Warum mit dem VfL Osnabrück einmal mehr zu rechnen ist
Sie waren nicht weit weg vom klassischen Fehlstart, nun triumphierten die Spieler des VfL Osnabrück am Montagabend unter den Scheinwerfern des Flutlichts: Mit dem dritten Sieg in Folge wandelt sich Erleichterung in Anzeichen von Euphorie – und ganz unbegründet ist das nicht. liga3-online.de listet auf, was die Niedersachsen stark macht.
Spielerische Stärke
"Die Offensive von Osnabrück ist brutal", meinte Kölns Trainer Olaf Janßen nach dem Montagsspiel nur. Ob sie ihr ganzes Potenzial an den ersten sieben Saisonspieltagen überhaupt einmal in Gänze auf den Platz gebracht hat, ist dabei fraglich, zuletzt aber lieferte die Abteilung Torerzielung um den in phänomenaler Form befindlichen Kapitän Marc Heider mit zwei 3:0-Erfolgen zuverlässig ab. Heider, der zunächst mit einem verunglückten Seitfallzieher kurios traf, zeigte danach einmal mehr, was Spitzfindigkeit im Fußball ausmachen kann: Wie schon beim vorherigen Heimspiel gegen Borussia Dortmund II nutzte der 35-Jährige einen schweren gegnerischen Fehler zu einem einfachen Tor.
Das allein würde der VfL-Qualität aber nicht gerecht. Beim flachen Spielaufbau initiieren schon die Außenverteidiger – insbesondere der überzeugende Neuzugang Florian Kleinhansl – mit Schnittstellenpässen Unruhe beim Gegner, auf den Flügelpositionen besitzt Lila-Weiß erst recht nach der späten Ausleihe von Aaron Opoku, aber auch dem manchmal zu heißspornigen "Chance" Simakala über Waffen. Hinter der Spitze macht Eigengewächs Sebastian Klaas nach vielen Jahren Anlaufzeit nun den erhofften Sprung, spielt seine technischen Qualitäten voll aus. Und vorne? Da wirbelt dieser Marc Heider. Und sollte dieser unpässlich sein, gibt es noch einige Alternativen…
Rückkehr der Brückenatmosphäre
Das 3:0 über Viktoria Köln war in vielerlei Hinsicht bezeichnend. Auch, weil nicht alles von Beginn an rund lief, weil sportlich Kleinigkeiten den Ausschlag gaben bei einem letztlich klaren Ergebnis. Ein Zufallsprodukt war aber keiner der Bestandteile dieses Sieges – und welche Geschichte könnte dies besser veranschaulichen als die vom Osnabrücker Publikum an der Bremer Brücke? In der ersten Halbzeit leuchtete die untergehende Sonne, die Fans aber boykottieren wie gewohnt die umstrittenen Montagsspiele. Stimmung tauchte nur sporadisch auf, der VfL spielte auf das von der Fankurve entfernte Tor. Zu allem Überfluss versagte auch noch kurz vor der Pause das berühmte Flutlicht – eine Sicherung hatte den Geist aufgegeben. Das Ergebnis: ein 0:0, leichte Vorteile für den VfL, nicht mehr, nicht weniger.
In der zweiten Halbzeit brauchte die Mannschaft nur wenige Sekunden, um mit der ersten Topchance das Stadion beben zu lassen. Angepeitscht von den 7.700 Fans, die sich in einer der engsten Arenen dieses Landes nach viel mehr anfühlten, fiel schnell das erste, das zweite, das dritte Tor direkt vor den frenetischen Anhängern. Brav mitspielende Kölner begingen plötzlich einfachste Fehler – die Kulisse hatte ihr Übriges dazugetan. Köln war nicht der erste und wird nicht der letzte Gegner sein, den diese Atmosphäre niederringt. Für den VfL, der in der Geisterspielphase der letzten Saison 13 (!) Heimniederlagen in Folge kassierte, sind seine Fans buchstäblich der zwölfte Mann. Vielleicht auch der dreizehnte oder vierzehnte.
Faire Erwartungshaltung im Umfeld
Gegen Köln brachte der VfL alleine durch die bis dato verletzten Andrew Wooten (Stürmer) und Timo Beermann (Innenverteidiger) mehr als 300 Zweitliga-Spiele Erfahrung auf den Platz, auch Sören Bertram hatte schon in allen deutschen Profiligen gespielt. Zu viele Ausfälle darf es im 26 Spieler großen Kader nicht geben, doch auf nahezu allen Position sorgt gesunder Konkurrenzkampf für mindestens einen nahezu gleichwertigen Ersatz – Trainer Daniel Scherning hat gerade in Zeiten exzellenter Form fast schon ein Luxusproblem, die elf Glücklichen auszuwählen.
Am einfachsten ist es, oben mitzuspielen, wenn es nicht erzwungen werden muss. Beim VfL wurde von den obersten Tabellenregionen nach dem Umbruch im Sommer kaum geredet, als neben der Neubesetzung des Trainerpostens auch ein Nachfolger für Benjamin Schmedes in der sportlichen Hauptverantwortung gefunden werden musste. Dabei ist das Team mindestens in der Achse um die Torhüter, die Innenverteidigung und das Mittelfeld nach wie vor mit einigen früheren Zweitliga-Akteuren und damit klar überdurchschnittlich besetzt. Clevere Transfers wie jene von Kleinhansl, Rückkehrer Omar Traore (Uerdingen) und Lukas Kunze, der aus Rödinghausen kam, haben ein ganz stabiles Fundament zur Folge – eine Mannschaft, mit der sich Anhänger und Klubumfeld identifizieren können. Die gute Vorbereitung und der Pokal-Coup über Werder Bremen waren ein bemerkenswerter Start, die erste Mini-Krise wurde erstaunlich souverän abmoderiert. Was kommt als nächstes? Der VfL Osnabrück kann sich dieser Frage ganz entspannt und ohne Druck widmen.