Die Gewinner und Verlierer der Hinrunde 2023/24

Nur 46 Stunden liegen zwischen dem Hinrunden-Finale und dem Rückrunden-Auftakt der 3. Liga – das dürfte ein Rekord sein, der lange Bestand hält. Umso kürzer ist die Zeit, einen Strich hinter das erste Halbjahr zu ziehen und Gewinner sowie Verlierer aufzuschlüsseln. Die Tabelle gibt hier eindeutige Hinweise, doch die besten und schlechtesten Performer finden sich nicht nur am oberen sowie unteren Ende.

Gewinner

Zehn Siege am Stück, nur eine Niederlage mit dem 1:2 gegen den SV Sandhausen, dazu die Herbstmeisterschaft: Der SSV Jahn Regensburg hat geschafft, was vor ihm nicht vielen Zweitliga-Absteigern gelungen war, und sich optimal auf die 3. Liga vorbereitet. Besonders die disziplinierte und leidenschaftliche Abwehrarbeit (erst 17 Gegentore), wichtigster Bestandteil der Philosophie von Coach Joe Enochs, hat sich voll ausgezahlt. Zur ganzen Wahrheit gehört genauso, dass beim Jahn zwischen tatsächlichen Punkten (42) und erwarteten Punkten (27,6) eine vielleicht historische Lücke klafft.  Über mangelndes Spielglück sollten und werden sich die Oberpfälzer folglich kaum beschweren. Der Wiederaufstieg ist angesichts von neun Punkten Vorsprung auf Rang 3 mehr als nur realistisch, aber natürlich längst noch nicht sicher. Der schlimme Verlust des kürzlich verstorbenen Spieler Agyemang Diawusie trübt die tollen sportlichen Schlagzeilen und legt einen Schatten auf die ansonsten mustergültige Saison.

 

Die Frage nach dem stärksten Aufsteiger deutete im Sommer nicht zwangsläufig auf den SSV Ulm 1846 hin. Doch der Vertreter aus dem Südwesten reiht sich nahtlos ein in die lange Liste sehr konkurrenzfähiger Aufstiegs-Vorgänger wie Elversberg und Saarbrücken – und hat nach der Hälfte der Spiele schon drei Viertel der nötigen Punkte für den Klassenerhalt im Sack. Zu verdanken haben die Spatzen dies überraschenderweise nicht primär ihrer Defensive, die im Aufstiegsjahr bemerkenswerte Quoten erzielte. Sondern ihrem spielerisch ausgereiften Ansatz, starker Effizienz und klugen Transfers wie Leo Scienza, der dem Team immer mehr seinen Stempel aufdrückt. Gut möglich, dass auch Trainer Thomas Wörle ins Visier größerer Klubs gerät, denn er holt aus wenigen Mitteln bislang exzellenten Ertrag.

 

Lange zog Dynamo an der Tabellenspitze einsame Kreise, dann setzte es drei 0:1-Niederlagen in Folge, die einerseits die Herbstmeisterschaft kosteten und anderseits den Drittliga-Rekord der meisten Heimsiege in Folge. Dennoch blickt die SGD auf eine mehr als gelungene Hinrunde zurück und wurde ihrer Favoritenrolle bislang gerecht: Die beste Heim- und die zweitbeste Auswärtsmannschaft, die drittbeste Offensive und die zweitbeste Defensive sind der Beleg dafür. Auffällig allerdings: Dynamo hat deutlich weniger Tore geschossen (32) als erwartet (41). Insgesamt stehen die Sachsen mit 40 Punkten aber in etwa da, wo die Rechenmodelle die SGD auch einschätzen (38 Zähler). Das größte Faustpfand sind ohne Frage die Fans. Im Schnitt pilgerten knapp 29.000 Zuschauer zu den Heimspielen. Nie zuvor konnte ein Drittligist einen derart hohen Zuschauerschnitt aufweisen. Mit Stefan Kutschke (neun Tore), Tom Zimmerschied (neun Assists) sowie Niklas Hauptmann hat die SGD zudem drei absolute Unterschiedsspieler in ihren Reihen.

 

Auch wenn der SC Verl seine starke Form zuletzt nicht mehr halten konnte: 30 Punkte aus 19 Spielen und der fünfte Tabellenplatz sind ein herausragendes Zwischenzeugnis für alle, die an der Entwicklung in der ostwestfälischen Kleinstadt beteiligt sind – Spieler, Trainer, Staff und Funktionäre. Alexander Ende fand im Sommer eine funktionierende Mannschaft vor, entwickelte die riskante Spielphilosophie weiter und gewährte Shootingstar Oliver Batista Meier (16 Scorerpunkte) die taktische Freiheit, die der Zauberfuß für eine fabelhafte Hinrunde benötigte. Aktuell ist der Sportclub ein Musterbeispiel dafür, wie ein Fußballverein mit Ruhe und Besonnenheit seinen sportlichen Traum lebt. Beachtlich: Ob sie nun gewinnen oder verlieren: Partien mit SCV-Beteiligung (Torverhältnis 38:32) enden niemals in Langeweile – genau so sollte Fußball sein.

