Saisonprognose #4: 1860, Mannheim, Dresden, Saarbrücken
Ab dem 4. August geht die 3. Liga in ihre 16. Saison. Wer wird oben mitspielen, wer muss den Abstieg befürchten? Wer überrascht und wer enttäuscht? In fünf Teilen unterzieht liga3-online.de alle Teams dem großen Check. Im vierten Teil schauen wir auf vier Teams, die in der vergangenen Saison um den Aufstieg mitgespielt haben – wenn auch nicht unbedingt bis zum Ende.
Sportliche Lage: Wäre ja schön, wenn es beim TSV 1860 einmal nur ums Sportliche gehen würde, oder? Aber das funktioniert in Giesing nicht, wie die vergangenen Wochen einmal mehr unterstrichen. Die seit Jahren andauernden Grabenkämpfe im Klub, an denen Mehrheitsgesellschafter Hasan Ismaik munter teilnimmt, tragen zu einer Atmosphäre bei, in der sich bislang kein sportlich tragendes Konzept entwickeln konnte. So wurde das Vorjahr zur sportlichen Tragödie, als 1860 mit großem Brimborium das Aufstiegsziel ankündigte und sich von einem perfekten Start furchtbar blenden ließ – spielerisch brachte die Truppe nur ganz wenig zustande. Auch unter Maurizio Jacobacci, der im Rahmen der Umstände seit Frühjahr einen völlig akzeptablen Job machte, sollten keine Wunderdinge zu erwarten sein. Zumal spürbar ist, dass das Geld derzeit nicht bedingungslos fließt. Und so dauert auch die Suche nach einem neuen Sportchef als Nachfolger von Günther Gorenzel weiter an.
Transfers: Ziemlich mühsam lief sie voran, die Planung für die neue Saison. Im Fokus standen etliche Abgänge, die Mannschaft ist auseinandergefallen – und nur für Riesentalent Leandro Morgalla (RB Salzburg) gab es Geld, dafür angeblich rund 2,5 Millionen Euro. Marius Wörl (Hannover), Joseph Boyamba (Elversberg), Yannick Deichmann (Ingolstadt), Semi Belkahia und Christopher Lannert (beide Bielefeld), Marcel Bär (Aue) – sie alle sind weg. Insgesamt haben sich gleich 18 Spieler verabschiedet. Damit fällt der Abschied deutlich größer aus als zunächst angenommen. Beim Blick auf die Neuen ist spürbar, wie der monetäre Gürtel geschnallt ist: Eroll Zejnullahu und Manfred Starke kamen von zwei Absteigern, Julian Guttau aus Freiburg, Marlon Frey aus Duisburg, Tarsis Bonga immerhin aus Braunschweig und damit der 2. Liga. Zuletzt legte der TSV noch mit Valmir Sulejmani (Ingolstadt), Kilian Ludewig (Salzburg), Niklas Tarnat (Essen) und Morris Schröter (Rostock) nach. Letzterer fällt in die Kategorie Königstransfer, bringt er doch reichlich Drittliga-Erfahrung mit. Kommen sollen noch ein Stürmer sowie ein Innenverteidiger.
Vorbereitung: Bislang tat sich die runderneute Mannschaft schwer. Gegen Sechstligist TSV Wasserburg reichte es zum Auftakt nur zu einem 0:0, selbst bei Kreisligist TSV Wemding kamen die Löwen erst zum Ende in Fahrt (9:0). Hinzukommen Niederlagen gegen den SV Ried (2. Liga Österreich) und den Linzer ASK (1. Liga Österreich), darüber hinaus mussten sich die Sechzger am vergangenen Wochenende bei einem Blitzturnier auch dem 1. FC Nürnberg (0:3) und der SpVgg Unterhaching (0:1) geschlagen geben. Unter dem Strich stehen somit nur drei Siege – darunter ein 4:0 gegen Viertligist Memmingen – aus acht Spielen. Ob die Bilanz im Turnier mit dem VfB Stuttgart und Borussia Mönchengladbach am kommenden Samstag aufgebessert wird?
Prognose: Die Löwen haben wenige Argumente, besser abzuschneiden als ein Jahr zuvor. Denn die Grundlage, plötzlich eine gewaltige Überperformance aus dem Hut zu zaubern, fehlt im extrem unruhigen Umfeld. Platz 7 bis 10.
