Golz im Interview: "Mit jeder guten Aktion wurde ich selbstbewusster"
Im Interview mit liga3-online.de spricht Jakob Golz über den Aufwärtstrend von Rot-Weiss Essen, seine persönliche Entwicklung, das Verhältnis zu Vater Richard, seine Vertragssituation und das Spiel gegen den FSV Zwickau (Samstag 14 Uhr).
"Für einen Torwart ist das Fluch und Segen zugleich"
liga3-online.de: Herr Golz, in den ersten Spielen der Saison war RWE noch hinter den Erwartungen geblieben. Zuletzt holte Ihr Team aus sieben Spielen 13 Punkte. Wo liegen aus Ihrer Sicht die Gründe für den Umschwung?
Jakob Golz: Wir mussten anfangs erstmal damit klarkommen, dass in der 3. Liga jeder Fehler sofort bestraft wird. Im Vergleich zu den ersten Spielen haben wir uns aber vor allem in der Defensive stabilisiert. Inzwischen kommen wir mehr über den Kampf. Das haben wir schon zu Saisonbeginn versucht, doch die Umsetzung klappt nun deutlich besser. Natürlich haben auch die Nachverpflichtungen (Felix Götze, Clemens Fandrich, Andreas Wiegel, Luca Wollschläger / d. Red.) nochmal eine enorme Qualität in die Mannschaft gebracht und sich direkt gut eingefügt. Auch für die Stimmung sind diese Spieler sehr wichtig.
Der Saisonverlauf von Rot-Weiss ähnelt Ihrem persönlichen. Von außen wirkt es so, als ob Sie von Spiel zu Spiel stärker werden. In den jüngsten Partien retteten Sie Ihrer Mannschaft mit tollen Paraden zahlreiche Punkte.
Für mich persönlich lief der Start mit 14 Gegentoren in fünf Spielen natürlich auch nicht optimal. Mit jeder guten Aktion wurde ich dann zunehmend selbstbewusster. Und es freut mich, dass ich der Mannschaft speziell in den letzten Spielen helfen konnte.
Nach den vielen Gegentoren zum Saisonstart zweifelte der eine oder andere Beobachter an Ihrer Drittligatauglichkeit. Zuletzt wurden Sie mehrfach mit Sprechchören gefeiert. Wie gehen Sie mit diesen Gefühlswellentälern um?
Grundsätzlich denke ich, dass ich auch zu Saisonbeginn gut gehalten habe. Aber daran erinnert sich nach einem 1:5 gegen Elversberg dann keiner, denn am Ende zählt nur das Resultat. Und da denken die Leute eben mehr an die Momente, wo man entscheidend zum Ergebnis beiträgt. Zum Beispiel an unsere 0:1-Niederlage in Dortmund, wo mir ein schwerer Fehler unterlaufen ist. Oder an meine Paraden im Spiel gegen Saarbrücken, das wir am Ende mit 1:0 gewinnen. Für einen Torwart ist das Fluch und Segen zugleich. Das gehört aber zum Geschäft.
Sie sprechen Ihren Fehler an. Im Spiel gegen die BVB-U23 spielten Sie den Ball dem Dortmunder Stürmer Bradley Fink in die Füße. RWE verlor das Auswärtsspiel mit 0:1. Wie haben Sie es geschafft, sich davon nicht unterkriegen zu lassen?
Ich habe einfach versucht, in Ruhe weiterzuarbeiten. Es gilt in solchen Situationen, den Fokus auf die nächste Situation zu richten und später im Spiel zunächst den einfachen Weg zu wählen. Geholfen hat mir dabei ein Sportpsychologe, mit dem ich schon sehr lange in Kontakt stehe – nicht erst seit dem Dortmund-Spiel. So etwas kann ich jedem Spieler nur empfehlen. Denn der Kopf ist im Fußball wichtiger, als man denkt. Mir hilft es ungemein, eine Person zu haben, mit der ich mich über Themen wie die Spielvorbereitung oder den Umgang mit Fehlern austauschen kann. Zudem ist das Torwart-Team um Raphael Koczor, Felix Wienand und Manuel Lenz absolut intakt. Wir haben richtig Zug im Training. Wenn man eine gute Stimmung hat, ist es nur positiv.
