Drittliga-Rückkehr steht kurz vor: Lübeck fast außer Konkurrenz
Mit dem Verzicht auf einen Drittliga-Zulassungsantrag seitens der HSV-Reserve konnte der Sekt beim VfB Lübeck bereits kaltgestellt werden: Die Rückkehr zwei Jahre nach dem ersten, kurzen Intermezzo kann kaum noch schiefgehen. Nun will der VfB Lehren aus dem ziehen, was ihm in der Saison 2020/21 widerfuhr. Und seinen Fans endlich Profifußball schenken.
13 Punkte Vorsprung
Auch wenn der VfB Lübeck durch die vergangenen Wochen und Monate einen konstanten Vorsprung auf seinen ärgsten Verfolger aus Hamburg trug: So ganz sicher durfte er sich bis zuletzt nicht sein, dafür genügte das Polster nicht. Seit aber letzte Woche klar wurde, dass der HSV seine Talentemannschaft nicht für die 3. Liga melden will, ist schlagartig das Feuer im Aufstiegskampf erloschen: Statt vier Punkten sind es nun 13 Punkte zum Vierten Hannover II – der einzigen Mannschaft, die neben den Lübeckern selbst einen Zulassungsantrag für den Aufstiegsfall abgegeben hatte. "Freifahrtschein für den Aufstieg", titelten die "Lübecker Nachrichten" daraufhin.
Und tatsächlich: Bei noch elf zu absolvierenden Spielen und gemessen an den doch wechselhaften Leistungen der 96er im Saisonverlauf dürfen die Pläne für den Profifußball in der Hansestadt nun aus den Schubladen geholt werden. Ist der VfB nun bereit für den zweiten, möglichst längeren Anlauf auf nationaler Ebene? Zugegeben: Das Risiko ist im Norden geringer als in anderen Staffeln wie dem Südwesten, Nordosten oder Westen.
Finanzen: Auf den VfB wartet "harte Arbeit"
Denn die Anzahl an aufstiegswilligen Klubs ist, das zeigte diese Saison eindrücklich, gering – erst mögliche Abstiege von Meppen und Oldenburg würden den Konkurrenzkampf wieder erhöhen. Infrastrukturell hat der VfB schon ein gutes Stück nachgebessert, eine verpflichtende Rasenheizung wurde 2021 angeschafft. Über weitere Modernisierungen des charmanten, aber in die Jahre kommenden Lohmühlenstadions wird nachgedacht.
Und finanziell? "Wir haben eine aus unserer Sicht realistische Planung aufgestellt. Um dem DFB aber die dafür benötigten Einnahmen, insbesondere im Sponsoringbereich, auch nachweisen zu können, wird auch in den kommenden Wochen und Monaten noch harte Arbeit erforderlich sein. Wir sind aber sehr zuversichtlich, dass wir auch diese Hürden nehmen werden", ließ sich Finanzvorständin Daniela Wedemeyer kürzlich in der Zeitung zitieren. Dass der VfB als Aufsteiger mit eher wenig Geld Großes Erreichen muss, liegt auf der Hand, denn weder die Sponsorenlandschaft noch die Zuschauerkraft ist abnormal hoch. Aber immerhin: Aktuell pilgern im Schnitt rund 3.500 Fans pro Viertliga-Heimspiel in den Lübecker Nordwesten. Eine deutliche Steigerung wäre ab Sommer erwartbar, wenn die großen Traditionsklubs doch eher beschauliche Namen wie Rehden, Ottensen und Jeddeloh ersetzen.
Eine Genugtuung für die Lübecker Fans
Für die Fans wäre die Rückkehr in die 3. Liga eine pure Genugtuung. Denn sie erlebten vor fast drei Jahren das, was keinem Verein gewünscht werden kann: Schon der Aufstieg fand in der schwersten Phase der Corona-Pandemie statt, Zuschauer wurden aus dem alterehrwürdigen Stadion an der Lohmühle verbannt. Und auch die gesamte Folgesaison, in der der wacker kämpfende Aufsteiger jeden Fan bitter gebraucht hätte, war eine von Geisterspielen geprägte. So still, wie die Lübecker mit ihrer durchaus stimmungsvollen Fanszene in die Liga kamen, so still gingen sie auch wieder, als an einem Montagabend im Mai mit einer 1:2-Niederlage gegen Zwickau der direkte Wiederabstieg feststand.
Kurz darauf verließ auch der damalige Aufstiegstrainer Rolf Landerl nach fünf unter dem Strich sehr erfolgreichen Jahren die Lohmühle. Sein Nachfolger, Lukas Pfeiffer, ist das letzte Puzzlestück des derzeitigen Erfolgs. Er übernahm im Sommer 2021 im Alter von 30 Jahren, war zuvor schon Co-Trainer. Sieben Jahre zuvor schmiss er einst eine Pilotenausbildung hin, weil er unbedingt in der Fußballbranche arbeiten wollte. "Dass ich unter Druck häufig einen kühlen Kopf bewahre, ist – denke ich – auch ein Ergebnis meiner Ausbildungszeit als Pilot", sagte er im Oktober in einem Porträt bei fussball.de. Schon da hatte sich abgezeichnet, dass der VfB Lübeck ein Rückflugticket in die 3. Liga buchen würde. Nun rückt das Boarding immer näher – mit Pfeiffer im Cockpit.