Saisonprognose #3: Duisburg, Ingolstadt, Verl, Köln
Ab dem 4. August geht die 3. Liga in ihre 16. Saison. Wer wird oben mitspielen, wer muss den Abstieg befürchten? Wer überrascht und wer enttäuscht? In fünf Teilen unterzieht liga3-online.de alle Teams dem großen Check. Im dritten Teil schauen wir auf vier Teams, die in der vergangenen Saison im sicheren Mittelfeld ins Ziel gekommen sind.
Sportliche Lage: Es wird das fünfte Drittliga-Jahr am Stück für den MSV, der – das vergisst man leicht – in seiner reichen Geschichte seit der Bundesliga-Reform nie derart lange unterhalb der Zweitklassigkeit spielte. Doch die Perspektive auf bessere Zeiten bleibt blass, einmal mehr galt es für die Zulassung zur Saison 2023/24 eine Finanzlücke zu schließen. Große Sprünge im Etat sind nicht drin, obgleich zuletzt sogar die Fans Geld einsammelten, um zumindest einige Transfers zu ermöglichen. Nach drei Jahren in der unteren Tabellenhälfte, das Vorjahr war eines ohne Abstiegssorgen, fehlt die Inspiration, die Schere hin zur Ligaspitze geht immer weiter auf. Mutmacher in dieser verzwickten Lage sind eigene Talente wie Caspar Jander und Baran Mogultay, die sich immer besser zurechtfinden und den Zebras einen neuen, frischen Stempel aufdrücken.
Transfers: Der Kader von Trainer Torsten Ziegner konnte sich lange nicht gravierend verändern, zuletzt gab Sportdirektor Ralf Heskamp offen zu, dass dafür das Geld fehlt. Drum soll nach dem Transfer von Eigengewächs Julian Hettwer zum BVB II noch Nachschub kommen, vor allem auf den Außenbahnen herrscht Bedarf. Groß sind derweil die Hoffnungen, dass Pascal Köpke (kam vom 1. FC Nürnberg) künftig neben Benjamin Girth die Rolle des Torjägers einnehmen kann – und möglichst viel Futter von Thomas Pledl erhält. Wie schwer der Abgang vom 36-jährigen Moritz Stoppelkamp wiegt, der aber verletzungsbedingt in der Schlussphase der Vorsaison schon gar nicht mehr zum Einsatz kam, ist derzeit noch schwer zu bewerten. Auch Marlon Frey, der künftig für 1860 München aufläuft, hatte keine unwichtige Rolle im Mittelfeld inne. Auffällig: In der Abwehr hat sich Duisburg bislang überhaupt nicht verstärkt, musste aber auch keinen Führungsspieler abgeben – ob sich diese Kontinuität auszahlt?
Vorbereitung: Sie lief bislang eher durchwachsen, die Vorbereitung auf die neue Saison. Nach zwei Kantersiegen gegen den SV Duissern und den DJK Lösort Meiderich mit insgesamt 40 Toren und Erfolgen gegen den 1. FC Bocholt (3:1) und Hamborn 07 (4:0) tat sich der MSV gegen Fortuna Köln (0:1) schon schwerer, ehe es im Trainingslager gegen Hannover 96 (0:3) und Viertligist Lok Leipzig (0:1) zwei Niederlagen gab. Vor allem die Pleite gegen die Leipziger wirkte nach, Ziegner zeigte sich im Anschluss enttäuscht von seiner Mannschaft.
Prognose: Noch scheint der MSV nicht bereit für den Saisonstart. Das zeigten zum einen die letzten beiden Testspiele und zum anderen eine Aussage von Ziegner: "Ich hätte mir gewünscht, dass alles passt und wir komplett ohne Angst ins erste Ligaspiel gehen könnten. Das ist aber nicht der Fall." Der 12. Rang aus der Vorsaison dürfte ein guter Maßstab sein, für mehr fehlt die Fantasie. Platz 11 bis 14.
