Alles, was ihr zum 28. Spieltag wissen müsst
Die Spreu trennt sich vom Weizen: Oben könnten sich die Aufstiegsanwärter Braunschweig und Kaiserslautern absetzen, und auch im Keller sind gleich einige Krisenteams drauf und dran, sich ihrer Abstiegssorgen langfristig zu entledigen. Was hält der 28. Spieltag für uns parat? Nehmen wir uns eine Tasse Kaffee und schauen in aller Ruhe darauf.
Die Ausgangslage
Wir schreiben Ende Februar, und endlich dürfen die Arenen nahezu flächendeckend wieder ordentlich ausgelastet werden. Bis auf die Dortmunder Reserve (750 Zuschauer) und Türkgücü München, für die die erlaubten 10.000 Besucher aber das tatsächliche Interesse zigfach überschreiten, ist das Kapazitätslimit in allen übrigen Stadien bei 40 bis 75 Prozent – würdige Rahmen für ein schönes Fußballwochenende, in dem es um einiges geht. Denn ob im Kampf um die 2. Bundesliga oder jenem gegen die Regionalliga driften die Klubs allmählich auseinander: Oben wollen sich Kaiserslautern und Braunschweig loseisen vom schwächelnden Rest. Der wiederum will teilweise "All in" gehen, so wurde es zumindest bei Waldhof Mannheim angekündigt.
Unten sind Halle und Duisburg auf klarem Aufwärtstrend, während Viktoria Berlin nach dem Aus von Cheftrainer Benedetto Muzzicato noch ohne einen Nachfolger ins wichtige Heimspiel gegen Freiburg II geht. Würzburg schöpft ein letztes Mal Hoffnung nach dem 3:1-Sieg in Havelse, doch klappt die Bestätigung einmal mehr gegen Primus Magdeburg, gegen den man schon im Hinspiel gewann? Ein kleines, aber feines Nachbarfschaftsduell bietet die 28. Runde schließlich auch noch: Der VfL Osnabrück reist zum SV Meppen, beide mussten im Rennen um die vorderen Plätze zuletzt Federn lassen – Meppen einige mehr als die Lila-Weißen. Wer das Niedersachsenduell verliert, ist oben erstmal raus.
Vier Spiele im Fokus
Das Niedersachsen-Duell: SV Meppen gegen den VfL Osnabrück
Sechs von 27 Aufeinandertreffen in Punktspielen hat der SV Meppen gegen den VfL Osnabrück historisch betrachtet erst gewonnen, die vergangenen drei Liga-Aufeinandertreffen endeten aus SVM-Sicht mit Niederlagen ohne ein eigenes Tor. Nicht vorrangig deshalb liegt der etwas größere Druck im niedersächsischen Duell eher bei der Mannschaft von Rico Schmitt, die ja durch den 3:2-Erfolg im Niedersachsenpokal im Oktober weiß, wie man den Zweitliga-Absteiger schlägt. Nun hat Meppen im Jahr 2022 erst fünf Punkte aus sieben Spielen geholt, die Erdung nach dem überragenden ersten Halbjahr scheint in vollem Gange. Osnabrücks nicht minder heißes Match gegen Braunschweig musste wegen Sturmschäden vergangene Woche abgesagt werden, zum Problem wurden davor die vielen Unentschieden. Wenn der VfL seine Siebenfach-ungeschlagen-Serie ausbaut, dann doch lieber mit einem Erfolg. Auch, um Zeichen zu setzen an die Plätze 2 und 3.
Kniats schweres Debüt: 1. FC Kaiserslautern gegen den SC Verl
Mit Verspätung darf sich Michél Kniat, Guerino Caprettis Nachfolger als Trainer des SC Verl, nun ins Drittliga-Getümmel schmeißen. Und wurde der Begriff der Feuertaufe nicht genau für solch eine Premiere erfunden? Es geht auf den Betzenberg, zu einem starken Tabellenzweiten 1. FC Kaiserslautern – auch, wenn dieser beim 0:0 im Derby bei Waldhof Mannheim zuletzt nicht sein bestes Gesicht zeigte. Tabellarisch durfte der FCK mit dem Punktgewinn eher leben, vier Punkte Vorsprung und ein Nachholspiel in der Hinterhand sind ein Vorsprung, den man gerne mitnimmt. Nur nicht in den falschen Modus verfallen, Verl nun als Pflichtaufgabe abstempeln, wird sich mancher denken. Zumal die mit Abstand beste Defensive der 3. Liga die Gelb-Sperre jenes Mannes verkraften muss, der als die Entdeckung der Saison gilt: Abwehrchef Boris Tomiak muss zuschauen.
