Herzblut-Bericht zur Alemannia: Tradition darf nicht sterben
Noch vor einigen Jahren spielte Alemannia Aachen im Europapokal. Nun stehen sie vor dem Sturz in die Bedeutungslosigkeit. liga3-online.de-Redakteur Patrick Oligschläger schildert in seinem Herzblut-Bericht zur Alemannia den Weg vom Erfolg zum totalen Niedergang.
Sich als Fan des TSV Alemannia Aachen 1900 e.V. zu outen, war nahezu schon immer ein schwerer Gang. Am Rande des Rheinlandes gelegen, in direkter Konkurrenz zu anderen großen Bundesligavereinen wie Borussia Mönchengladbach oder dem 1.FC Köln, fristete die Alemannia, nach dem Abstieg 1990, lange Zeit ein Schattendasein in der Drittklassigkeit. Erst neun Jahre später schaffte der Verein die Rückkehr in den bezahlten Profifußball und die damit verbundene, jüngst sich dem Ende neigende Erfolgsstory.
Atmosphäre am alten Tivoli zog mich in den Bann
Mein persönliches Abenteuer Alemannia begann mit einem regnerischen Freitagabend-Flutlichtspiel im Mai 2000 gegen die SpVgg Greuther Fürth. Wieder einmal hatten sich die Schwarz-Gelben spielerisch nicht mit Ruhm bekleckert, aber das Team zeigte Moral und Kampfgeist, konnte die drohende Niederlage abwenden und so noch zu einem Punktgewinn kommen. Mich hatte die Mannschaft an diesem Abend in ihren Bann gezogen und die damalige Atmosphäre am alten Tivoli tat ihr übriges. Für mich hieß es von dort an, auf dem Bolzplatz, schwarz-gelb zu vertreten und sich gegen die vielen Gladbach, Dortmund und Bayern Fans durchzusetzen. Ein bisschen so wie dieses gallische Dorf zu sein: klein, ehrlich, unbequem und niemals bereit, aufzustecken.
Pokalfinale in Berlin
Wenn ich an meine Alemannia zurück denke, fallen mir legendäre Spiele ein, wie das so genannte "Skandalspiel" gegen den 1.FC Nürnberg, in dem Club-Trainer Wolfgang Wolf durch ein Wurfgeschoss am Kopf getroffen wurde und daraufhin das erste Geisterspiel im deutschen Fußball überhaupt angesetzt wurde. Ich bekomme Gänsehaut, wenn ich mich an das Pokalfinale erinnere, wie knapp 20.000 Aachener Anhänger die Vereinshymne im Berliner Olympiastadion anstimmten. Ich muss heute noch schmunzeln, wenn ich an den 2:4-Auswärtssieg bei den Offenbacher Kickers denke, in dem Marius Ebbers in einer Halbzeit vier Tore erzielte. Wenn ich an meine Alemannia zurück denke, muss ich zwangsläufig an die Spiele zwischen 2004 und 2007 gegen den großen FC Bayern denken. In drei von vier Spielen hieß der Sieger damals Alemannia Aachen.
Tradition darf nicht untergehen!
Wenn ich an meine Alemannia zurück denke, sinniere ich über die Auftritte im UEFA-Pokal, als der damalige Zweitligist sensationell die Gruppenphase überstand und erst im Sechzehntelfinale, vom späteren Halbfinalteilnehmer AZ Alkmaar, gestoppt werden konnte. Spieler die ich mit dem Adler auf der Brust verbinde waren noch echte Typen wie Karlheinz Pflipsen, Erik Meijer oder Willi Landgraf. Techniker waren auch dabei: Zoltan Stieber, Jan Schlaudraff oder Lewis Holtby um nur die bekanntesten Namen zu nennen. Trainertypen wie die verstorben Werner Fuchs oder Jörg Berger peitschten das Team an der Seitenlinie emsig nach vorne. Alemannia war und ist immer etwas Besonderes! Irgendetwas passiert immer in diesem Klub und es wird nie langweilig. Nicht umsonst nennt man sich selbtst „Klömpchensklub", welcher gleichzeitig ein traditioneller Spitzname für den Verein, aber auch vor allem auf die allgemeine Unprofessionalität im Klub anspielt. Dieser Verein hängt mir wirklich am Herzen und es ist erschreckend zu sehen, wohin der Weg derzeit führt. Es muss einfach gelingen den Verein bis zum Saisonende am Leben zu halten um in der Regionalliga einen Neuanfang starten zu können. Tradition darf nicht untergehen! Wie heißt es doch im Vereinslied: „Aber eins, aber eins, das bleibt besteh´n: Alemannia Aachen wird nicht untergeh´n!“ Ich werde da sein, ganz egal wo ihr spielt gegen welchen Verein!