Vier Gründe für den direkten Wiederabstieg der SpVgg Bayreuth
32 Jahre lang kämpfte die SpVgg Bayreuth um die Rückkehr in den Profifußball, nun ist das Abenteuer 3. Liga nach nur einer Saison schon wieder beendet. liga3-online.de nennt die Gründe dafür.
Grund 1: Kader wurde überschätzt
Fast nach Belieben hatte die SpVgg Bayreuth die Regionalliga Bayern in der Saison 2021/22 dominiert: 93 Punkte, 30 Siege, 103 Tore und nur 39 Gegentore sprachen eine beeindruckende Sprache. Problem jedoch: Die Verantwortlichen ließen sich von den Zahlen zu sehr blenden und waren davon ausgegangen, dass der Kader in der 3. Liga mithalten könnte. Ein großer Trugschluss. Denn anstatt die Mannschaft in allen Mannschaftsteilen zu verstärken, setzte die Spielvereinigung überwiegend auf den Regionalliga-Kader und dabei sogar auf Spieler, die nicht mal in der 4. Liga zu den Stammspielern gehörten. Dazu zählten unter anderem Patrick Weimar und Lucas Chrubasik, deren Verträge noch im Winter wieder aufgelöst wurden, nachdem sie sich wenig überraschend nicht durchsetzen konnten.
Auf Seiten der Neuzugänge gelang mit Eroll Zejnullahu lediglich ein echter Volltreffer, auch die im Winter nachverpflichteten Agyemang Diawusie und Jann George blieben dagegen deutlich hinter den Erwartungen. Ein weiterer Beleg dafür, dass der Kader letztlich nicht drittligatauglich war, ist auch die Torstatistik: 36 Treffer bedeuten den schwächsten Angriff, 77 Gegentore die schwächste Defensive.
Grund 2: Infrastruktur nicht drittligatauglich
Auch wenn das Hans-Walter-Wild-Stadion den Anforderungen des Profifußballs nach einigen Modernisierungen im Sommer durchaus entsprach: alles andere darum war nicht drittligatauglich. Über ein Trainingsgelände mit dauerhaft nutzbaren Rasenplätzen verfügten die Oberfranken nicht, stattdessen mussten die Bayreuther im Winter immer wieder auf Plätze von anderen Vereinen ausweichen.
Dass Amateurvereine bessere Bedingungen vorweisen konnten als ein Klub, der in der 3. Liga spielt, ist ein Armutszeugnis. Im Winter konnte teilweise sogar nur in Turnhallen trainiert werden, wie der "Kurier" berichtet. Auch die Geschäftsstelle war nicht an die Profibedingungen angepasst und zuletzt in Containern untergebracht. Entsprechend kommt die Zeitung zu der Einschätzung, dass man bei einer Note für Infrastruktur an einer "glatten Sechs" schwer vorbeikäme.
Grund 3: Pech bei Schiedsrichter-Entscheidungen
Neben sportlichem Unvermögen spielt bei der Altstadt aber auch – so stark wie bei keinem anderen Drittligisten – das Pech bei Schiedsrichter-Entscheidungen hinein. Laut liga3-online.de-Experte Babak Rafati wurden die Bayreuther an den ersten 35 Spieltagen 18 Mal benachteiligt – absolute Liga-Spitze. Allein zehnmal lagen die Unparteiischen demnach bei Elfmeter-Entscheidungen falsch, was dazu führt, dass Bayreuth in dieser Saison noch nicht einen Strafstoß zugesprochen bekam. Und auch beim 1:4 gegen Köln kamen am Samstag wieder zwei strittige Szenen hinzu, als es vor der Pause keinen Elfmeter gab und der Ball vor dem 1:2 möglicherweise schon im Toraus war.
Auf der anderen Seite profitierten die Oberfranken nur dreimal von Fehlentscheidungen gegen den Gegner – und damit so selten wie kein anderer Verein. Ob Bayreuth den Klassenerhalt ohne die zahlreichen Fehlentscheidungen geschafft hätte, darüber lässt sich nur spekulieren. Sicherlich wären ein paar Punkte mehr möglich gewesen, doch die fehlende sportliche Qualität im Kader war am Ende ausschlaggebender.
Grund 4: Fehlendes Mindset
Wer im Profifußball spielen will, muss auch das nötige Mindset mitbringen. Das war bei der SpVgg Bayreuth nicht der Fall. Das zeigte sich nicht nur daran, dass der Kader überschätzt wurde, sondern vor allem im Umgang mit Trainer Thomas Kleine. Erst stellten sich die Verantwortlichen wochenlang hinter den 45-Jährigen und betonten, dass es "Wahnsinn" sei, was er zusammen mit Co-Trainer Julian Kolbeck leiste, nur um ihn dann vor den letzten drei Spieltagen in einer aussichtslosen Situation zu entlassen. Und als wäre das nicht schon grotesk genug, betonte Gesellschafter Wolfgang Gruber vor dem Spiel gegen Viktoria Köln im Interview mit "MagentaSport", dass Kleine selbst im Falle eines Sieges bei Tabellenführer SV Elversberg hätte gehen müssen. Die Erklärung, man hätte dann noch eine Chance auf den Klassenerhalt gehabt, war wenig schlüssig.
Darüber hinaus waren die Verantwortlichen offenbar davon ausgegangen, dass Co-Trainer Julian Kolbeck den Cheftrainer-Posten trotz fehlender UEFA-Pro-Lizenz ohne weiteres bis zum Saisonende ausüben darf. Dabei ist schon seit Jahren bekannt, dass Trainer ohne die nötige Lizenz eine Mannschaft maximal für 15 Werktage betreuen dürfen. Entsprechend muss die Spielvereinigung für das letzte Spiel gegen Aue eine andere Lösung finden, oder sich mit dem DFB abstimmen. Doch nachdem Gruber zuletzt von "Gängeleien durch den DFB" gesprochen hatte, dürfte der Verband nicht allzu gut auf die Oberfranken zu sprechen sein. Es zeigt sich: Unter dem Strich hat Bayreuth in seiner ersten Profisaison nach 32 Jahren viele Fehler gemacht, die fast schon folgerichtig zum Abstieg führten.