Historisches DSC-Debakel: Fans mit bemerkenswerter Reaktion
Wer bei Arminia Bielefeld nach dem Last-Minute-Sieg in Unterhaching vor einer Woche gedacht hatte, dass nun die Trendwende eingeleitet wurde, sah sich mächtig getäuscht. Statt an den Erfolg beim Aufsteiger anzuknüpfen, kassierten die Ostwestfalen ein historisches 2:6-Debakel gegen den 1. FC Saarbrücken. Umso bemerkenswerter war die Reaktion der Fans.
"Einfach Gänsehaut pur"
Wer die Geschehnisse in der Bielefelder Alm am Freitagabend nach Schlusspfiff beobachtete, hätte fast den Eindruck bekommen können, Arminia hätte die Partie nicht 2:6 verloren, sondern 6:2 gewonnen. Denn als die Mannschaft vor die Südtribüne kam, wurde sie dort von den Anhängern trotz der historischen Niederlage – nie zuvor hatte Bielefeld in einem Drittliga-Spiel sechs Gegentore kassiert – mit Applaus empfangen. Minutenlang bauten die Fans das Team mit lautstarken "Arminia"-Gesängen wieder auf, feierten es und stimmten es auf die kommenden Aufgaben ein.
Eine bemerkenswerte Reaktion, die keinesfalls selbstverständlich ist – schon gar nicht angesichts der Tatsache, dass der DSC einen Doppelabstieg hinter sich hat. "Wirklich Hut ab vor der Reaktion", zollte Christopher Lannert im "MagentaSport"-Interview Respekt. "Wir wissen, dass die Fans immer hinter uns stehen. Nach so einem Spiel von der Kurve Zuspruch zu bekommen, ist einfach Gänsehaut pur. Dass muss uns antreiben bis zum geht nicht mehr." Auch Kapitän Fabian Klos zeigte sich in der "Neuen Westfälischen" beeindruckt: "Es steht 2:6, und ich habe nichts Negatives gehört und die pushen uns nach dem Spiel. Das ist mega".
Das war gestern Abend für uns alle ziemlich bitter… Umso dankbarer sind wir für Eure unfassbare Unterstützung – vor, während und sogar nach dem Spiel. Danke! 🙏🏼#immerdabei pic.twitter.com/mFkcQ3iY9j
— DSC Arminia Bielefeld (@arminia) September 30, 2023
Klos stellt sich vor das Team
Zur Wahrheit gehört aber auch: Abseits der Südtribüne gab es durchaus Pfiffe. In einem angrenzenden Sitzplatzblock waren einige Fans derart aufgebracht, das Klos auf eine Treppe vor den Block stieg, um dort das Gespräch mit einem Anhänger zu suchen. "Der hat mich von der Tribüne angeschrien, und ich habe ihm gesagt, dass er gerne zu mir runterkommen kann und ich ihm die Sachlage erkläre", berichtete er in der Zeitung. Der Fan sei jedoch nicht gekommen, stattdessen diskutierte Klos mit anderen Anhängern.
"Ich wollte mich schützend vor die Mannschaft stellen – und werde das immer tun. Die hat einen Charakter, den ich während meiner Zeit in Bielefeld selten bis gar nicht erlebt habe." Klos verwies angesichts des auch von den Anhängern geforderten Umbruchs auf einen Prozess, der noch bis zum Winter dauern könne. Das scheint zumindest den Fans hinter dem Tor auch bewusst zu sein. Bereits vor dem Spiel hatten sie das Team bei einem gemeinsamen Einsingen auf die Partie eingeschworen und es mit einer großen Choreo vor Spielbeginn zusätzlich motiviert.
Und mit dem Führungstreffer von Klos nach 41 Minuten lief zunächst auch alles nach Plan, doch nur 78 Sekunden später kam der FCS zum Ausgleich, ehe die Saarländer in der zweiten Halbzeit aufdrehten, die zahlreichen individuellen Fehler der Arminia eiskalt ausnutzten und fünf weitere Treffer nachlegten. "Wenn wir mit dem 1:0 in die Kabine gehen, sieht es anders aus", meinte Trainer Mitch Kniat im "Telekom"-Interview und war sichtlich niedergeschlagen. "Wir brauchen es nicht schönreden. Wenn du sechs Treffer bekommst, dann muss man als Trainer auch einfach mal den Mund halten. Wir können jetzt viel reden oder erzählen, aber im Endeffekt müssen wir es akzeptieren. Jetzt zählen nur noch Taten.
"Darf uns so nicht passieren"
Die gute Nachricht: Schon am Dienstagabend kann Bielefeld es im Nachbarschaftsduell beim SC Verl wiedergutmachen. "Wir werden eine Reaktion zeigen, davon bin ich überzeugt", sagte Kniat und hoffte, "dass wir von individuellen Fehlern in der weiteren Saison verschont bleiben". In der Tat reichten die Patzer, die sich Arminia am Freitagabend erlaubte, für mehrere Spiele und waren derart eklatant, dass einem Angst und Bange werden musste. "Wir müssen jetzt zusammenrücken und dürfen nicht ineinander fallen", gab der Coach vor.
Auch Lannert hob hervor, dass es nun darum gehe, "alles reinzuhauen und die Leute zu belohnen". Der Linksverteidiger sprach von einem "brutal bitteren" Tag und bemängelte, dass die Gegentore "viel zu leicht" gefallen seien. "Das darf uns so nicht passieren. Wir waren immer einen Tick zu spät und haben die zweiten Bälle nicht bekommen. Saarbrücken hat das dann eiskalt ausgenutzt und gefühlt aus jeder Chance ein Tor gemacht." Umso beachtlicher daher, dass die Fans trotz allem weiter hinter ihrer Mannschaft stehen. Damit das auch so bleibt, braucht es nun allerdings eine Erfolgsserie. Andernfalls dürfte der Zuspruch schon bald in Gegenwind umschlagen.