Analyse: So lief der Sommer-Transfermarkt in der 3. Liga

Wieder einmal gab es deutlich mehr als 400 Wechselbewegungen innerhalb der 3. Liga: Seit Donnerstagabend ist das Transferfenster für diesen Sommer geschlossen, abseits letzter Verpflichtungen von vereinslosen Profis wird nichts mehr passieren. Zeit für einen Überblick: Wer war unter den Drittligisten am emsigsten, wer gab Geld aus und wer war nun der Königstransfer?

Transfermarkt in Zahlen

253 Abgänge und 221 Zugänge meldet das Portal transfermarkt.de für alle 20 Drittligisten – vereinsinterne Wechsel sowie Leihrückkehrer sind dabei nicht berücksichtigt. Die geschätzten Transfereinnahmen von Wechseln, bei denen Ablösesummen genannt oder geschätzt wurden, liegen bei 6,9 Millionen Euro. Ausgegeben wurden mindestens rund 2,2 Millionen Euro. Und da wir schon bei den Finanzen angekommen sind, schauen doch gleich in die benachbarten Kategorien…

Die teuersten Abgänge

Merlin Röhl vom FC Ingolstadt soll dem SC Freiburg 2,9 Millionen Euro wert gewesen sein. Stimmt diese Summe, wäre das nicht nur der Bestwert dieses Sommers, sondern auch die höchste jemals erzielte Transfersumme eines Drittligisten außerhalb von Bundesliga-Reserveteams. Zwei weitere Spieler knackten knapp die Millionenmarke, nämlich das Sturmduo Ransford-Yeboah Königsdörffer (zum HSV) und Christoph Daferner (nach Nürnberg) von Dynamo Dresden. Alle drei spielten allerdings im Vorjahr nach zweitklassig. Der teuerste Spieler, der im Vorjahr in der 3. Liga aktiv war, ist nicht etwa Bradley Fink vom BVB II, der zum FC Basel ging und etwa 750.000 Euro schwer war. Sondern Gustav Nilsson, einst Wehen Wiesbaden, nun Saint-Gilloise in Belgien. Was er genau gekostet hat, ist unklar, die Ablöse soll aber jenseits der Millionenmarke liegen.

Die teuersten Zugänge

Auch hier bewegen wir uns weit entfernt von vollständigen Auflistungen, weil die Geheimniskrämerei unter den Klubs von Jahr zu Jahr zunimmt. Wer die 3. Liga und ihre Vereine kennt, weiß allerdings: Große Summen fließen – zumindest außerhalb der Talentschmieden – mangels finanzieller Ausstattung selten. So war das Transfergebaren des FC Ingolstadt umso bemerkenswerter: Für Pascal Testroet, Zweitliga-Spitzenstürmer des SV Sandhausen, flossen angeblich 700.000 Euro, für das dänische Talent Tobias Bech nochmals mehr als eine halbe Million Euro. Den Spruch haben sie beim Transferkrösus an der Donau schon öfter gehört, aber: Der Kader wirkt nun besser besetzt als im Zweitliga-Abstiegsjahr 2021/22. Eine interessante Strategie.

Die weiteren (bekannten) Ausgaben teilen sich Borussia Dortmund II für das eine oder andere Talent sowie Dynamo Dresden, das Manuel Schäffler aus Nürnberg sowie den vor zwei Jahren schon einmal an die SGD ausgeliehenen Jonathan Meier aus Mainz mit kleinen sechsstelligen Summen an die Elbe lockte.

Die meisten Transfers

16 Neue in Dresden, 18 Neue in Aue – wie so oft gingen die Klubs, die aus der zweiten Bundesliga kamen, mit einem Umbruch auf die Mission 3. Liga. Auffällig und daher eine Nennung wert ist der FC Ingolstadt, der zwar nominell stark einkaufte, aber nur neun Neuzugänge verzeichnete – er musste den aufgeblähten Kader allerdings auch dringend reduzieren. Aber zum Thema, bot noch jemand mehr als die Veilchen? Ja! Und auch das hat fast schon Tradition: Im beschaulichen Verl ging es nicht zum ersten Mal hoch her, bis zum Deadline Day sammelte sich Spieler für Spieler bei den Ostwestfalen. Das Ergebnis: Satte 22 (!) Verpflichtungen, für einen halbwegs gestandenen Drittligisten ist das eine kurios hohe Zahl. Der Abgang einiger Leistungsträger kann dafür nicht als alleinige Erklärung herhalten…