Sportliche Lage: So einige Kuriositäten häufte der Waldhof in einer wilden, aber doch völlig unbefriedigenden Saison an. Platz 1 in der Heimtabelle, aber nur 17. auf den fremden Plätzen – diese Diskrepanz warf Fragen auf und dürfte ein Grund gewesen sein, warum Christian Neidhart als Trainer keine Zukunft mehr hatte und durch Rüdiger Rehm ersetzt wurde. Auch als Tabellensiebter ein negatives Torverhältnis einzufahren und überhaupt 65 (!) Gegentore zu schlucken, war nicht positiv bemerkenswert. Letztlich bestand dieser SVW nur punktuell, aber nicht als Ganzes aus Aufsteiger-Material, entsprechend müsste nun ein neuer Anlauf folgen. Der Personaletat soll sich künftig auf fünf bis sechs Millionen Euro belaufen, das wäre "nur" ein Platz im vorderen Mittelfeld. Drum sind derart offensive Bekundungen, in die 2. Liga zu wollen, in diesem Sommer nicht gefallen.
Transfers: Stürmer Dominik Martinovic (Elversberg) und Außenverteidiger Alexander Rossipal (Rostock) sind persönlich aufgestiegen, mit Adrien Lebeau einigte sich der Klub nicht, Marc Schnatterer hat seine Profikarriere beendet. Auch vermeintliche Stars, die aber diese Rolle gar nicht einnahmen, sind gegangen – etwa Marco Höger, Daniel Keita-Ruel und Influencer Niklas Sommer. Die Neuen kommen mit spannender Vita: Minos Gouras (Regensburg) überzeugte einst in Saarbrücken; Jonas Carls (Paderborn), Tim Sechelmann und Julian Rieckmann (Magdeburg) kommen von Zweitligisten mit enorm hochwertigen Spielansatz. Angelo Gattermayer, zuletzt aktiv für Admira Wacker Mödling, ist immerhin österreichischer U21-Nationalspieler. Und Stürmer Yann Mabella überzeugte voll und ganz als Gastspieler. Abgeschlossen sind die Planungen noch nicht, zwei bis vier weitere Akteure sollen noch kommen – sowohl für Offensive, als auch für die Defensive.
Vorbereitung: Nach einem 4:0 zum Auftakt gegen Sechstligist Heddesheim reichte es beim FSV Frankfurt aus der Regionalliga nur zu einem 2:2, auf das ein 18:0-Kantersieg gegen Kreisligist Käfertal und 3:1 gegen Viertligist Würzburg folgte. Die SV Elversberg fügte dem Waldhof am vergangenen Wochenende die erste Niederlage zu (0:1), zum Abschluss geht es noch gegen die U23 von Eintracht Frankfurt, die gerade in die Regionalliga aufgestiegen ist. Ein richtiger Härtetest war – abgesehen von der Partie gegen Elversberg – somit nicht dabei.
Prognose: Mit der Stärke einiger Topkandidaten kann der Waldhof auf dem Papier nicht mitgehen, aber die Mischung wirkt stimmig – vielleicht gelingt ja der Coup. Platz 5 bis 9.
Sportliche Lage: Das Meppen-Trauma sowie eine überaus schwache Hinrunde kosteten die SG Dynamo Dresden nach einer bis dato herausragenden Rückrunde den Wiederaufstieg in die 2. Liga. Nun müssen die Sachsen das Beste daraus machen: Gut aufgestellt sind sie ja, in ihrem Rücken wissen sie gut 25.000 Fans, die zuhause wie auswärts den Unterschied machen können. Letztlich geht es in Dresden ohnehin schon um das große Ganze, nämlich Strukturen, die einen dauerhaften Verbleib in einer höheren Spielklasse garantieren. Daran haperte es im vergangenen Jahrzehnt, immer wieder rutschte der für die 3. Liga eigentlich viel zu große Verein unnötig wieder ab. Insofern ist die Ehrenrunde mit einigen Wochen Abstand vielleicht sogar als Chance zu betrachten. Klar ist, dass die SGD mit dem Kracher-Auftakt gegen Absteiger Bielefeld den Anspruch hat, Verpasstes zügig nachholen zu wollen. Entsprechend offensiv haben die Sachsen den Aufstieg als Ziel ausgerufen.
Transfers: Von den mehr als zehn Abgängen tun drei so richtig weh – wobei dem Abschied von Kapitän und Abwehrboss Tim Knipping (nach Sandhausen) – so stellte es zumindest der Spieler in sozialen Medien dar – eine längere Funkstille vorausging. Noch schwieriger zu kompensieren ist der Abgang von Ahmet Arslan (Magdeburg), der mit 25 teils spektakulären Treffern Torschützenkönig wurde und neun weitere vorbereitete. Damit war er an mehr als 50 Prozent der Dresdener Tore beteiligt. Und auch Flügelflitzer Christian Conteh (Osnabrück), dem einzig die Effizienz fehlte, hatte das Besondere in sich. Die neue Offensivreihe könnte aus Robin Meißner (HSV), Lucas Cueto (Karlsruhe) und Tom Zimmerschied (Halle) bestehen – drei Topleute für die 3. Liga, ergänzt um die verlängerte Leihe von Dennis Borkowski, dem ein Durchbruchsjahr zugetraut wird. Kommen soll noch ein Innenverteidiger sowie weitere Verstärkung für die Außenbahn.