 

Verlierer

Zehn sieglose Spiele – auch das ist in der 3. Liga möglich, wie der SV Waldhof in einer kaum enden wollenden Leidenszeit zwischen Ende September und Mitte Dezember unter Beweis stellte. Erst am vergangenen Wochenende brach mit dem 3:0-Sieg über Erzgebirge Aue der Bann, es war ein Erfolg, der einen Erdrutsch der Erleichterung mit sich brachte. Und doch ist unverkennbar: Die Mannheimer stoßen in diesem Jahr an qualitative Grenzen, sind längst nicht mehr ein erweiterter Aufstiegskandidat wie in mancher Saison zuvor. Trainer Rüdiger Rehm wirkt unheimlich bemüht, sucht aber seit Monaten nach einer zuverlässigen Startelf mit gewisser Spielstärke – bislang erfolglos. Die Konsequenz war das Abrutschen auf einen Abstiegsplatz, und diverse Statistiken untermauern, dass dies zurzeit auch völlig verdient ist. Gleichwohl ist Platz 16 zur Winterpause noch möglich.

 

Im Vorjahr fast Meister, nun abgeschlagenes Schlusslicht: So kolossal wie die Freiburger Reserve ist noch kein Drittligist abgestürzt, nicht einmal die U23 des FC Bayern, die vor drei Jahren ein ähnliches Schicksal erlitt. Schon jetzt wirkt der Abstieg der Breisgauer, die ihre Nachwuchsmannschaft eng mit den Profis verzahnt haben, allzu wahrscheinlich – was angesichts des oft gelobten Ausbildungskonzepts des SCF doch etwas verwundert. Allerdings war der externe wie interne Aderlass im Sommer (Vermeij, Engelhardt, Treu, Atubolu) zu groß, den Nachrückern fehlt Qualität. So sehen die Spiele fast immer ähnlich aus: Freiburg darf oft den Ball führen, ist offensiv aber immer wieder eine Fehlzündung und in der Abwehr schwer anfällig, was die zweitmeisten erwarteten Gegentore untermauern. 14 von 19 Spielen gingen verloren, ohne ein Wunder spielt Freiburg im Sommer nur noch viertklassig.

 

Kein Cheftrainer, keine Ergebnisse, wenig Perspektive – es ist schwer, dieser Tage Fan des TSV 1860 München zu sein. Schon im Sommer war der Sparkurs spürbar, die Neuzugänge füllten das Format ihrer Vorgänger kaum. Dann der tolle Saisonstart mit sechs Punkten aus zwei Partien, der vielleicht die Sinne trübte, zumal die Gegner Mannheim und Duisburg damals stärker eingeschätzt werden durften, als sie mit dem heutigen Wissen wirklich sind. Vieles, was nach jener 1:2-Niederlage gegen Lübeck am 22. August passierte, fand dann am Rande der Drittliga-Tauglichkeit statt – insbesondere offensiv, wo das Fehlen eines Stürmers mit Torinstinkt seit der Verletzung von Joel Zwarts frappierend ist. Ex-Coach Maurizio Jacobacci irritierte mit mancher seiner Personalentscheidungen, allen voran der Degradierung von Stammtorwart Marco Hiller entgegen früherer Aussagen. Ausrufezeichen wie das 3:2 in Saarbrücken zeigen, dass das Potenzial dennoch klar höher liegt als Rang 15. Es gab jedoch schon andere Vereine, die abstiegen, weil sie genau dieses Potenzial nie konstant erreichten…

 

Viele Zeilen ließen sich über den MSV Duisburg und sein lange katastrophales Halbjahr verlieren. Genügt nicht der Blick auf die erzielten Tore, um das Dilemma abzukürzen? 13 Treffer stehen auf der Habenseite, nur zweimal gelang den Zebras im Ligabetrieb mehr als ein Tor. Schlechter waren sie in ihrer Vereinsgeschichte noch nie. Toptorjäger? Innenverteidiger Sebastian Mai mit drei Treffern – gut, manchmal hilft der 30-Jährige im Sturm aus, was nicht minder erstaunlich ist. Die spielerische Linie war derweil in der Regel weder unter Torsten Ziegner noch unter Boris Schommers zu erkennen, der zumindest defensivstarke MSV bot ganz, ganz schwere Kost. Dass es zuletzt leicht bergauf ging, ließ die Fans wieder näher ans Team rücken. Mehr als Zweckoptimismus ist aber nicht drin. Ohne Wintertransfers, für die erstmal Geld aufgetrieben werden muss, wird der MSV bald erstmals viertklassig spielen.

   

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