Winterfazit Hallescher FC: Noch hat man es in der Hand
Der erste Teil der Drittliga-Saison ist Geschichte – bis auf einige Ausnahmen haben die Vereine 22 Spiele absolviert. Grund genug, die bisherige Saison einmal genauer unter die Lupe zu nehmen. Im Winterfazit widmet sich liga3-online.de dem Halleschen FC. Die Hallenser rangieren mit 21 Punkten aus 22 Spielen auf Rang 16 und sind damit unmittelbar vor der Abstiegszone. Aus den letzten fünf Spielen konnten lediglich drei Zähler geholt werden. Besonders bitter dabei waren die Niederlagen gegen die direkten Konkurrenten Dortmund II (0:1) und Rot-Weiß Erfurt (1:2).
Das lief gut
1 – Die Euphorie
Bei der aktuellen Situation und der klar abwärts zeigenden Tendenz, 11 der 21 Punkte wurden in den ersten sechs Spielen geholt, fällt es schwer Stärken herauszuheben. Die Anfangseuphorie gehörte zweifelsohne dazu. Vor über 10.000 Zuschauern wurden zu Saisonbeginn Kickers Offenbach (1:0) und Rot-Weiß Erfurt (3:0) daheim bezwungen. Die Mannschaft und die Fans nahmen den Schwung aus der Aufstiegssaison mit. Die gewachsene Infrastruktur mit dem neuen Stadion war ein wichtiger Grund für die Aufbruchstimmung an der Saale. Diese Phase hielt nur wenige Wochen und die einstigen Tugenden der Heimstärke und der sattelfesten Abwehr waren im Laufe der Hinrunde dahin. Die Fans blieben aber treu, der Saisonschnitt liegt mit knapp 8.000 Zuschauern aktuell so hoch wie zuletzt zu DDR-Zeiten.
2 – Die Effektivität
Der Hallesche FC erspielt sich wenige Chancen. Nur der SV Babelsberg (18) schoss noch weniger Tore als der HFC (19) und dennoch standen die Rot-Weißen nie auf einem Abstiegsplatz. Trotz Torflaute holte man bei wenig erspielten Chancen verhältnismäßig viele Punkte. Lediglich in drei Spielen mit eigenem Torerfolg sprang nichts Zählbares für die Elf von Sven Köhler heraus. Dafür konnte gegen Offenbach in Hin- und Rückspiel und in Babelsberg mit nicht einmal einer Handvoll Torchancen gewonnen werden, immerhin 43% der eingefahrenen Zähler. Da die Stürmer sich kaum am Tore schießen beteiligen, nutzen die hinteren Reihen ihre Möglichkeiten umso effektiver: die Doppel-6 mit Maik Wagefeld und Marco Hartmann steuerte acht Tore bei – Ligabestwert!
3 – Die Kontinuität im Umfeld
Im Umfeld des Halleschen FC ist seit Jahren Ruhe eingekehrt. Präsidium, Manager und Trainer arbeiten mittlerweile seit über fünf Jahren zusammen und fuhren mit dieser Schiene bislang sehr gut. Trotz einer Serie von zehn Spielen ohne Sieg hielt man am Cheftrainer Köhler fest und schenkt ihm auch zu Beginn der Rückrunde das Vertrauen. Mit Toni Lindenhahn, Dennis Mast und Marco Hartmann spielten immerhin drei Spieler der Stammelf bereits in der Jugend für „Chemie“, auch dank der kontinuierlichen Aufbauarbeit Köhlers.
Das lief nicht gut
1 – Der Sturm
Die Stürmerdiskussion währt in Halle bereits seit Saisonbeginn. Nils Pichinot, Andis Shala und Angelo Hauk erzielten überhaupt keinen Treffer. Lediglich Flügelflitzer Dennis Mast (4 Treffer) strahlte so etwas wie Torgefahr aus. Michael Preuß gelang als einzigem Stürmer zwei Treffer, in der Summe eine ernüchternde Ausbeute. Dabei sind die Ursachen von der fehlenden Unterstützung aus dem offensiven Mittelfeld bis hin zu den individuellen Schwächen der Stürmer breit gefächert.
2 – Die Abwehr
Das einstige Prunkstück des defensiv ausgerichteten Spielsystem Köhlers schwächelte immer häufiger. Während man in den ersten sechs Spielen nur einen Treffer kassierte, fielen in den vergangenen 16 Spielen ganze 31 Gegentreffer, fast zwei pro Spiel. Das liegt unter anderem an den langwierigen Verletzungen der Abwehrspieler Sören Eismann, Pierre Becken und Patrick Mouaya. Einerseits musste die Viererkette immer wieder umgestellt werden, andererseits leisteten sich die Regenerierten einige Patzer aufgrund mangelnder Spielpraxis. Selbst Torwart-Oldie und Publikumsliebling Darko Horvat griff gegen Darmstadt (2:2) und Karlsruhe (0:2) entscheidend daneben.