Vorbereitung: Sechs Spiele, fünf Siege, ein Remis: Den eigenen Ansprüchen wurden die Schwarz-Gelben in den Testspielen bislang vollumfänglich gerecht. Nachdem der Königswarthaer SV (14:0) sowie Budissa Bautzen (6:0) überhaupt keine Probleme darstellten, wurde auch der österreichische Zweitligist SKN St. Pölten mit 5:1 vom Platz gefegt. Der SC Paderborn (2:0) war ebenso kein Stolperstein wie Tschechiens Vizemeister Slavia Prag (1:1). Im "Hilfe-Spiel" in Zwickau feierte Dynamo einen souveränen 3:0-Erfolg, nun wartet mit dem Halleschen FC (Samstag) noch ein Ligakonkurrent.
Prognose: Dynamo Dresden geht als ein Topfavorit in die neue Saison und wird mit dem SV Sandhausen und dem FC Ingolstadt erster Anwärter auf den Meistertitel sein. Platz 1 bis 4.
Sportliche Lage: Als der SV Wehen Wiesbaden in der Relegation gegen Arminia Bielefeld auf einen völlig indisponierten Gegner traf und spielend leicht die 2. Bundesliga sicherte, dürfte im Saarland die eine oder andere Träne auf dem Sofa verdrückt worden sein. Bis zur spektakulären Entwicklung an der Bremer Brücke zu Osnabrück und jenen Treffern in der dritten und sechsten Minute der Nachspielzeit war bekanntlich der FCS per Blitztabelle qualifiziert für die Zusatzspiele. Die sollen nun das Mindestziel fürs neue Jahr sein, erst recht weil die SV Elversberg den Blau-Schwarzen doch tatsächlich den Rang als bestes Saarlandteam abgelaufen hat. Mehr als 10.600 Zuschauer verzeichnete der FCS in seinem tollen Sportjahr 2022/23 bereits pro Spiel, geht es nun wieder in den Aufstiegskampf, dürften es noch mehr werden.
Transfers: Ein Trumpf des Vorjahres hieß Routine, doch die überalterte Mannschaft wurde nun einer Frischzellenkur unterzogen. Nicht jeder Abgang eines "Oldies" hätte dabei sein müssen: Adriano Grimaldi (SC Paderborn) und Torwart-Ikone Daniel Batz (FSV Mainz 05) suchen ab sofort die höherklassige Herausforderung, verdenken wird ihnen das keiner. Mike Frantz beendete seine Karriere, auch Tobias Jänicke und Dominik Ernst wurden verabschiedet. Und unter den Jüngeren sind Dave Gnaase (Osnabrück) und Leihspieler Marvin Cuni (Frosinone) gegangen. Batz' Nachfolger heißt Tim Schreiber, der aus Leipzig ausgeliehen wurde. Dazu wird die Sturmspitze auch künftig Wucht verkörpern, das untermauern die Transfers des angeblich 200.000 Euro teuren Rückkehrers Patrick Schmidt (Ingolstadt) und Kai Brünker (Magdeburg). Patrick Sontheimer (Viktoria Köln) und Tim Civeja (Augsburg, zuletzt Ingolstatd) rüsten das Mega-Mittelfeld um Luca Kerber und Richard Neudecker weiter auf. Für Sturm und Verteidigung sollen weitere Spieler kommen.
Vorbereitung: Gegen Bundesligist Borussia Mönchengladbach gab es am Samstag im Spiel zum 120-jährigen Vereinsjubiläum trotz ansprechender Leistung nach einem frühen 0:2 die erste Niederlage (1:2), zuvor konnten Victoria Rosport (4:0), die SpVgg Quierschied (2:1), Mainz 05 II (4:1), der 1. FC Nürnberg (2:1) und die SG Mettlach-Merzig (2:1) allesamt besiegt werden. Die Generalprobe bestreitet der FCS am Samstag beim luxemburgischen Erstligisten Union Titus Petange.
Prognose: Der FCS kämpft mit seinem funktionierenden Fundament, starker Balance und einer exzellent auf die Anforderungen der 3. Liga zugeschnittenen Spielidee von Anfang an um die vorderen Ränge. Platz 2 bis 5.
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