Die meisten Abgänge

19 Spieler haben den SC Verl auf dem Papier verlassen, zwei von ihnen – Niclas Thiede und Tom Baack – kehrten aber per Festverpflichtung zurück. Bleiben 17 übrig, eine Zahl, die von einem langjährigen Drittligisten getoppt wird: Der Hallesche FC verabschiedete in den vergangenen Monaten letztlich 18 Profis, fünf davon (Titsch Rivero, Zulechner, Sternberg, Bösel, Derstroff) sind übrigens noch ohne Fahrschein. Trotzdem landen SCV und HFC nur auf den restlichen Plätzen, denn diese Kategorie ließen sich die drei Absteiger nicht nehmen: Dresden und Ingolstadt verabschiedeten jeweils 22 Spieler, Aue sogar 23 – doch auch hier kam in Sam Schreck ein verlorener Sohn nach dem Leihende noch zurück. Heißt: Drei erste Plätze für die Ex-Zweitligisten, die so verschieden in die neue Saison gestartet sind.

Die Zurückhaltenden

Und bei wem bewegte sich auf Zu- beziehungsweise Abgangsseite am wenigsten? In der Regel sind die Klubs angesprochen, bei denen die Mannschaft funktioniert. Der SVWW (sieben Neue), der 1. FC Saarbrücken (acht), 1860 München (neun) beschränkten sich unter den "alten Hasen" der 3. Liga auf notwendige Korrekturmaßnahmen. Dazu gesellen sich Aufsteiger SV Elversberg (acht), der ohne die späten Transfers von Luca Dürholtz und Nick Woltemade sogar den "Kontinuitätsbestwert" eingeheimst hätte, sowie die schon genannten Ingolstädter. Jeder Leser mag selbst beurteilen, ob zwischen dem Erfolg dieses Quintetts in der Saisonfrühphase und der  Transferphilosophie ein großer oder kleiner Zusammenhang besteht.

Wer wenige Spieler holt, gibt in der Regel auch nur wenige ab. Das gilt für 1860 München (sieben Abgänge) und den FCS, der acht Kicker verabschiedete. Gute Tradition ist es, dass auch die Aufsteiger ihre Mannschaften nicht völlig umkrempeln – sofern sie nicht Uerdingen oder Türkgücü heißen… Elversberg und Bayreuth (sechs Abgänge) fügen sich da ebenso nahtlos ein wie der VfB Oldenburg, wo sieben Spieler den Blumenstrauß erhielten.

Die Königstransfers

In einer Liga, in der sich selbst die Aufsteiger an Kalibern wie Bundesliga-Talent Nick Woltemade (Elversberg) oder Weltmeister-Bruder Felix Götze (Essen) bedienen, gibt es spannende und hochklassige Transfergeschäfte immer häufiger. Ex-Bundesligakicker wie Robert Tesche (Osnabrück) und Mike Frantz (Saarbrücken) wollen mehr als nur ihre Karriere ausklingen lassen, Martin Kobylanski und Jesper Verlaat (beide 1860) kommen mit dem Nachweis, in der 3. Liga Unterschiedsspieler sein zu können. Und dann sind da ja noch Dynamo und der FCI mit den Schäfflers, Kutschkes, Hauptmanns und Gogias, den Testroets, Dittgens und Bechs… machen wir es kurz: Den "Einen" gibt es in diesem Sommer nicht.

Der Transfer, der für das meiste Aufsehen sorgte und die vielleicht größte Überraschung darstellte, war allerdings jener von Richard Neudecker zum 1. FC Saarbrücken – gerade im Lager von 1860 München war die Verwunderung groß, dass ihr Mittelfeld-Ass zu einem direkten Liga-Konkurrenten und nicht etwa in die 2. Bundesliga ging.

Der Weltenbummler

Auch wenn der gebürtige Westfale noch längst nicht alle Kontinente gesehen hat: Mit Stationen in England, Russland, Dänemark, Belgien und dem nun fünften Drittligisten binnen vier Jahren ist der Meppener Torjäger Marvin Pourié ein ganz heißer Anwärter auf den Globetrotter dieses Sommers. Was man ihm lassen muss: Er macht seinen Tore und schießt sich damit in die emsländischen Herzen – auch wenn der Vertrag bei der 14. Station im Herrenfußball nur bis zum kommenden Juni gilt.

   

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