Charakterprobe: Wie gut kann der FCM Rückschläge verarbeiten?

Fünf Punkte Vorsprung auf einen Nicht-Aufstiegsplatz waren einmal, das Verfolgerfeld hat den 1. FC Magdeburg nach zuletzt zwei Niederlagen wieder fest im Blick – wenngleich die Elbestädter weiterhin Spitzenreiter sind. Der zuletzt erfolgsverwöhnte FCM muss nun eher gegen den Wind segeln. Wie gut er das schafft, kann für den Ausgang der Saison mitentscheidend sein.

Nur nicht aus dem Rhythmus bringen

Quizfrage: Woran macht man eine Topmannschaft, ob in der 3. Liga, der Bundesliga oder der Kreisklasse fest? An der guten Offensive, natürlich, an sehenswerten Spielzügen, die den Gegner überfordern, auch ein massiveres Bollwerk überwinden. Schon klar. An der Defensive ebenso – steht die Null immer und immer wieder, funktionieren die Automatismen mit und gegen den Ball, am Boden und in der Luft, ist die nächste wichtige Basis gelegt. Es lässt sich noch ein Kriterium hinzufügen, das nicht unterschätzt werden sollte: Rückschläge, und der Umgang damit.

Wie oft haben wir es erlebt, dass ob nach zehn, 20 oder 30 Spieltagen Mannschaften aus ihrem Rhythmus gebracht wurden und nie wieder zurückfanden. Dass einst gefeierte Trainer wenige Monate später – nein, wir wollen nichts heraufbeschwören – vor die Tür gesetzt wurden. Dass ein Aufstieg in die 2. Bundesliga auf bitterste Art und Weise verspielt wurde, weil das eine Schlagloch im Herbst, Winter oder Frühjahr einen Klub derart aushebelte.

Zwischen Schiri- und Selbstkritik

Ganz bestimmt befindet sich der 1. FC Magdeburg nach dem 1:2 gegen das bis dato sieglose Kellerkind aus Würzburg sowie die anschließende, nicht minder schmerzhafte 2:3-Niederlage beim Ostduell in Halle vor einem dieser Wendepunkte. Immerhin sieben Monate liegt die letzte Negativserie des FCM zurück, es war jene zum Amtsantritt von Trainer Christian Titz, der beim kommenden Gegner Türkgücü München ein 1:2 kassierte, 0:4 gegen den SC Verl unterging, dann auch noch 0:1 in Wiesbaden verlor. Er kennt das Gefühl also noch, der 50-Jährige. Freilich war die Lage damals viel, viel prekärer: Dass irgendwo in dieser Mannschaft das Potenzial schlummerte, die 3. Liga über die Folgemonate hinweg zu überrollen und die Region in Euphorie zu versetzen, wusste er damals nicht. Jetzt schon. Wie also möglichst souverän umgehen mit dieser ärgerlichen, doppelten Nullrunde?

Kurz nach der Niederlage in Halle regierte auch bei Titz der Frust. Er ärgerte sich über das Ergebnis, fühlte sich benachteiligt – und zwar von Schiedsrichter Frank Willenborg, der einmal bei einer möglichen Elfmeterentscheidung und in der Folge auch beim zwischenzeitlichen 3:1 des HFC zu Ungunsten des FCM entschieden hatte. Dabei stand Magdeburg vor dem vergangenen Spieltag in der liga3-online.de-Liste auf Platz 1 der am öftesten benachteiligten Teams. "Solche Entscheidungen verändern das Spiel", kritisierte Titz, während Spielmacher Baris Atik den Fokus auch auf zu leichte Gegentore legte. Offensiv, das bewies der 26-Jährige auch im zweiten Spiel ohne persönlichen Scorerpunkt, funktionieren die Abläufe: Atik war es, der vor der 1:0-Führung in Halle den vorletzten Pass in den Lauf von Jason Ceka legte, ehe Amara Condé vollendete.

Eine ganze Reihe von Fehlern, stets hart bestraft

Nicht ganz spitzentauglich war tatsächlich das Defensivverhalten, zumal sich die fünf Gegentore gegen Würzburg und Halle aus ganz verschiedenen Fehlerquellen speisten: Im Heimspiel gegen den FWK lief die Titz-Elf in zwei Konter, einmal auch unter Mithilfe von Torwart Dominik Reimann. Als Gast beim HFC unterschätzte man dann erst eine Flanke, öffnete dann eine Freistoßmauer, während sich Kapitän Tobias Müller beim dritten Tor in einem Laufduell von Terrence Boyd abkochen ließ. Auffällig: Dieselben Fehler unterliefen Magdeburg selten, ein klarer Schwachpunkt ist nicht auszumachen. Dass die Gegner solche Angebote derzeit sehr regelmäßig und konsequent bestrafen, macht die schwierige Phase komplett. Sie geht einher mit einer wichtigen Erkenntnis, gerade für die vielen jüngeren Spieler im Kader, die sogleich von der Euphoriewelle mitgenommen wurden: Zum Selbstläufer wird diese 3. Liga nunmal nicht.

Über diese gehäuften Schönheitsfehler hinaus gibt es derzeit wenig Anlass, vom Beginn einer hartnäckigeren Krise auszugehen. Spieler wie Luca Schuler, Tobias Knost und der angesprochene Ceka sind trotz aller Begeisterung, die sie in mancher Aktion entfachen, immer noch Drittliga-Rookies, werden an Niederlagen wachsen. Erfahrene wie Kapitän Tobias Müller, der in Halle nicht seinen besten Tag erwischte, werden zu mehr Kontinuität ermahnt. Und alle Fans des FCM werden daran erinnert, warum sich ihr Klub nie als Topfavorit bezeichnete – und am Ende nur oben mitspielt, wenn alles passt. Das Beste, was sie nun tun können, ist: die Ruhe bewahren. Dieses Vertrauen hat sich insbesondere Trainer Titz, aber auch das Team im vergangenen halben Jahr mehr als verdient.

   

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