Saarbrücken sucht die gute Laune: Türkgücü München gegen den 1. FC Saarbrücken
Befreit aufspielen zu können – das ist ein wesentlicher Faktor im Aufstiegsrennen. Doch selten war ein Verein so weit von diesem Zustand entfernt wie der 1. FC Saarbrücken, bei dem sich zuletzt einige Fans nach der 0:1-Heimniederlage gegen Köln ihrem Ärger Luft verschafften und in den Innenraum stürmten, teils wurden Spieler bespuckt. Schlagzeilen, die der leicht kriselnde Tabellenfünfte (drei Niederlagen aus vier Spielen) wirklich nicht gebrauchen kann – nun wird über Sicherheitsprobleme im Stadion diskutiert, Kapitän Manuel Zeitz wies die Fans zurecht, es knirscht allerorts. Ob Türkgücü München da der richtige Gegner ist? Viele erwarten den Sieg, Türkgücü steht nach dem Elf-Punkte-Abzug bereits mit eineinhalb Beinen in der Regionalliga. Rechtsverteidiger Dominik Ernst fehlt gesperrt, Stürmer Adriano Grimaldi könnte dafür zurückkehren. Immerhin ein Hoffnungsträger also inmitten einer ganz schwierigen Phase, die nur ein Auswärtssieg am Montag beenden kann.
Sechzig-Saison auf der Kippe: FSV Zwickau gegen 1860 München
Als 1860 München im Dezember infolge des schlimmen 2:5 gegen Magdeburg Tatsachen schaffte, kurz darauf Sascha Mölders suspendierte und sich danach gänzlich von ihm trennte, schien die Ursache aller Probleme gefunden, denn es folgten reihenweise Siege. Ganz so offen liegt der Grund aber doch nicht, warum der TSV in diesem Jahr nicht das Niveau der Vorsaison erreicht. Mittlerweile warten Michael Köllner und Co. wieder vier Spiele auf einen Sieg, die Niederlagen bei Türkgücü (1:2) und daheim gegen Halle (0:2) taten richtig weh, hinter den Kulissen wird bereits gefragt, ob die Kaderzusammenstellung die richtige war. Nun kommt gleich der nächste Vertreter aus der unteren Tabellenhälfte, Zwickau ist dabei in der Regel ein sehr unangenehmer. Und Dienstag steht noch das Nachholspiel gegen Kaiserslautern an! Nur sechs Punkte aus diesem Duo bringen 1860 womöglich noch zurück in das Rennen um Platz 3, ansonsten wird das Saisonfinale ein maximal unspektakuläres. Ein Szenario, mit dem sich mancher bei den Löwen offenbar schon abgefunden hat.
Die mögliche Überraschung
Würzburger Kickers gegen den 1. FC Magdeburg
Zugegeben: Diese potenzielle Überraschung lag ja auf der Hand. Würzburg als Vorletzter, zuletzt aber siegreich in Havelse und damit den letzten Funken Hoffnung auf eine gewaltige Aufholjagd konservierend, empfängt den Spitzenreiter FCM mit seinem ganz speziellen, anspruchsvollen, hochwertigen Fußball. Im Hinspiel passte das nur irgendwie nicht zusammen: Würzburg war effizient und siegte mit 2:1, was ein dickes Ding war, auch wenn das Ergebnis beide von ihrem Weg Richtung Auf- und Abstieg nicht nachhaltig abbrachte. Magdeburgs Coach Christian Titz wird jetzt aber vorgewarnt sein – Stolpern ist angesichts des dicken Vorsprungs zwar nicht mehr verboten, wäre aber unnötig. Jeden Spannungsabfall, der nach zwei Dritteln einer solch starken Saison auch vorkommen darf, will Würzburg nutzen. Ist der FWK dann noch ähnlich konsequent wie zuletzt beim 3:1 in Havelse…mit etwas Selbstvertrauen ist alles möglich.