Die besten Spiele des Jahres: Plätze 20 bis 4

Kanter- und Überraschungssiege, Aufholjagden sowie wilde Schlussphasen: Viel bot das Jahr 2023 für die Drittligisten – gerade auch im DFB-Pokal. Traditionell blicken wir zum Ende des Jahres auf die 20 besten Partien der vergangenen 365 Tage zurück. Den Anfang machen wir mit den Rängen 20 bis 4 im Schnelldurchlauf, ehe in den kommenden Tagen die spannende Frage beantwortet wird, welche Begegnungen es aufs Treppchen der liga3-online.de-Redaktion geschafft haben.

Freitagabend, Flutlicht, knappe 20 Grad und somit bestes Fußballwetter in der Schauinsland-Reisen-Arena, in der über 10.000 Zuschauer einen Traumstart des heimischen MSV sahen, der bis dato einen Fehlstart in die Spielzeit 2023/24 hinlegte. 2:0 war der Stand nach gerade einmal 13 Minuten. Sollte es schon die Wende in dieser Saison werden? Mitnichten. Mit dem Pausenpfiff kam der gastierende SC Verl zum Anschluss und nach dem Seitenwechsel prompt zum Ausgleich. Endgültig kippte die Stimmung, als der Sportclub die Partie in der dritten Minute der Nachspielzeit dank Matchwinner Mael Corboz gänzlich drehte.

 

Dass in der Partie viel los gewesen sei, könnte als blanke Untertreibung gewertet werden: Sechs Treffer, einen Platzverweis sowie zwei Elfmeter sahen die Zuschauer Anfang November in Köln. Bereits nach 17 Minuten bekam die bis dato seit sechs Spielen ungeschlagene SGD einen Strafstoß zugesprochen, den Viktoria-Unglücksrabe Greger verursachte. Stefan Kutschke nahm sich der Sache an und verwandelte. Ein Bild, das sich zum 3:0 vor der Pause nochmal wiederholte. Während der Dresdner Sturm-Hüne im zweiten Durchgang seinen Dreierpack schnürte, musste Greger indes vor der Pause duschen gehen. Dynamo bewies an diesem Freitagabend, was für eine Power in der Mannschaft steckte.

 

Marcel Reichwein, Dominik Stroh-Engel oder auch Marcel Ziemer. Die Auswahl der neun Spieler, denen ein Viererpack in der Historie der 3. Liga glückte, liest sich wie ein Who-is-Who der Spielklasse. Eine Auswahl, zu der seit diesem Jahr auch Marcel Fetsch von der SpVgg Unterhaching gehört. Am Mittwochabend der Englischen Woche des 9. Spieltags gelang dem 35-Jährigen einfach alles. Zweimal per Kopf, zweimal mit Fuß – am Ende versenkte der Rotschopf Rot-Weiss Essen quasi im Alleingang und sorgte als Solokünstler für ein wahres Spektakel.

 

Nur drei Tage nach ebenjener Klatsche unter der Woche gegen Unterhaching empfingen die Rot-Weissen den SC Verl – um erneut böse unter die Räder zu kommen. Zur Pause mussten die Essener lediglich einen 0:1-Rückstand hinnehmen, doch ging es nach dem Seitenwechsel mächtig dahin, denn es sollten noch vier Tore der Ostwestfalen folgen. Überragender Mann diesmal: Oliver Batista-Meier. Dem gelang zwar kein Viererpack, aber zumindest ein Hattrick sowie die Vorlage zum 1:0. Wieder musste RWE nach einer atemberaubenden offensiven Einzelperformance beim Gegner eine empfindliche Pleite hinnehmen. Zum Trost für alle Essen-Anhänger: Es sollte der Wendepunkt der Saison sein, und in der Folge ging es für Rot-Weiss steil bergauf.

 

Acht Spiele war Sreto Ristic mit dem Halleschen FC seit Amtsantritt ungeschlagen – eine stolze Serie, die aber am 31. Spieltag der Saison 2022/23 auf die Probe gestellt wurde. Nach einem wilden Start stand es binnen sechs Minuten 1:1, Marvin Stefaniak brachte die Erzgebirger in der ersten Halbzeit in Führung. Und so vergingen die Minuten, der Auswärtssieg für die Veilchen rückte bis zur 74. Minute immer näher. Was folgte, war umso bemerkenswerter: Tunay Deniz und Niklas Kreuzer per Strafstoß drehten die Partie, und selbst ein Platzverweis gegen Kreuzer stoppte den HFC nicht. Im Gegenteil: In einer furiosen Nachspielzeit stellte Halle gar noch auf 5:2 – und unterstrich die Drittliga-Tauglichkeit seiner Offensive.

