Diese vier Fehler hat Heskamp beim MSV Duisburg gemacht
Tabula rasa beim MSV Duisburg, die Zebras stellen alles auf Anfang. Zwei Wochen nach Cheftrainer Torsten Ziegner muss nun auch Sport-Geschäftsführer Ralf Heskamp gehen. Der Sportchef konnte den Verein nach 18 Monaten nicht stabilisieren, was sich insbesondere in der letzten Transferphase gezeigt hat. liga3-online.de analysiert, welche Fehler der 58-Jährige gemacht hat.
Fehler 1: Schlechte Außendarstellung
Als Nachfolger von Ivica Grlic wurde Ralf Heskamp im April 2022 installiert, um den MSV Duisburg wieder in die Erfolgsspur zu managen. Der Legendenstatus seines Vorgängers im Verein war keine Hürde, war zuvor doch schon viel Vertrauen durch zwei Krisenjahre verloren gegangen. Schnell wurde klar, worin sich Grlic und Heskamp wirklich unterschieden: Während der MSV-Kultspieler bei einigen Transfers bereit war, noch einmal "Klinken zu putzen", wählte Heskamp von Anfang an einen pragmatischeren Ansatz – und kommunizierte offen, dass der MSV kaum bis kein Geld zur Verfügung hat. Klar, die schwachen finanziellen Mittel der Zebras sind inzwischen gemeinhin bekannt. Gerade die Spieler, die schon beim MSV waren oder hinzukommen sollten, werden wohl trotzdem keine Luftsprünge bei den Aussagen gemacht haben.
Die Außendarstellung von Heskamp war vielen Fans alsbald ein Dorn im Auge. Auch, weil es der 58-jährige Sportchef durch rationale Denkweise nicht schaffte, die Malocher-Mentalität eines Revierklubs aufzugreifen. Der Eindruck wuchs, dass der Sportchef zwar einen ehrlichen Weg wählte, für den er aber kaum Lösungen anbieten konnte. Im vergangenen Sommer trieben es Heskamp und Ex-Coach Torsten Ziegner gemeinsam auf die Spitze, indem sie in Pressekonferenzen und Interviews mehr als nur einmal in die Situation gerieten, dass sich ihre Aussagen bezüglich der Kaderplanung zu widersprechen schienen. Sagte Ziegner beispielsweise, dass der MSV in Gesprächen schon weit sei und Spieler an der Angel hätte, die Bock auf den Verein haben, bat Heskamp um Geduld. Weil sich die Transfers dann tatsächlich in die Länge zogen, ging wieder Vertrauen seitens der Fans verloren.
Fehler 2: Transfers zu spät eingefädelt
Die Zebras holten sieben Spieler im Sommer dazu. Mit Santiago Castaneda und Thomas Pledl standen zwei Spieler bereits zum offiziellen Saisonstart am 1. Juli zur Verfügung. In beiden Fällen war wohl schon länger klar, dass sie zum MSV kommen würden – der junge US-Amerikaner, weil er eine Empfehlung von Anteilseigner "Capelli" gewesen sein dürfte und Pledl, weil er bereits im vorherigen Winter auf dem Sprung nach Duisburg war. Mit Pascal Köpke und Dennis Smarsch ging es danach auch noch recht schnell, doch gerade auf den Positionen, bei denen die Meidericher ihre Baustellen ausgemacht haben – nämlich auf den Flügelpositionen – passierte lange Zeit nichts.
Mit Robin Müller kam dann Anfang August ein unbeschriebenes Blatt nach Duisburg, der 23-jährige Berliner wurde anschließend (aus der Not heraus) ins kalte Wasser geworfen. Erst mit Alexander Esswein und Tim Köther folgten dann noch spät in der Transferphase zwei Kandidaten, die bei vielen Fans auch auf der Liste standen und die Erwartungen nach Verstärkung erfüllten. Unklar erscheint, wie die Duisburger wohl auf dem Markt reagiert hätten, wenn sich Niklas Kölle und Thomas Pledl nicht in den ersten Spielen verletzt hätten. Aufgrund der späten Transfers blieb unter den Fans viel Spielraum zur Spekulation, ob die namhaften Verpflichtungen überhaupt zum Plan gehörten – obwohl mit Moritz Stoppelkamp und Julian Hettwer auch zwei Hoffnungsträger abgegeben wurden. Beide waren Flügelspieler.
