"Bin nicht der Prügelknabe": Droht Neidhart das Aus?

Bei Waldhof Mannheim herrscht nach dem 1:3 gegen den VfB Oldenburg Alarmstufe Rot. In einer emotionalen Brandrede machte Trainer Christian Neidhart seinem Ärger über die schlechte Stimmung gegen seine Person Luft und beklagte, sich alleingelassen zu fühlen. Ob der 54-Jährige auch weiterhin Trainer bleibt, scheint offen. Am Sonntag soll es zu einer Krisensitzung kommen.

"Man hat sich auf mich eingeschossen"

Sie waren unüberhörbar, die "Neidhart-raus"-Rufe nach Spielende. Dass der Waldhof auch das zweite Spiel in Folge gegen einen Abstiegskandidaten verloren hat, nun bei sechs Niederlagen aus den letzten neun Spielen steht und endgültig keine Chance mehr auf den Aufstieg und den DFB-Pokal hat, machten die Fans vor allem am Trainer fest, was dieser nicht nachvollziehen konnte. Zwar sei er verantwortlich für die Leistung der Mannschaft, dennoch sei es "sehr enttäuschend, wenn im heimischen Stadion die Leute meinen Rauswurf fordern". Versuchte sich der gebürtige Braunschweiger während der Pressekonferenz noch zu beherrschen, setzte er anschließend zu einer Brandrede an. "Das schüttele ich nicht so eiskalt ab. Das beschäftigt mich. Das ist auch die ganze Saison schon so. Es kam nie wirklich Ruhe rein", wird Neidhart in der "Rhein-Neckar-Zeitung" zitiert. Eine solche negative Stimmung habe er während seiner Trainer-Laufbahn noch nicht erlebt. "Man hat sich auf mich eingeschossen. Ich muss jetzt für die Ziele den Kopf hinhalten, und nach solchen Spielen siehst du, dass die Ziele nicht realistisch sind."

Öffentlich beklagt Neidhart, sich vom Verein alleingelassen zu fühlen. "Ja, mich und Sportdirektor Tim Schork. Man sieht, dass an solchen Tagen niemand da ist, der auch mal ins gesamte Umfeld Ruhe reinbringt. Viele Sachen passieren hinter dem Rücken. Eigentlich wünscht man uns die Pest an den Hals und nicht den Erfolg." Das merke er schon über längere Zeit. Man müsse ja nur mal schauen, wie die Unruhe auf Social-Media in Bezug auf seine Person sei. "Wenn hier eine Gießkanne umfällt, bin ich daran schuld. Wenn Russo geht, bin ich Schuld. Wenn ein Torwart geholt wird, heißt es, warum verpflichten wir nicht einen Stürmer."

Krisensitzung am Sonntag

Neidhart spricht von einer "permanenten Unruhe", die schon seit der ersten Niederlage gegen Elversberg vorherrsche." Doch er könne nicht "für alles den Kopf hinhalten" und werde nicht der Prügelknabe sein. Es brauche nun Antworten vom Verein. "Es geht um das Gesamtpaket. Wo stehst du vom Ranking her in Sachen Etat? Man kann immer sagen, ich will aufsteigen. Aber ich muss da alles dafür tun. Wir haben es sportlich nicht hingekriegt, und über das andere bin ich nicht der erste Trainer, der sich darüber beschwert." Gemeint ist die Infrastruktur. "Vielleicht muss man sich zusammensetzen und eine Lösung finden." Ob Neidhart ein Teil dieser Lösung sein wird, scheint offen. Seine Worte lassen durchaus Raum für Spekulationen: "Es muss ja auch für uns Trainer Spaß machen für einen Verein zu arbeiten. Leider spüre ich diese Rückendeckung nicht. Das hat nichts mit heute zu tun. Ich selbst habe mir natürlich auch schon Gedanken gemacht."

Und welche Gedanken hat die Vereinsführung? Das könnte sich schon am heutigen Sonntag zeigen. Denn wie der "Mannheimer Morgen" berichtet, wird Präsident Bernd Beetz am Vormittag mit einer Privatmaschine aus Paris nach Mannheim fliegen. Demnach soll es eine Krisensitzung geben, auf der auch Neidharts Zukunft diskutiert werden soll. Dem Blatt zufolge würden sich die Anzeichen verdichten, dass es zu einer sofortigen Trennung vom 54-Jährigen kommen könnte. Dabei hatte er zusammen mit Schork zuletzt bereits begonnen, die neue Saison zu planen.

Seegert im Tor, Höger feiert Comeback

Doch vor allem der Auftritt in der ersten Halbzeit gab zu denken, lieferte der Waldhof doch eine erschreckend schwache Vorstellung ab, zeigte keinen Willen und hatte Glück, dass es zur Pause nur 0:2 stand. "Das war von allen zu wenig", übte Neidhart deutliche Kritik. Über Adrian Malachowski (61.) kam Mannheim zwar nochmal ran, kassierte aber fast im direkten Gegenzug das 1:3 und vergab anschließend mehrere Hochkaräter. Kurios zudem: Weil sich Torhüter Jan-Christoph Bartels in der 78. Minute bei einem Zusammenprall verletzte und benommen vom Platz musste, Mannheim aber schon fünfmal gewechselt hatte, ging mit Marcel Seegert ein Feldspieler ins Tor. Der Kapitän löste die Aufgabe souverän und fing unter anderem einen Eckball ab. "Ich war bis zur F-Jugend Torwart. Ich bleibe gerne mit unseren Torhütern draußen, und wir üben ein paar seitliche Abstöße und abfangen. Das war jetzt aus der Not heraus", sagte er bei "MagentaSport". Neben Bartels verletzte sich zudem auch Marc Schnatterer. Ob der Routinier in den beiden verbleibenden Partien vor seinem Karriereende nochmal für den SVW auflaufen kann, scheint fraglich.

Trotz der Niederlage gab es aber auch einen Lichtblick: Marco Höger stand erstmals nach seinem im September erlittenen Kreuzbandriss wieder auf dem Platz. "Es hat sich gut angefühlt, nach der langen Leidenszeit und der Reha, die sehr anstrengend war. Ich wollte es mir beweisen, dass ich es nochmal schaffe." Knapp eine halbe Stunde durfte der Routinier am Samstag mitwirken. "Ich wollte unbedingt nochmal einen Einsatz bekommen – auch, wenn ich mir natürlich ein anderes Ergebnis gewünscht hätte. Grundsätzlich kriegen wir zu viele einfache Gegentore." Insgesamt schlug es bereits 61 Mal ein – nur die beiden Absteiger Zwickau und Bayreuth mussten mehr Treffer hinnehmen. "Das ist zu wenig für unsere Ansprüche und unsere Zielsetzung." Führen die verpassten Ziele nun dazu, dass Neidhart gehen muss?

Update: Neidhart bleibt beim Waldhof im Amt

 

   

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