl auf, dass die Fallhöhe mindestens so groß ist wie die Wahrscheinlichkeit des Gelingens.

   

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