Restrunden-Check #3: Verl, Duisburg, Osnabrück, Dresden
In wenigen Tagen ist sie endlich vorbei, die längste Winterpause der Geschichte. Bevor es nach neun Wochen weitergeht, unterzieht liga3-online.de alle Teams dem großen Check. Im dritten Teil blicken wir auf vier Mannschaften aus dem Mittelfeld, die ihren Ambitionen zum Teil hinterherlaufen.
Sportliche Lage: Etwas eigenwillig mögen die Verler manchmal schon daherkommen, wenn sie im vergangenen Sommer – ohne die Not eines Abstiegs – gut 20 neue Spieler verpflichteten und darauf hoffen, dass das alles nach Wunsch zusammenwächst. Nun bestehen die Ostwestfalen aus etlichen Talenten (23,3 Jahre Altersschnitt) und haben ein ziemlich ruhiges Umfeld, in dem diese Mischung unter Anleitung von Trainer Michél Kniat tatsächlich funktioniert. Dabei sah es nach sieben Spieltagen und nur vier Punkten noch nach einem ziemlich schwierigen dritten Jahr in der 3. Liga aus. Es folgte ein Schnitt von 1,8 Zählern bis zum Jahresende, Verl punktete wie eine Topmannschaft. Und das einmal mehr, weil das Kollektiv funktioniert. Nun hofft der SCV darauf, in der Rückrunde in die dann umgebaute und den Drittliga-Anforderungen entsprechende heimische Sportclub-Arena zurückkehren zu können.
Transfers: Der Abgang von Toptorschütze Cyrill Akono (vier Tore) zur BVB-Reserve war eine Nachricht mit Wucht, brachte aber immerhin eine Ablösesumme ein. Auch die perspektivlosen Wladimir Wagner (SV Lippstadt) und Dominik Klann (Rot Weiss Ahlen) sind abgegeben worden. Übrig sind noch 29 Spieler, von denen einige weitere Youngster ebenso gehen dürfen wie Aaron Berzel, der seit Monaten nicht für den Kader nominiert worden ist. Auf Seiten der Zugänge bahnt sich die Verpflichtung von Dresdens Oliver Batista-Meier an, der bis zum Saisonende ausgeliehen werden soll.
Vorbereitung: Verl trainiert seit dem Nikolaustag wieder und testete vor dem Jahreswechsel gegen Schalke 04 II (1:1), Osnabrück (2:1) und Bundesligist VfL Bochum, den die Ostwestfalen mit einem 2:0-Sieg schockten. Auf den Abschluss gegen De Graafschap (1:5) folgte die Generalprobe gegen Arminia Bielefeld (1:1).
Prognose: Wahrscheinlich werden sowohl Essen als auch die BVB-Reserve Verl noch kassieren. Doch gegenüber dem Sextett im Tabellenkeller hat der Sportclub sechs Zähler Vorsprung plus die Vorteile, die das beschauliche Umfeld und die festen Vereinsstrukturen mit sich bringen. Die "Top 15" sollte Verl in diesem Jahr erreichen können.
Sportliche Lage: Das Jahr läuft bislang besser als das vergangene, na immerhin. Eine wirkliche Perspektive lässt sich daraus allerdings nicht ableiten, denn wie soll sich ein gigantisches Schiff wie der MSV Duisburg durch den Drittliga-Fluss zwängen? Irgendwie muss es gehen, denn der Elfte bewegt sich jenseits von Gut und Böse. Er erweckte bis dato rundum den Eindruck, in dieser Saison deutlich zu gut für das Horrorszenario Abstieg zu sein, aber eben auch viel zu schwach für ernsthafte Aufstiegsambitionen, von denen nach dem schlimmen Vorjahr ohnehin keiner mehr sprach. Problematisch ist auch unter Trainer Torsten Ziegner die große Abhängigkeit vom nun 36-jährigen Moritz Stoppelkamp, der auf elf Scorerpunkte kommt – nach ihm folgt Kolja Pusch mit vier Torbeteiligungen. Verteidiger Sebastian Mai stabilisiert die Abwehr spürbar, der 18-jährige Baran Mogultay hat als Linksverteidiger das Zeug zum Shootingstar.
Transfers: Geplant war beim MSV zuletzt nichts, ein Vorgriff auf die neue Saison ist nicht auszuschließen. Nach Rückkehr aller Langzeitverletzter umfasst der Kader 29 Akteure, von denen längst nicht jeder regelmäßige Einsatzzeit bekommen wird. Linksaußen Gordon Wild und Linksverteidiger Leroy Kwadwo sind Kandidaten für eine Trennung, Vincent Gembalies steht schon seit der Sommerpause auf der Streichliste.
Vorbereitung: Im Dezember testeten die Zebras gegen Arnheim (2:1), den VfB Oldenburg (2:3) und Sittard (1:1). Zum Abschluss gab es einen deutlichen Sieg gegen den in die fünfte Liga abgerutschten KFC Uerdingen (6:0) und eine klare Niederlage gegen Zweitligist SC Paderborn (0:4). Auch das zeigte den Stand bei den Zebras nochmal deutlich.
