Wie geht es bei Türkgücü weiter? Drei Szenarien denkbar

Als "Ohrfeige" und "Schlag ins Gesicht" bezeichnete Trainer Andreas Heraf den Elf-Punkte-Abzug für Türkgücü München. Weil der Abstieg nun praktisch nicht mehr zu verhindern ist, stellt sich einmal mehr die Frage, wie es weitergeht. Drei Szenarien sind denkbar.

Szenario 1: Spielbetrieb wird im März eingestellt

Ausgangslage: Zwar kann Türkgücü innerhalb einer Woche noch Einspruch gegen den Punktabzug einlegen, doch die Erfolgsaussichten sind aufgrund der klar festgelegten Regularien äußerst gering. Entsprechend wird es sehr wahrscheinlich beim Abzug von elf Punkten bleiben, durch die Türkgücü als Tabellenletzter nun satte zwölf Zähler hinter dem rettenden Ufer liegt. Dass die Münchner diesen Rückstand in den verbleibenden elf Partien noch aufholen, erscheint utopisch. Nicht ausgeschlossen daher, dass bei Türkgücü schon Anfang März endgültig die Lichter ausgehen. Dann würden alle Partien der Münchner annulliert und aus der Wertung genommen werden – mit Auswirkungen auf alle Klubs, die gegen Türkgücü gepunktet haben. Zudem würde Türkgücü endgültig als erster Absteiger feststehen.

Was dafür spricht: Der Abstieg ist realistisch gesehen ohnehin nicht mehr zu verhindern, bräuchte es aus den letzten elf Spielen doch mindestens acht bis neun Siege. Zudem soll allein die Miete für das Olympiastadion pro Spiel rund 25.000 Euro betragen. Nach aktuellem Stand ist nur noch das kommende Heimspiel gegen den 1. FC Saarbrücken definitiv abgesichert.

Was dagegen spricht: Scheidet Türkgücü vorzeitig aus dem Spielbetrieb aus, würden dem Klub nicht nur Sponsoren-, sondern auch TV-Einnahmen verloren gehen. Geld, das der Klub für die Zukunft oder zumindest ein erfolgreiches Insolvenzverfahren (um die Gläubiger bedienen zu können) eigentlich dringend benötigt.

 

Szenario 2: Spielbetrieb wird nach dem 34. Spieltag eingestellt

Ausgangslage: Kann Türkgücü den Spielbetrieb zunächst fortsetzen und zieht sich erst nach dem 34. Spieltag (Mitte April) zurück, würden gemäß der DFB-Spielordnung sämtliche Partien der Münchner in der Wertung bleiben, während alle ausstehenden Partien mit 0:2 für den Gegner gewertet werden würden. Dieses Szenario käme allen Klubs entgegen, die gegen Türkgücü gepunktet haben und ihre Zähler andernfalls verlieren würden.

Was dafür spricht: Allein aus Fairnessgründen dürfte Türkgücü bestrebt sein, zumindest den 34. Spieltag noch auszutragen, damit die Insolvenz keine negativen Auswirkungen auf andere Klubs hat. Wobei sich natürlich die Frage stellt, wie fair es ist, wenn alle Gegner, die im Schlussspurt nicht mehr gegen Türkgücü antreten müssen, direkt drei Punkte gutgeschrieben bekommen. Schon jetzt sind viele Drittligisten nicht gut auf Türkgücü zu sprechen, darunter der SV Wehen Wiesbaden. Dem "Kicker" zufolge soll Türkgücü den Hessen noch einen sechsstelligen Anteil aus der Transfersumme von 200.000 Euro für Paterson Chato schulden.

Was dagegen spricht: Spätestens ab dem 1. April benötigen die Münchner frisches Geld, um den Spielbetrieb fortsetzen zu können, weil die Agentur für die Arbeit die Gehälter der Spieler nur für die Monate Januar, Februar, März übernimmt. Kann der Klub dieses Geld nicht auftreiben, wird Türkgücü den Spielbetrieb spätestens Ende März einstellen und sich nicht mehr bis zum 34. Spieltag retten können.

 

Szenario 3: Saison wird regulär zu Ende gespielt

Ausgangslage: Trotz der prekären und ungewissen Zukunft haben sich die Spieler noch nicht aufgegeben, was sich vor allem am letzten Mittwoch beim Stadtduell gegen 1860 München zeigte. Und auch die Partie in Duisburg schenkte Türkgücü am Samstag nicht ab, obwohl gerade mal 15 Spieler zur Verfügung standen – darunter nur ein Keeper. Des Verdachts einer sportlichen Wettbewerbsverzerrung haben sich die Münchner bisher nicht schuldig gemacht – wohl auch deswegen, weil Türkgücü dem Vernehmen nach alles versucht, um die Saison regulär zu Ende bringen zu können.

Was dafür spricht: Trotz der Insolvenz hat Türkgücü mit dem US-Finanzdienstleister "Remitly" einen neuen Hauptsponsor gefunden, außerdem wurde ein weitere Tranche der TV-Gelder für die laufende Saison zuletzt ausgezahlt. Auch die Rekordkulisse von 8.500 Zuschauern im Heimspiel gegen 1860 hat eine niedrige sechsstellige Summe in die Kassen gespült. Darüber hinaus ist es eine Frage der Ehre, die Saison regulär zu Ende zu bringen. Gut vorstellbar zudem, dass die Spieler zu einem Gehaltsverzicht bereit wären, damit die Saison auf sportlichem Weg abgeschlossen werden kann. Immerhin könnten sie sich so noch für andere Vereine empfehlen.

Was dagegen spricht: Der durch den Punktabzug so gut wie besiegelte Abstieg ist keine allzu verlockende Perspektive für neue Geldgeber, um zu diesem Zeitpunkt in Türkgücü zu investieren – zumal nicht mal sicher ist, ob Türkgücü in der kommenden Saison in der Regionalliga an den Start gehen kann.

   

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