Woran haben Sie konkret in den vergangenen Wochen gearbeitet?
Mein Eindruck ist, dass ich in der Strafraumbeherrschung etwas ruhiger geworden bin. Doch wir versuchen eigentlich, im Torwarttraining immer alles abzudecken. Es macht wirklich sehr viel Spaß. Jeder von uns entwickelt sich stetig weiter.
"Keine Sekunde daran gedacht, den Verein zu wechseln"
Sie haben ja bei Rot-Weiss in den letzten Jahren lange um den Platz im Tor kämpfen müssen. Nach ein paar Einsätzen rückten Sie oft zurück ins zweite Glied. Hatten Sie in dieser Zeit auch mal den Gedanken, den Verein zu wechseln?
Das war keine einfache Zeit. Als junger Torhüter willst du schließlich auf dem Platz stehen. Natürlich denkst du dann auch darüber nach, was du machst. Aber ich habe zu keiner Sekunde daran gedacht, den Verein zu wechseln. Denn ich habe mich in Essen schon immer sehr wohl gefühlt. Zudem hatte ich aufgrund meiner Situation noch mehr Zeit gehabt, an mir zu arbeiten. Dass wir dann das große Ziel Aufstieg erreicht haben, kurz nachdem ich die Nummer eins wurde, war natürlich die Krönung.
Wer sich mit Ihnen unterhält, der kommt um die Frage nach Ihrem Vater nicht herum. Richard Golz bestritt insgesamt 453 Bundesliga-Spiele für den Hamburger SV und den SC Freiburg. Wie intensiv ist der Austausch mit ihm?
Mein Vater wohnt in Hamburg und war schon bei ein paar Saisonspielen zu Gast. Natürlich reden wir dann über gewisse Situationen. Allerdings ist es jetzt nicht so, dass wir uns stundenlang unterhalten. Meistens sind die Gespräche relativ kurz. Und er macht keinen Unterschied zwischen guten und schlechten Spielen. Denn auch nach besseren Partien, findet er genug Situationen, die ihm auch nicht gefallen (lacht).
In Ihrer Jugendzeit beim SC Freiburg und später beim Hamburger waren Sie noch Feldspieler, sind dann erst ab der U17 fest ins Tor gewechselt. Inwieweit hilft Ihnen diese Erfahrung heute?
In den letzten Jahren habe ich auch im Training immer wieder mal im Feld gespielt, wenn mal Personalnot geherrscht hat. Das ist schon ein Vorteil, weil du die Spielsituationen ganz anders einschätzen kannst. Du weißt dann ganz genau, wie sich ein Innenverteidiger in bestimmten Situationen fühlt.
Ihr Vertrag läuft am Ende der Saison aus. Gab es bereits erste Gespräche über eine mögliche Verlängerung?
Zunächst mal geht es darum, dass wir den Klassenerhalt schaffen. Danach können wir dann über alles sprechen. Und wie ich ja bereits gesagt habe, fühle ich mich in Essen sehr wohl.
Was würden Sie vorziehen, falls ein Zweitligist anklopft: In der 3. Liga zu spielen oder bei einem höherklassigen Verein eventuell auf der Bank zu sitzen?
Soweit denke ich noch gar nicht. Aber für einen Torwart ist es natürlich wichtig, zu spielen. Das steht am Ende über allem.
Am Samstag (ab 14 Uhr) steht ein wegweisendes Spiel gegen den FSV Zwickau an. Ihre Mannschaft wird erstmals seit langer Zeit wieder als Favorit in eine Begegnung gehen.
Es wäre schon der erste Fehler, wenn wir mit dieser Einstellung an das Spiel herangehen. Die vergangenen Wochen haben gezeigt, dass in der 3. Liga wirklich jeder jeden schlagen kann. Ich erwarte eine umkämpfte Partie.