Prognose: Auch wenn der MSV gerne schon einige Punkte mehr auf dem Konto hätte, allein die dürftige Offensivleistung (19 Tore) gibt wenig Anlass, bei gleichem Personal auf eine Leistungsexplosion zu hoffen. Immerhin sollte es sich doch dieses Jahr ganz ohne Abstiegskrimi ausgehen. Doch will Duisburg wirklich bis 2025 in die 2. Liga, sollte eine spürbare Weiterentwicklung einsetzen. Platz 9 bis 12.
Sportliche Lage: Es ist aus Sicht des VfL Osnabrück im Winter angenehm ruhig gewesen. Woran das versöhnliche Jahresende mit einem 3:0-Derbysieg in Meppen einen wesentlichen Anteil hatte – zuvor stolperten die Lila-Weißen lange durch die Saison. Selbst das stets zahlreiche und laute Publikum brachte ein Team, das nominell Kandidat fürs obere Drittel sein müsste, nicht dauerhaft in Tritt. Womöglich spielte auch der frühe Trainerwechsel von Daniel Scherning (abgeworben von Arminia Bielefeld) hin zu Tobias Schweinsteiger eine Rolle. Schweinsteiger passt aber gut zu den Niedersachsen, identifiziert sich beim Debüt als Cheftrainer im Profibereich sehr mit Mannschaft und Umfeld. Er erweckt das, was längst nicht alle Fußballlehrer auf natürliche Art und Weise können: ein gutes Bauchgefühl.
Transfers: Schweinsteiger ist mit seiner Mannschaft zufrieden und fordert keine Neuen, möglich wäre aber eine Ergänzung im Abwehrzentrum. Leihweise zu Viertligist Lohne gegangen ist Talent Jannik Zahmel, schwer haben es auch Davide Itter und Sören Bertram.
Vorbereitung: Highlight war sicherlich das 2:2-Remis gegen Schalke 04 vor 12.000 Zuschauern kurz vor Heiligabend, dazu testete der VfL gegen Viertligist Lohne (2:0), den SC Paderborn (2:1), den SC Verl (1:2) und als Generalprobe am Samstag gegen Holstein Kiel (3:5).
Prognose: Mit 23 Punkten ist die viertbeste Offensive der 3. Liga nicht gut bedient. Schafft es der VfL zu einer gesunden Balance, geht es noch ein Stück aufwärts – der Zug nach ganz oben ist aber abgefahren. Platz 7 bis 9.
Sportliche Lage: Was passiert in einer Liga mit vier, fünf selbsternannten oder von Experten heiß gehandelten Aufstiegskandidaten? Richtig, der eine oder andere muss zwangsläufig stolpern. Und so ist es, Stand Januar 2023, auch bei Dynamo Dresden, wo eine doch sehr namhafte Mannschaft im gesamten Herbst nie nachhaltig ins Rollen kam. Für fast 1.000 Spiele Zweitliga-Erfahrung, die im mit Spielern wie Manuel Schäffler, Stefan Kutschke und Tim Knipping besetzten Kader stecken, ist eine ausgeglichene Bilanz (sechs Siege, fünf Remis, sechs Niederlagen) viel zu wenig, für Trainer Markus Anfang ebenfalls. Stets blieb ein Gefühl, dass dieses Kollektiv nicht in der Lage ist, gemeinsam das Maximum abzurufen. Lange darf das in der Rückrunde so nicht weitergehen, sonst wird das Umfeld sein Übriges dazutun – und es an der Elbe richtig unruhig werden.
Transfers: Mit Jakob Lemmer haben die Sachsen am Mittwoch ihren ersten Winter-Transfer präsentiert. Der 22-jährige Offensivspieler kommt als Topscorer von Viertligist Kickers Offenbach nach Elbflorenz und soll die Offensive ankurbeln. Oliver Batista-Meier steht dagegen vor einem Wechsel zu Liga-Konkurrent Verl, auch Jan Shcherbakovski steht auf der Streichliste.
Vorbereitung: In einem zehntägigen Trainingslager in Belek testete Dynamo gegen die Südafrikaner von TS Galaxy (2:1) und gegen Sampdoria Genua aus der Serie A (2:2). Wieder daheim, ging es Anfang Januar noch gegen Ligarivale Zwickau (3:0) und das polnische Miedz Legnica (5:0). Die Frühform scheint also gut, Anfang sprach zuletzt davon, jetzt eine Struktur gefunden zu haben.
Prognose: Auch wenn der Rückstand zum Relegationsplatz bereits acht Punkte beträgt, Rang zwei sogar bereits zehn Zähler entfernt ist und die Leistungen vor der Winterpause nicht wirklich ansprechend waren: Es wäre ein Fehler, Dynamo im Rennen um den Aufstieg schon abzuschreiben. Zum einen sind noch 21 Spieltage zu absolvieren, zum anderen verfügt der Kader fraglos über die Qualität, ganz oben mitzuspielen. Bekommt Anfang das Potenzial im neuen Jahr abgerufen, spielt Dynamo zumindest noch um die Relegation mit. Platz 3 bis 6.