Strittige Szenen am 35. Spieltag: Die Analyse von Babak Rafati

Das Tor für Mannheim, das 1:1 und der Strafstoß für Zwickau, die nicht gegebenen Treffer für Duisburg, die verwehrten Elfmeter für Dresden, Halle und Essen sowie der Strafstoß für Saarbrücken. Am 35. Spieltag hat sich Ex-FIFA-Schiedsrichter Babak Rafati für liga3-online.de neun strittige Szenen genauer angeschaut.

Hintergrund: Babak Rafati war viele Jahre Bundesliga- & FIFA-Schiedsrichter. Insgesamt leitete der heute 52-Jährige 84 Erst-, 102 Zweit-, 13 Drittliga- und zahlreiche internationale Spiele. Exklusiv für liga3-online.de analysiert der erfahrene Schiedsrichter seit März 2015 jeden Spieltag die strittigen Szenen, die durch die Redaktion im Vorfeld ausgewählt werden. Zudem ist er Kolumnist und TV-Experte für Bundesliga-Spiele. Im Hauptberuf arbeitet Rafati heute als Mentalcoach für Profifußballer und Manager und ist ein viel gefragter Referent in der freien Wirtschaft, unter anderem bei DAX-Unternehmen zum Thema Stressmanagement und Motivation. Mehr Infos unter babak-rafati.de.

Szene 1: Im Strafraum wird Adam Susac (Zwickau) von Marc Schnatterer (Mannheim) gefoult, dennoch gibt Schiedsrichter Martin Speckner Ecke, aus der das 1:0 für Mannheim fällt. [TV-Bilder – ab Minute 0:35]

Babak Rafati: Bei einem Zweikampf stellt Schnatterer seinem Gegenspieler Susac klar ein Bein und bringt ihn dadurch zu Fall – das ist somit ein Foulspiel. Der Schiedsrichter wird das Vergehen von Schnatterer womöglich nicht gesehen haben, weil er auf den ballführenden Mannheimer achtet, der circa 3 bis 4 Meter von diesem Zweikampf entfernt steht. Es hätte somit einen Freistoß für Zwickau geben müssen, anstatt einer Ecke, die anschließend zu einem Torerfolg für Mannheim führt. Eine Fehlentscheidung, das Foulspiel zuvor nicht zu ahnden und den anschließenden Treffer anzuerkennen.

Szene 2: Marten Winkler (Mannheim) geht im Mittelfeld bei einem Duell mit Leonhard von Schroetter (Zwickau) zu Fall, das Spiel läuft weiter. Aus dem Angriff entsteht das 1:1. [TV-Bilder – ab Minute 1:45]

Babak Rafati: Auch wenn von Schroetter im Mittelfeld mit dem rechten Fuß zuerst den Ball spielt, trifft er unmittelbar danach mit dem linken Fuß seinen Gegenspieler Winkler offensichtlich und klar am Bein und bringt ihn dadurch zu Fall. Das Reinspringen von von Schroetter ist somit ein Foulspiel, weil Winkler erst gar nicht die Chance erhält, an den Ball zu kommen und ausgestoppt wird, so dass dieses Vergehen hätte geahndet werden müssen und der anschließende Treffer nicht hätte zählen dürfen. Bei dieser Szene kann man nicht mehr davon sprechen, dass der Fußtreffer im Kampf um den Ball oder im natürlichen Bewegungsablauf ist passiert. Somit liegt eine Fehlentscheidung vor, das Foulspiel zuvor nicht zu pfeifen.

Szene 3: Im Strafraum geht Noel Eichinger (Zwickau) gegen Fridolin Wagner (Mannheim) zu Boden, Speckner gibt Elfmeter für Zwickau. [TV-Bilder – ab Minute 2:40]

Babak Rafati: Bei diesem Zweikampf führt Eichinger im Strafraum den Ball am Fuß. Dabei kommt Wagner von hinten, grätscht und trifft Ball und Gegner. Er trifft allerdings zuerst Eichinger in die Beine. Erst unmittelbar danach spielt er den Ball, sodass in dieser Szene ein Foulspiel vorliegt. Von einer Ballorientierung kann somit nicht mehr die Rede sein, da durch den Treffer in die Beine erst ermöglicht wird, den Ball zu spielen. Somit ist die Elfmeterentscheidung richtig.

