Alles, was ihr zum 5. Spieltag wissen müsst
Nur dreimal geht es im September um Drittliga-Punkte – unter anderem, weil nach diesem Wochenende die erste Länderspielpause vorgemerkt ist. Zeit der Erholung für die einen, Zeit des Frusts für manch anderen. Denn immer noch warten zwei Klubs auf ihren ersten Sieg, und auch andere stehen unter Zugzwang. Wo der Druck am größten ist, verrät unser Blick auf Spieltag 5.
Die Ausgangslage
Mit allzu frühen Prognosen lassen sich auch böse Bauchlandungen provozieren, doch wir finden: Selten war der 3. Liga schon so früh anzumerken, wie ausgeglichen sie in diesem Jahr sein wird. Nur eine einzige Mannschaft – Topfavorit Dynamo Dresden – hat es geschafft, zumindest drei von vier Spielen zu gewinnen, nur eine im Keller – der SC Verl – hat drei von vier Partien verloren. Keine hat ein besseres Torverhältnis als plus vier oder ein schlechteres als minus vier.
Kein Absteiger steht früh auf einem Aufstiegsrang, und kein Aufsteiger auf einem Abstiegsrang. Genau so wünschen wir uns diese Liga doch, und genau so ist selbst ein solcher Spieltag ohne die ganz großen Derbys unglaublich pikant. Dazu wollen manche Klubs ihre letzten Sommer-Transfers präsentieren, manche wie Arminia Bielefeld und Preußen Münster könnten in dieser Woche noch auf drei neue Spieler kommen. Das macht sie viel schwerer ausrechenbar.
Fünf Spiele im Fokus
FCS will Spektakel reduzieren: 1. FC Saarbrücken gegen Borussia Dortmund II
Zur Eröffnung am Freitag wartet auf Saarbrücken ein vermeintlich machbarer Gegner: Seit dem Aufstieg der BVB-Reserve 2021 holte der FCS zehn von zwölf möglichen Punkten gegen die Schwarz-Gelben und kassierte dabei nur ein Gegentor. Diese Defensiv-Stabilität wird nun auch händeringend gesucht, denn mit acht erzielten wie acht kassierten Treffern freut sich der neutrale Zuschauer derzeit wohl bedeutend mehr über die munteren Partien als Saarbrückens Trainer Rüdiger Ziehl.
Wenigstens war zuletzt auf Torjäger Patrick Schmidt Verlass, der mit seinem Doppelpack ein 2:2-Remis beim FC Ingolstadt rettete. Und doch geht es darum, Ambitionen zu untermauern und den mäßigen Auftakt (fünf Punkte aus vier Spielen) aufzuwerten. Ob Richard Neudecker gegen die Dortmunder Talente wieder eine Rolle spielte? Zuletzt saß der letztjährige Mittelfeldchef als Folge eines ganz schwachen Auftritts beim 4:3-Sieg über Verl 90 Minuten lang auf der Bank.
Aufsteigerduell im Süden: SSV Ulm gegen den VfB Lübeck
Mehr als 20.000 Kilometer legen die Fans des VfB Lübeck in diesem Jahr zurück. Ihre kürzeste Fahrt: mehr als 300 Kilometer pro Strecke nach Bielefeld. Mehr als 750 sind es laut Navigationssystem bis zu den Ulmern – achteinhalb Stunden, ob mit Auto oder Zug, müssen eingeplant werden. Umso besser, dass der Aufsteiger durchaus überraschend noch ungeschlagen daherkommt und damit allen Experten einen Rüffel erteilt, die die Konkurrenzfähigkeit der Regionalliga Nord nach den prompten Wiederabstiegen von Havelse und Oldenburg infrage gestellt haben.
Nun wartet der Showdown der Neulinge gegen den Sieger der stets für ihre Qualität hervorgehobenen Südwest-Staffel, dem SSV Ulm. Der ist zuletzt mit zwei starken Auftritten gegen Bielefeld (1:0) und in Duisburg (1:1) so richtig in der 3. Liga angekommen. Das dürfte – vielleicht ja wieder vor fast fünfstelliger Kulisse? – ein intensives und gutklassiges Spiel geben.