3 – Die Moral
Nach einem Rückstand konnte bisher keine Partie zu Gunsten von Halle gedreht werden. Wenn der Gegner in Führung ging, wurde lediglich zweimal (1:1 in Chemnitz und 2:2 gegen Bielefeld) gepunktet. Das liegt auf der einen Seite an der schwachen Torausbeute, andererseits ist die HFC-Abwehr im Vorwärtsgang oftmals nicht sattelfest und leistet sich zu viele Unsicherheiten. Regelmäßig fehlte in den Schlussminuten die Qualität den Gegner unter Druck zu setzen und zum entscheidenden Fehler zu zwingen.
Bester Spieler: Dennis Mast
Der erst zwanzigjährige Dennis Mast überraschte in dieser Saison durch seine Konstanz. Er steuerte immerhin vier Treffer und zwei Vorlagen in 21 Ligaspielen bei. Köhler vertraut auf seinen Linksfuß, der aber noch Luft nach oben hat. Neben Durchstarter Mast konnte die Doppel-6 mit Kapitän Maik Wagefeld und seinem Vize Marco Hartmann überzeugen. Wagefeld hat die Rolle als Sprachrohr und klassischen Leitwolf längst verinnerlicht. Sein Stellvertreter Hartmann, der zuletzt aufgrund einer Verletzung von Wagefeld sein Amt einnahm, hat sich trotz Lehramtsstudium gut in der neuen Liga zu recht gefunden und ist durch seine Kopfballstärke und Zweikampfstärke eine wichtige Säule im HFC-Spiel.
Schlechtester Spieler: „Der Sturm“
Beim Halleschen FC haben mehrere Spieler ihre Drittligatauglichkeit nicht nachweisen können. Kein Stürmer wusste zu überzeugen, geschweige denn zu treffen. Folglich rotierten Angelo Hauk, Andis Shala und Nils Pichinot sich immer wieder aus der Startelf. Dazu gesellt sich ein weit unter seiner Bestform spielender Telmo Teixeira, der auf der Zehnerposition das Spiel nicht wie erhofft lenken konnte. Michael Preuß, ursprünglich für Rechtsaußen vorgesehen, kam nach unterirdischem Saisonstart immerhin zu zwei Toren und etwas Selbstbewusstsein. Shala und Teixeira wurden mittlerweile aussortiert und können sich einen neuen Verein suchen. Eine Ausmusterung von Hauk gilt als wahrscheinlich.
Transfermarkt
Nach mehreren Testkandidaten unter der Saison, Addy-Waku Menga und Onur Ayik wurden wieder weggeschickt, meldete der HFC bei Björn Ziegenbein vor dem letzten Spiel in Erfurt Vollzug. Der ehemalige Rostocker kam bereits im verlorenen Abstiegskrimi zum Einsatz. Dazu wurde Außenverteidiger Daniel Ziebig von Energie Cottbus für ein halbes Jahr ausgeliehen. Zusätzlich soll Kristian Kojola die Abwehr verstärken. Der Innenverteidiger kommt aus der ersten finnischen Liga und soll den Ausfall von Patrick Mouaya (Schienbeinbruch) kompensieren. Eine vierte Verstärkung steht noch im Raum. Eine Offensivkraft wird gesucht, Alexander Ludwig von Energie Cottbus wird gehandelt.
Fazit
Der Hallesche FC stand noch nie auf einem Abstiegsplatz in dieser Saison und hat dennoch die rauere Gangart der 3.Liga zu spüren bekommen. Das Umfeld und die sportliche Führung haben sich auf die neue Spielklasse eingestellt. Mit einem Mini-Kader überwiegend aus der Aufstiegsmannschaft zu bestehen, scheint aussichtslos. Manager Ralf Kühne und Trainer Köhler haben die Konsequenzen aus den Fehlern zu Saisonbeginn bereits gezogen. Ausweglos ist die Situation aber keineswegs.
Ausblick: Neustart mit nur einem Ziel
Mit wahrscheinlich vier Neuzugängen, die alle auch in der Startelf oder mindestens im Kader erwartet werden, kommt der Rückrundenstart einem Neustart gleich. Wenn es gelingt mehr Torgefahr auszustrahlen und die individuellen Fehler zu verringern, bleibt der HFC auch über dem Strich.
FOTO: Flohre Fotografie