"Absolut scheiße": Dynamos Aufstiegstraum schon geplatzt?
Der Traum von Dynamo Dresden, nach nur einem Jahr in die 2. Bundesliga zurückzukehren, er könnte an diesem Montagabend in Meppen auf überaus dramatische Weise innerhalb von nur 13 Minuten geplatzt sein. Durch die 1:4-Klatsche haben die Sachsen sämtliche Trümpfe aus der Hand gegeben und müssen nun auf Patzer der Konkurrenz hoffen. Die Enttäuschung bei Trainer Markus Anfang war riesengroß, gleichzeitig beklagte er "schwere Beleidigungen" aus dem Publikum.
"Dafür gibt es keine Begründung"
Sie sanken in sich zusammen, zogen sich ihr Trikot über den Kopf oder hatten wie Ahmet Arslan Tränen in die Augen: Als Schiedsrichter Lars Erbst das letzte Montagsspiel der Drittliga-Geschichte beendet hatte, herrschte bei den Spielern von Dynamo Dresden vor allem eines: absolute Fassungslosigkeit. "Mir fehlen die Worte. Es tut extrem weh", gab Kapitän Tim Knipping bei "MagentaSport" mit leerem Blick zu Protokoll. Die zentrale Frage: Wie konnte die SGD diese Partie, in der sie durch einen verwandelten Elfmeter von Arslan nach 24 Minuten in Führung gegangen war und alles im Griff hatte, noch verlieren?
Ein Teil der Antwort ist die schwache Chancenverwertung im ersten Durchgang: "Wir müssen mit 3:0 oder 4.0 in die Halbzeit gehen. Dann redet keiner darüber, dass wir das Spiel aus der Hand geben haben", meinte Trainer Markus Anfang. Dass nun aber genau darüber gesprochen wird, ist die logische Konsequenz – zumal die Art und Weise überaus erschreckend für ein Spitzenteam war. Erst sah Kyu-Hyun Park innerhalb von nicht mal fünf Minuten für ein unnötiges Zeitspiel und Foul an Ballmert jeweils Gelb und musste vorzeitig vom Platz, dann ließ Dynamo sich von einem Absteiger vorführen und sich binnen 13 Minuten drei Gegentore einschenken. "Dafür gibt es keine Begründung, es ist absolut scheiße", wurde Knipping deutlich.
"Waren in Schockstarre"
Besonders wie die Gegentore gefallen sind, war alarmierend: Ein Kopfball nach einem Freistoß (69.), ein Schuss aus dem Rückraum (78.) und ein abgefälschter Distanzschuss aus rund 25 Metern (82.). Hinzukam in der Nachspielzeit dann noch ein Treffer, der aus einem Abschlag von Keeper Domaschke resultierte. "Das waren keine Situationen, in denen wir gnadenlos ausgespielt wurden. Einfach ärgerlich", war Anfang mächtig gefrustet.
Knipping ging sogar noch einen Schritt weiter: "Man muss ehrlicherweise gestehen, dass es nur eine Frage der Zeit war, bis der Ausgleich fällt." Denn während Meppen in der zweiten Halbzeit alles reingeworfen habe und nichts mehr zu verlieren hatte, "haben wir komplett aufgehört zu spielen. Das darf nicht passieren". Kleinigkeiten hätten am Ende entschieden und dafür gesorgt, dass Dynamo nach dem ersten Gegentreffer den Faden verloren habe. "Wir waren in Schockstarre. Bei einigen war dann der Gedanke drin, dass wir etwas verlieren können. Daher konnten wir nicht mehr befreit aufspielen."
Anfang moniert Beleidigungen aus dem Publikum
Anfang machte unterdessen noch zwei weitere Baustellen auf. Zum einen übte er Kritik an Schiedsrichter Erbst und hatte seine Zweifel an der zweiten gelbe Karte gegen Park. "War das eine? Dann musst du das Spiel in einer Linie leiten und auch mal auf der anderen Seite eine gelb-rote Karte geben." Dynamo habe "wahnsinnig viele" gelbe Karten bekommen. "Schwierig für mich, das einzuordnen."
Zum anderen arbeitete er sich am Meppener Publikum ab: "Die Atmosphäre hier kann man als schön bezeichnen, aber wir sind schwer beleidigt worden. Das finde ich sehr traurig und schade. Das hat was mit Respekt zu tun. Es war weit unter der Gürtellinie und gehört nicht zum Fußball." Näher ins Detail wollte Anfang nicht gehen. SVM-Coach Ernst Middendorp wehrte sich gegen die Anschuldigungen: "Das Publikum so anzugriefen, finde ich übertrieben." Zumal sich auch einige Dynamo-Fans nicht von ihrer besten Seite zeigten und nach Spielende pyrotechnische Gegenstände in einen benachbarten Meppener Block warfen.
"Dass Meppen gewonnen hat, weil sie effektiver waren, müssen wir akzeptieren", sagte Anfang und sprach von einem "extrem bitteren" Moment, der "gewaltig schmerzt. Die Jungs sind am Boden zerstört. Es wird dauern, bis wir das verkraftet haben. Wir haben eine herausragende Rückrunde gespielt und wollten unbedingt gewinnen. Jetzt liegt es nicht mehr in unserer Hand". Auf Platz 3 in den Spieltag gegangen, ist Dynamo nun auf den sechsten Rang abgerutscht und hat vor dem Saisonfinale von allen Spitzenteams die schlechteste Ausgangslage.
Aufstieg nicht mehr in eigener Hand
Zwar ist der Aufstieg vor dem letzten Spiel gegen den VfB Oldenburg nächsten Samstag weiterhin möglich (Park und Akoto fehlen gesperrt), allerdings müssen allein für das Erreichen der Relegation gleich zwei der drei anderen Konkurrenten patzen. Soll es noch was mit dem direkten Aufstieg werden, müsste alle drei Punkte lassen
Bitter zudem: Durch die hohe Niederlage hat Dynamo gegenüber den Konkurrenten auch noch drei Tore verloren, was am Ende durchaus entscheidend sein könnte. Doch aufgeben kommt für die Dresdner nicht infrage: "Es ist ein extremer Tiefschlag, aber wir sind Kämpfer. Solange es möglich ist, werden wir alles reinhauen. Es gab schon ganz andere Geschichten. Ich glaube nach wie vor dran. Die Liga ist verrückt." Das zeigte sich – für Dynamo auf höchst dramatische Weise – auch am Montagabend wieder.