Pure Extase an der Bremer Brücke: "Einfach geisteskrank und geil"
Sie bebte, die Bremer Brücke, als der VfL Osnabrück am Sonntag in der sechsten Minute der Nachspielzeit per Elfmeter den 4:3-Siegtreffer gegen den FSV Zwickau erzielte. Torschütze Ba-Muaka Simakala ließ alles raus, selbst Trainer Tobias Schweinsteiger rannte nach dem vierten Sieg in Folge völlig losgelöst auf den Platz – aber aus einem anderem Grund.
Eskalation in der Nachspielzeit
Ba-Muaka Simakala legte sich den Ball zurecht, atmete tief durch, lief an – und verwandelte unten links! Während das Stadion explodierte, riss sich der 26-Jährige das Trikot vom Leib, sprang auf eine Bande und ließ sich von der tosenden Menge feiern. "Was für eine Achterbahnfahrt", konnte er es nach Spielende noch nicht so recht fassen. "Einfach geisteskrank und geil. Was die Fans abliefern, ist überwältigend." Sah auch Sven Köhler so: "Die Stimmung am Ende, das Ding ist hier fast geplatzt. Da habe ich keine Worte für." Für Simakala war es derweil der erste Dreierpack seiner Profikarriere, nachdem er auch das 1:0 und 3:2 erzielt hatte. "Darauf bin ich stolz." So ausgelassen er den Siegtreffer in der Nachspielzeit feierte, so nüchtern präsentierte er sich im Anschluss in den Interviews und sagte etwa über das Tor zum 4:3: "Ich habe ihn ausgeguckt, und dann war er drin." Der Sieg fühle sich aber "sehr gut" an, gab er zu Protokoll. "Was gibt es besseres?"
Auch Trainer Tobias Schweinsteiger war nach Spielende schon wieder abgekühlt, nachdem er mit dem Schlusspfiff in Vollsprint auf den Platz gelaufen war. Allerdings nicht nur aus Jubel, sondern noch aus einem anderen Grund, wie er auf der Pressekonferenz erklärte: "Eigentlich musste ich auf die Toilette. Aber dann kam Flo Kleinhansl an. Und wenn ich einen umarme, sollte ich alle umarmen. Nach diesem Spiel mussten die Emotionen natürlich raus."
"Fünf Minuten durchgeschrien"
Dabei sah es Mitte der ersten Halbzeit nicht unbedingt danach aus, als würde der VfL als Sieger vom Platz gehen. Denn nach der frühen Führung (6.) drehten die Schwäne die Partie (21. / 32.) und hätten zur Pause durchaus auch 3:1 oder 4:1 vorne liegen können. "Zwischen der 10. und 35. Minute haben wir richtig schlechten Fußball gespielt", fand Schweinsteiger deutliche Worte. "Wir haben es viel zu kompliziert gespielt, den Ball zu lange am Fuß gehabt und nur reagiert." Die Folge: "Es war das erste Mal, dass ich in der Pause fünf Minuten durchgeschrien habe." Die Ansprache zeigte die erhoffte Wirkung, denn nach dem Seitenwechsel sei der VfL "mit seinem ganz anderen Gesicht" aufgetreten und habe den Fußball gespielt, "für den wir stehen wollen".
Über Tesche (55.) und Simakala (86.) drehte Osnabrück die Partie, ehe Zwickau in der 89. Minute erneut zum Ausgleich kam und die Bremer Brücke kurzzeitig verstummen ließ. "Danach hat man schon ein bisschen an ein Unentschieden gedacht, aber wir wussten, dass es noch etwas Nachspielzeit geben wird. Und wir wussten auch, dass wir mehr Power haben. Das haben wir am Ende auch gezeigt." Gleichwohl war auch Glück dabei, schließlich waren die Elfmeter, die zum 1:0 und 4:3 führten, höchst umstritten. Absichtliche Handspiele waren in beiden Szenen nicht zu erkennen, was die Schwäne mächtig auf die Palme brachte. "Nach der ersten Zeitlupe hätte ich gesagt, dass man Elfmeter pfeifen kann, aber wenn ich mir das jetzt nochmal anschaue, muss ich sagen, dass es keine Elfmeter waren", gab Schweinsteiger zu. "Da hatten wir Glück."
"Brauche ich nicht jeden Tag"
Aber auch einen Simakala, der vom Trainer ein Sonderlob bekam: "Er kämpft für das Team und geht über Schmerzen." Doch so groß die Freude über den Sieg auch war: "So eine Achterbahnfahrt brauche ich auch nicht jeden Tag", musste Schweinsteiger erstmal durchatmen. "Wir haben es unnötig spannend gemacht. Ich muss das jetzt erstmal verarbeiten." Entsprechend gab er seiner Mannschaft gleich drei Tage frei, da es erst am kommenden Montag beim SC Verl weitergeht.
Dann wollen die Niedersachsen erneut drei Punkte einfahren, um ganz oben dabei zu bleiben. Nur noch ein Punkt liegt der VfL hinter Rang 4, doch vom Aufstieg will Schweinsteiger weiterhin nicht sprechen: "Nach dem Hinspiel waren wir 15. in der Tabelle, jetzt sind wir oben auf der Party angekommen und freuen uns, dass wir auf der Party teilnehmen können." Damit lieferte der VfL-Coach auch das Motto für den restlichen Abend: "Full Party" sei nun angesagt, wie Simakala ankündigte, ehe er sich zum Feiern in die Kabine verabschiedete.