Sportliche Lage: Über das Vorjahr lässt sich der Mantel des Schweigens hüllen. War die Hinrunde noch durchaus erfolgreich (Platz 4 zur Winterpause), so stürzte der FCI in unheilvollen Winter- und Frühlingswochen rasant ab und musste zwischenzeitlich gar noch den Abstiegskampf ausrufen. Etliche Verletzungsprobleme taten dazu ebenso ihr Übriges wie eine unglückliche Trainerwahl, denn Guerino Capretti wirkte im so ambitionierten, aber schwer angeschlagenen Klub überfordert. Jetzt soll Michael Köllner den nächsten Anlauf moderieren, und nach Finanzkraft steht er erneut bei einer absoluten Top-Adresse unter Vertrag. Dafür müssen die Schanzer aber die Härte der 3. Liga auf ganz andere Art und Weise annehmen als im Vorjahr. Die Transfers sind daher einem klaren Muster zuzuordnen.
Transfers: Nominell ist Ingolstadt in ähnlich großen Teichen wie der SV Sandhausen unterwegs, mehr Erfahrung und Qualität hat kein anderer Drittligist verpflichtet. Lukas Fröde, Ryan Malone (beide Rostock), Leon Guwara (Regensburg) und Simon Lorenz (Kiel) dürften als Quartett die künftige Defensivachse bilden. Yannick Deichmann (1860) und Benjamin Kanuric (Bielefeld) bringen eine spielerische Komponente ins Mittelfeld, Regionalliga-Torjäger Daouda Beleme (Leihe vom HSV II) die bestehende Offensive um Pascal Testroet aufwerten. Besonderes Potenzial wird im 19-jährigen Innenverteidiger Mladen Cvjetinovic vermutet, er war bei Viertligist Viktoria Berlin schon Kapitän. Nicht zu vergessen ist, dass es manchen Abgang zu ersetzen gab, allen voran der millionenschwere Verkauf von Tobias Bech (Aarhus) und der Abgang Visar Muslius (Paderborn) müssen kompensiert werden.
Vorbereitung: Zufrieden kann der FCI mit der bisherigen Vorbereitung nicht sein. Nur gegen die unterklassigen Klubs TSV Berching (9:0) und TSV Kottern (3:0) gelangen Siege, während es gegen die SV Elversberg eine herbe 2:6-Klatsche setzte. Auch das 1:1 bei Viertligist VfB Eichstätt war enttäuschend. Hinzukommen die Personalsorgen, verletzten sich mit Benjamin Kanuric (Oberschenkelverletzung), Donald Nduka (Sprunggelenk), Moritz Seiffert (Sprunggelenk) und Maurice Dehler (Mittelfußbruch) doch gleich vier Spieler und fallen nun zum Teil längerfristig aus. Hoffnung macht das 1:1 gegen Bundesliga-Aufsteiger Heidenheim. Zwei weitere Härtetests gegen Borussia Mönchengladbach (Mittwoch) und die SpVgg Unterhaching (Samstag) stehen noch an.
Prognose: War das Vorjahr nur ein Betriebsunfall? Falsche Bescheidenheit kann dieser Kader jedenfalls nicht erwecken, ist er doch der drittwertvollste der Liga (nach Dortmund II und Dresden). Ingolstadt gehört zu den großen Aufstiegskandidaten. Platz 2 bis 5.
Sportliche Lage: Ein wesentlicher Erfolgsfaktor ist weg, ein anderer soll sich dafür bald einstellen: Während die Verler Trainer Mitch Kniat zum großen Nachbarn Arminia Bielefeld ziehen ließen und dafür eine sechsstellige Ablösesumme kassierten, dürfen sie mit dem ersten Heimspiel gegen Jahn Regensburg endlich wieder ihre Sportclub-Arena nutzen – die kontinuierlichen Auswärtsspiele in Paderborn finden ein Ende. Dennoch schaffte es Verl zuletzt auf Platz 10, spielte hochansehnlichen Fußball, an den Alexander Ende (zuletzt U19 von Borussia Mönchengladbach) als neuer Coach gerne anknüpfen will. Über das Umfeld gibt es keine großen Geheimnisse: Jeder ist glücklich, dass der Sportclub in der 3. Liga mitmischen darf und regelmäßig Ex-Bundesligisten ärgert. Dies soll so lange wie möglich so bleiben, auch wenn der Etat (2,5 Millionen Euro für die Profis) tief im unteren Drittel der Liga bleibt.