Fehler 3: Kaderplanung sorgte nicht für Halt
Das wirft die Frage auf: Wer sollte eigentlich Stoppelkamp ersetzen? Wer sollte Marlon Frey im zentralen Mittelfeld ersetzen? Wer soll die Offensive, um die sich in der zurückliegenden Transferphase vorrangig gekümmert werden sollte, überhaupt beleben? Heskamp verlängerte mit Kolja Pusch und Benjamin Girth. Beide Akteure haben Qualität, konnten sich aber aus verschiedenen Gründen in ihrer bisherigen MSV-Zeit nur selten als Stammspieler durchsetzen. Man war offensichtlich bereit, Phillip König abzugeben – der Stürmer war bereits bei Rot-Weiß Erfurt in der Regionalliga im Probetraining. Drei Tage nach dem Deadline-Day erhielt der 23-Jährige wieder 30 Einsatzminuten, weil ihm die Qualität für die 3. Liga anscheinend doch zugetraut wird.
Marvin Knoll könnte in der Innenverteidigung aushelfen, im Zweifelsfall auch Joshua Bitter. Alaa Bakir könnte auf die Flügel ausweichen, was auch Pusch und Köpke könnten. Chinedu Ekene könnte Rechtsverteidiger, Rechtsaußen und Mittelstürmer spielen, wenn es nötig wird. Sebastian Mai spielt sowieso Innenverteidiger oder Mittelstürmer. Die Kaderplanung der Duisburger ist – wohl auch nach Wunsch von Torsten Ziegner – auf sehr viel Flexibilität ausgelegt. Sollte das die Handschrift sein, die in der Kaderplanung erkennbar werden sollte, mag es vielleicht aufgegangen sein. Ein echter Halt wurde es für den MSV jedoch bislang nicht.
Fehler 4: Keine neue Hierarchie
Alte Zöpfe wurden abgeschnitten, um der Mannschaft die Möglichkeit zu geben, eine neue Rangordnung zu schaffen. Das war das Ziel von Heskamp und Ziegner, zu dessen Zweck der Vertrag von Moritz Stoppelkamp nicht verlängert wurde. Ein Punkt, den man – entgegen den Aussagen von Präsident Ingo Wald, dass man den Kapitän im Nachhinein nicht hätte von Bord gehen lassen dürfen – Heskamp nicht wirklich ankreiden konnte: Mit Stoppelkamp lief es sportlich in den Jahren zuvor auch nicht wesentlich besser, als ohne ihn. Trotzdem fehlen dem MSV natürlich 17 Scorerpunkte, die allgemeine Torgefählichkeit des 36-Jährigen wird schon vermisst.
Die Akteure, die als neue Führungsspieler vorgesehen waren, sind derzeit jedoch außer Form. Neu-Kapitän Mai startete zwar als emotionaler Lautsprecher in die Saison, erzielte schon drei Tore und nimmt weiter kein Blatt vor den Mund. Allerdings ließ sich der 29-Jährige zum Unmut der Fans auch dazu hinreißen, sich in den letzten Interviews recht sarkastisch gegenüber der Mannschaftsleistung zu äußern. Bakalorz, den viele als Kandidaten für das Kapitänsamt gesehen hatten, spielt derzeit überhaupt keine Rolle und fristet sein Dasein auf der Bank. Esswein, Feltscher, Girth, Pledl? Aufgrund von Verletzungen kommen die erfahrenen Spieler nur schleppend in die Saison. Auf dem Papier sind die Namen der Neuzugänge weiterhin klanghaft, dazu spielte beim MSV bislang auch viel Pech mit hinein. Doch am Ende bleibt bei vielen Fans wohl das Fazit stehen, das bei Heskamps Arbeit in diesem Sommer kaum eine positive Überraschung bei den Zebras hängen bleibt.