Freiburgs Nachwuchs auf Formsuche: SC Freiburg II gegen Rot-Weiss Essen
Beim Blick auf die Tabelle und den auf den letzten Platz gefallenen SC Freiburg II kommen Erinnerungen an eine andere Profi-Reserve hoch: Bayern Münchens zweite Mannschaft krönte sich im Sommer 2020 zum Meister der 3. Liga – und stieg ein Jahr darauf erstaunlicherweise direkt ab. Noch ist der SCF davon weit entfernt, zumal die Leistungen alles andere als horrend waren. Doch die Spiele, die in den Vorjahren meist 1:0 für den Sportclub endeten, tun es derzeit noch nicht, beim 2:3 in Verl wurden zwei Führungen verspielt.
Anders ist das seit vergangenem Sonntag bei Rot-Weiss Essen, ein emotionaler Last-Minute-Sieg über Westrivale Preußen Münster als Lohn für eine gute Leistung ließ zentnerweise Gewichte von den Schultern aller Beteiligten abfallen. Gut möglich, dass Thomas Eisfeld sich mit seinem satten Schuss einen Platz in der Startelf erkämpft hat. Allemal freuen wird sich RWE auf ein besseres Geläuf im Dreisamstadion – der ramponierte Rasen an der Hafenstraße wird für 125.000 Euro ausgetauscht.
Löwen droht die Mini-Krise: 1860 München gegen Erzgebirge Aue
Ein Spiel, das in diesem Jahrtausend fest zum Zweitliga-Repertoire gehörte, bürgert sich nun allmählich in der 3. Liga ein: 1860 gegen Aue, das ist tabellarisch fast noch ein Spitzenspiel, immerhin empfängt der Sechste den Dritten. Doch während die Erzgebirger immer noch unbesiegt sind und damit die vorsichtige Aufbruchsstimmung aus der Sommervorbereitung allmählich in Euphorie umwandeln, steckt der TSV schon wieder in Sorgen.
Nicht nur, weil mal wieder in den Vereinsgremien und rund um Präsident Robert Reisinger Stunk herrschen soll, sondern auch, weil die Niederlagen gegen Lübeck (1:2) und in Sandhausen (0:3) den perfekten Sechs-Punkte-Start rasch eingeordnet haben. Die Löwen, doch nur ein Mittelfeldteam? Erzgebirge Aue und Pavel Dotchev sind eine gute Prüfung dafür. Schaffen es die Veilchen, die vor der Verpflichtung von Flügelspieler Kevin Holzweiler stehen sollen, zum Auswärtssieg, ist schlechte Laune in Giesing garantiert.
Setzt Dynamo noch eine Duftmarke? Dynamo Dresden gegen den FC Ingolstadt
Die einzige Mannschaft, die sich bislang ein wenig vom Drittliga-Durchschnitt abgesetzt hat, ist jene, der auch die meisten den Wiederaufstieg zugetraut haben. Dynamo Dresden überzeugte mit Siegen über Bielefeld, Mannheim und jüngst bei Borussia Dortmund II. Einzig das 0:1 in Sandhausen fiel etwas aus dem Raster – doch halten sich diese Aussetzer im Rahmen, werden Markus Anfang und seine Elf wohl tatsächlich ganz oben mitspielen.
Unterstreichen ließe sich das im Heimspiel gegen den nominell ebenbürtig besetzten FC Ingolstadt, der aber bereits fünf Zähler entfernt ist. Speziell deswegen, weil die prominente Defensivreihe (Simon Lorenz, Leon Guwara, Ryan Malone, Lukas Fröde) ihre riesige Zweitliga-Expertise zuletzt nicht auf den Platz brachte. Da der im Vorjahr überzeugende Innenverteidiger Calvin Brackelmann nun aus familiären Gründen zu Zweitligist SC Paderborn gewechselt ist, liegt es umso mehr an den Erfahrenen, vor der besonderen Kulisse im Rudolf-Harbig-Stadion zu bestehen.