Transfers: Torhüter Niclas Thiede (VfL Bochum) erfüllt sich den Traum Bundesliga, auch Vinko Sapina, Joel Grodowski und Jesse Tugbenyo zählen zu den insgesamt 17 Abgängen. Und doch ist man in Verl viel größere Umbrüche gewohnt. Aus der Transferstrategie, einer großen Auswahl an Talenten die Bühne 3. Liga zu bieten, gingen einmal mehr spannende Personalien hervor: Fabio Gruber hat bei Augsburg II eine starke Innenverteidiger-Saison hinter sich, Robin Friedrich (Hannover 96 II) ist ein hart arbeitender Stürmer. Ein Transfer-Coup war die Verpflichtung des doch renommierten Keepers Luca Unbehaun von Borussia Dortmund, Sechser Marcel Benger war als Ex-Gladbacher ein Wunschspieler von Ende.
Vorbereitung: Aufhorchen ließ der Sportclub mit einem 3:1 gegen den VfL Bochum, auch die Viertligisten FC Gütersloh (3:2) und Alemannia Aachen (4:1) wurden besiegt, ebenso die Kickers Emden (4:3) aus der Oberliga. Die bislang einzige Niederlage gab es gegen den niederländischen Erstligisten Almere City (0:1). Das letzte Testspiel bestreitet der Sportclub am Samstag gegen Rot-Weiss Essen – allerdings unter Ausschluss der Öffentlichkeit.
Prognose: Nein, nochmal tun wir’s nicht. Diesmal ist der SC Verl nicht mehr klarer Abstiegskandidat, zu oft hat er bewiesen, äußerst effiziente Arbeit zu leisten. Hinzukommt, dass die Mannschaft jetzt eingespielt ist. Platz 12 bis 15.
Sportliche Lage: Zehnter in der Hinrunde, Siebter in der Rückrunde, 55 Punkte – wer sich in der 3. Liga heimisch fühlt, der darf mit so einer Bilanz rundum zufrieden sein. Für die Viktoria, die immer noch vom Tod ihres Mäzens Franz-Josef Wernze vor wenigen Monaten geprägt ist, geht es darum, im Schatten der Favoriten darauf aufzubauen, die Saison zu bestätigen. Bewährt hat sich Trainer Olaf Janßen, der immer besser hineinpasst. Neu dabei und irgendwie auch nicht ist Stephan Küsters, der schon von 2014 bis 2018 bei der Viktoria arbeitete und nun als Sportchef zurück ist. Dass das Umfeld im Vergleich zu manch hektischem Traditionsverein ruhig bis beschaulich ist, erleichtert das Arbeiten am Standort nach wie vor enorm.
Transfers: Der Aderlass ist zwar in der Menge (elf Spieler) nicht außergewöhnlich, sehr wohl aber in puncto Qualität und Bedeutung für den Klub. Da ist Mike Wunderlich, der ein halbes Jahr nach seiner Rückkehr die Karriere genauso beendet hat wie Marcel Risse. Abwehrhüne Jamil Siebert kehrt zurück zu Fortuna Düsseldorf und ist dort fest eingeplant, Mittelfeldallrounder Patrick Sontheimer schließt sich dem 1. FC Saarbrücken an, Stürmer Robin Meißner kickt künftig in Dresden. Sontheimers 1:1-Ersatz soll Bryan Henning (Braunschweig) sein, der bislang auffälligste Transfer. Valdrin Mustafa (Elversberg) und Suheyel Najar (Wiesbaden) ergänzen die Offensive, Donny Bogicevic (Steinbach-Haiger) soll die Zukunft im Zentrum gehören. Doch die neue Viktoria wird Zeit brauchen, all die Abgänge aufzufangen.
Vorbereitung: Fünf Spiele, vier Siege: es läuft bei den Höhenbergern. Nur gegen Zweitligist Osnabrück gab es am vergangenen Samstag eine Niederlage (0:1), für Janßen war es dennoch das "beste Spiel der Vorbereitung". Aufhorchen ließ Köln beim 2:1 gegen den belgischen Erstligisten KAS Eupen, auch der VVV Venlo (2. Liga Niederlande) sowie zwei Amateurklubs wurden besiegt. Zum Abschluss wartet am Samstag Almere City, Aufsteiger in die Eredivisie.
Prognose: Wieder die obere Tabellenhälfte? Das wäre für die doch deutlich erneuerten Kölner eine schöne Vorstellung. Platz 8 bis 11.
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