Wieder im Flow? Warum Arminia ein Zeichen gesetzt hat

Vorsicht ist auch in Momenten überschwänglicher Freude das Gebot der Stunde. Wer wüsste das besser als der Anhang von Arminia Bielefeld. In der Vorsaison, als man sich in die 3. Liga durchreichen ließ, gab es immer wieder ähnliche Momente wie das 3:1 gegen Waldhof Mannheim. Jetzt liegt es am Team, dass der Erfolg eben keine Eintagsfliege bleibt. Sportchef Michael Mutzel zeigt sich zuversichtlich.

Entwicklungsschritt gegangen

Was für eine Erlösung war das, was für ein frenetischer und befreiender Jubel. Mehr als 15.000 Arminia-Fans waren am Samstagabend ganz aus dem Häuschen, bereit, noch durch die nahe Innenstadt zu ziehen und einfach mal ein paar Stunden zu genießen. Oft hatten ihre Idole in Schwarz-Weiß-Blau ihnen dieses Gefühl in den vergangenen knapp zweieinhalb Jahren nicht gegeben. Umso besser tat das 3:1 gegen den SV Waldhof und die Leistung, die dahintersteckte. Denn sie war, mit dem Schönheitsfehler des abermals hergeschenkten Gegentors, eine astreine und daher bemerkenswerte. Urplötzlich ist der DSC, so weit durften diese 90 starken Minuten dann doch gedeutet werden, den erhofften Entwicklungsschritt gegangen – oder hat ihn zumindest stark angedeutet. Denn spielerisch passt viel, viel mehr zusammen, seine Handschrift hatte Trainer Mitch Kniat an diesem Tag erstmals dick und fett mit Textmarker aufgetragen.

"Von Beginn an dominant", sagte Kniat im Anschluss über die Leistung seiner Elf, und das passte. Ein kurzer Blick auf die Statistik: 23:5 Torschüsse, 4,1 zu 0,2 erwarteter Tore – es war wohl einer der verdientesten Siege, die diese Drittliga-Saison bislang zu bieten hatte. Und das passierte gerade einmal zwei Wochen nach einer heftigen 2:6-Klatsche gegen Saarbrücken, zehn Tage nach der schlimmen 1:3-Niederlage in Verl, als sich die ersten Fans schon in Galgenhumor übten. Doch auch sie hatten an einem Strang gezogen, sich schon gegen Borussia Dortmund II (2:2) nicht zu einem Pfeifkonzert beim Rückstand hinreißen lassen und taten das auch gegen Mannheim nicht.

Mutzel: "Sind weiter und gefestigter"

Klar: Ein paar böse Kommentare musste Keeper Jonas Kersken über sich lesen, weil er den verhängnisvollen Fehlpass spielte. Es blieb aber an diesem Nachmittag unbestraft, weil seine Vorderleute so viel besser, so viel druckvoller und ballsicherer als enttäuschende Mannheimer waren. "Mein Eindruck ist, dass wir als Mannschaft auf jeden Fall weiter und gefestigter sind, als noch vor vier Wochen. Die Mannschaft entwickelt sich, weil sich auch die Spieler entwickeln", sagt Sport-Geschäftsführer Michael Mutzel gegenüber liga3-online.de und hebt hervor, dass die Spieler in den vergangenen beiden Partien als Team stabiler agiert und jeweils nach Rückstand noch gepunktet hätten.

Einzelne Spieler würden ihren Rhythmus durch mehr Spielanteile finden. Als Beispiel nennt Mutzel Nassim Boujellab, "der ja sehr lange gar nicht gespielt hat". Bei Schalke 04 schaffte Boujellab nicht dauerhaft den Sprung zu den Profis, wurde beim FC Ingolstadt einst suspendiert. Ein Problemfall? Aktuell beweist der Deutsch-Marokkaner das Gegenteil, hat die mäßigen ersten Saisonwochen abgeschüttelt und die Fesseln gelöst. Einen Grund nannte Boujellab nach Spielende: "Weil mir der Trainer immer mehr Vertrauen schenkt." Das ist dem 24-Jährigen derzeit anzumerken, sein Ballgefühl und technisches Vermögen ist im obersten Drittliga-Regal anzusiedeln – ähnlich ist es bei Marius Wörl, der als Leihgabe von Hannover 96 in Windeseile den Weg in die Startelf gefunden hat und ein gemeinsam mit dem Allrounder Sam Schreck äußerst spannend besetztes Mittelfeld komplettiert.

Ein neuer Begeisterungsschub

Wie beständig ist der Erfolg dieses Mal? Das gegen Mannheim gezeigte Leistungsvermögen machte eines klar: Arminia Bielefeld sollte mit seiner spielerischen Qualität in der unteren Tabellenhälfte nichts verloren haben. Aber genau solche Sätze kennen und fürchten sie auf der Alm, sie erinnern böse an die Vorsaison, auch wenn sich die Protagonisten zu 95 Prozent verändert haben. Und auch in diesem Jahr gibt es mehrere Faktoren, die zu Hindernissen werden können: So bleibt die Abwehr, auch wenn sie inklusive Debütant Maximilian Großer gegen den SV Waldhof kaum gefordert wurde, ein Sorgenkind – und die Torhüterposition angesichts der Summe gezeigter Unsicherheiten sogar eine Problemzone. Hier ist Arminia in der Kaderplanung ein Wagnis eingegangen und wird künftig noch das eine oder andere Mal auf eine Topleistung des Offensivbereichs angewiesen sein – Spiele dürften auch künftig öfter 3:1 als 1:0 ausgehen.

Ergebnisse, die Arminias unerschütterliches Publikum gerne annehmen wird. Die größte Angst ist dank des klaren Aufwärtstrends in den vergangenen beiden Heimspielen vorläufig gebannt, es hat sich sogar die aus der üblichen ostwestfälischen Stimmungsschwankung resultierende plötzliche Euphorie eingestellt: Waren kurz vor dem Mannheim-Spiel noch etwa 1.600 Karten für das kommende Auswärtsspiel beim MSV Duisburg verkauft, so waren es zwei Tage darauf bereits 2.700. Arminia Bielefeld genügen nach schlimmen Jahren eben schon kleine sportliche Hoffnungsschimmer für einen neuen Begeisterungsschub. Damit dieser in einen langfristigen Trend mündet, wäre so ein Auswärtssieg beim Schlusslicht (Samstag, 16.30 Uhr) der Optimalfall – weiß auch Mutzel: "Es liegt an uns, nun auch in Duisburg mit unserer Leistung zu bestätigen, dass wir auf dem richtigen Weg sind." Wobei auch in den vergangenen Wochen nicht alles schlecht gewesen sei. "Unsere Leistungen beim 2:1-Auswärtssieg in Unterhaching oder in der 2. Halbzeit im Spiel gegen Verl waren auch schon richtig gut."

   

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