 

Szene 4: Joshua Bitter (Duisburg) trifft aus 16 Metern zum 1:0, allerdings entscheidet Schiedsrichter Timo Gansloweit beim Zuspiel auf Girth auf Abseits und gibt den Treffer nicht. [TV-Bilder – ab Minute 33:40]

Babak Rafati: Zum Zeitpunkt des Zuspiels auf Girth steht dieser knapp im Abseits. Das kann man sehr gut an der Strafraumlinie erkennen. Nichtsdestotrotz ein großes Lob für den Assistenten, diese knappe Abseitsposition gleich zu Beginn des Spiels (3. Minute) zu sehen. Somit eine richtige Entscheidung, den anschließenden Treffer wegen einer Abseitsposition nicht zu geben.

Szene 5: Im Anschluss an eine Ecke bringt Marvin Senger (Duisburg) den Ball auf das Tor, Aue-Keeper Martin Männel schlägt das Spielgerät raus. Duisburg reklamiert, dass der Ball bereits hinter den Linie gewesen sei. Gansloweit gibt den Treffer aber nicht. [TV-Bilder – ab Minute 50:10]

Babak Rafati: Ob der Ball die Torlinie mit vollem Umfang überschreitet, ist anhand der vorliegenden TV-Bilder nicht zweifelsfrei aufzulösen, sodass man die Entscheidung des Schiedsrichterteams akzeptieren sollte. Tendenziell bin ich auch beim Schiedsrichterteam.

 

Szene 6: Im Strafraum geht Stefan Kutschke (Dresden) im Duell mit Bjarke Jacobsen (Wiesbaden) zu Fall, Schiedsrichter Benjamin Cortus entscheidet auf Vorteil. [TV-Bilder – ab Minute 0:20]

Babak Rafati: Jacobsen spielt im Strafraum klar den Ball, sodass erst überhaupt kein Foulspiel gegen Kutschke vorliegt. Der Schiedsrichter signalisiert durch seine Gestik auch sofort, dass der Ball gespielt wurde. Eine richtige Entscheidung, weiterspielen zu lassen.

 

Szene 7: Auf dem Weg zum Tor geht Tom Zimmerschied (Halle) im Strafraum gegen Tobias Schröck (Ingolstadt) zu Fall. Einen Elfmeter gibt Schiedsrichter Mario Hildenbrand nicht. [TV-Bilder – ab Minute 1:49:40]

Babak Rafati: Bei diesem Zweikampf im Strafraum spielt Schröck erst den Ball, und erst danach kommt Zimmerschied über das Bein von Schröck, mit dem er kurz zuvor den Ball gespielt hat, zu Fall. Somit liegt kein Foulspiel vor. Eine richtige Entscheidung, weiterspielen zu lassen.

 

Szene 8: Einen Schuss von Isaiah Young (Essen) bekommt Max Dombrowka (Meppen) im Strafraum möglicherweise an den Oberarm, auf den Punkt zeigt Schiedsrichter Michael Bacher nicht. [TV-Bilder – ab Minute 25:45]

Babak Rafati: Einen Schuss von Young bekommt Dombrowka aus kurzer Distanz an den Oberarm geschossen. Allerdings ist der Oberarm am Körper angelegt, sodass keine Absicht vorliegt. Zudem ist der Arm in natürlicher Haltung und wird nicht etwa zur Vergrößerung der Körperfläche eingesetzt. Eine richtige Entscheidung, weiterspielen zu lassen. Zudem eine gute Außendarstellung des Schiedsrichters, indem er für alle Beteiligten signalisiert, den Vorgang gesehen zu haben, aber eben nicht als ahndungswürdig zu werten. Das schafft Akzeptanz und somit mehr Glaubwürdigkeit.

 

Szene 9: Im Mittelfeld bekommt Marvin Cuni (Saarbrücken) den Ball nach einem Kopfball von Nico Knystock (Oldenburg) an den Arm, das Spiel läuft weiter. Kurz danach geht Kasim Rabihic (Saarbrücken) im Strafraum gegen Adetula (Oldenburg) zu Fall. Schiedsrichter Steven Greif gibt Elfmeter für den FCS. [TV-Bilder – ab Minute 1:56:50]

Babak Rafati: Cuni bekommt im Mittelfeld zwar den Ball nach einem Kopfball von Knystock an den Arm, allerdings kommt der Ball aus kurzer Entfernung angeflogen und zudem ist der Arm in natürlicher Haltung, sodass keine Absicht vorliegt und das Handspiel daher nicht strafbar ist.

Anschließend kommt es im Strafraum zu einem Zweikampf. Rabihic umspielt im Strafraum Gegenspieler Adetula. Dieser will zwar zum Ball, verpasst das Spielgerät aber. Dadurch kommt der Angreifer über das ausgestreckte Bein des Verteidigers zu Fall. Das ist ein Foulspiel, sodass eine richtige Entscheidung vorliegt, einen Elfmeter zu verhängen.

 

Weiterlesen: Wer bislang am häufigsten benachteiligt wurde

   

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