 

Letztlich fehlte dem FSV Zwickau zum Klassenerhalt in der vergangenen Saison ein gutes Stück, doch in manchen scheinbar aussichtslosen Duellen war er den Überraschungen nahe. So am Tag der Aprilscherze, in dem sich Gastgeber SVWW zunächst wähnte. Stand es wirklich 0:2 zur Pause? Tatsache! Trainer Markus Kauczinski wechselte zweifach, stellte um – und sah bis zur 53. Minute den 2:2-Ausgleich. Alles nahm den gewohnten Gang. Na denkste! Dominic Baumann traf zum bereits zweiten Mal und brachte Zwickau wieder in Front. Doch der Druck des Aufstiegskandidaten wurde mit dem 3:3-Ausgleich größer und größer, und Brooklyn Ezeh wendete das Geschehen in der 89. Minute endgültig. Ein neuerlicher Tiefschlag für den FSV, ein Feiertag für lange schwächelnde Wiesbadener.

 

Warum Saarbrücken den Aufstieg im Sommer verpasste? Weil sich der Klub Anfang 2023 wiederholt empfindliche Schwächen leistete. Das 3:4 gegen Ingolstadt war so ein Moment, der erst dadurch besonders bitter wurde, dass der FCI in dieser Saisonphase eigentlich völlig neben der Spur war. Und auch die rasante 1:0-Führung aus der 1. Minute hielt ja nicht lange, schon nach zehn Minuten stand es 2:1 für den FCS. Auch die zweite Halbzeit begann fulminant, aufs 2:2 folgte das 3:2 der Hausherren, die das Spiel hätten entscheiden können. Doch Mann des Tages wurde der allererste Torschütze, Ingolstadts Tobias Bech. Denn der Däne setzte auch die Schlusspunkte (68./80.), sein dritter Treffer ließ 7.000 Zuschauer verstummen.

 

Ein Spiel geht immer 90 Minuten – eine pseudointellektuelle Fußball-Weisheit, die sich dennoch häufig bewahrheitet. Viele, die es mit Halle halten oder eben nicht mit Essen, wird das Ergebnis nach 50 Minuten gefreut haben: 2:0 lag der Gast von der Saale auswärts an der Hafenstraße vorne. Was für eine Wucht RWE in dieser Spielzeit gerade zu Hause entwickeln kann, sollte sich aber danach zeigen, denn nach dem Anschluss in der 63. Minute ging die Partie nur noch in eine Richtung. Ein Eigentor von Lofolomo brachte den Ausgleich, ehe die angeschnittene finale Minute das Spiel gänzlich auf den Kopf stellte. Flanke Obuz, Schuss Vonic, 3:2. Der Jubel in rot und weiß kannte keine Grenzen mehr.

 

80 Tore schüttete die beste Offensive der 3. Liga im Spieljahr 2022/23 aus – klar, dass dort gleich einige Spektakel zu finden waren. So auch das Hinrundenfinale gegen Ingolstadt, in dem Elversberg zwischen der 17. und der 25. Minute den Spielstand von 0:0 auf 3:0 änderte. Der FCI drohte auseinanderzufallen, dabei hatte die schlimme 2023er-Krise ja gerade erst begonnen und man wähnte sich noch mit Aufstiegschancen. Nun: Justin Butler und Maximilian Dittgen brachten die Schanzer tatsächlich noch heran, die kurze Überzahl nach Gelb-Rot gegen Elversbergs Lukas Pickert konterte Calvin Brackelmann wenige Minuten später. Das 4:2 von Thore Jacobsen, der insgesamt dreimal traf und zwei Elfer versenkte, war die Entscheidung – der späte Anschluss veränderte nichts mehr.

 

Toreschießen, das glückte dem FCS zu Beginn der Saison immer wieder in Fülle. Nach dem 8. Spieltag sollten es derer 17 sein, die damit die meisten der Liga waren. Einen großen Anteil hatte daran der Auswärtssieg in Bielefeld, bei dem Saarbrücken gleich sechs Treffer gelangen. Dabei brauchte es seine Zeit, bis der Ketchupflaschen-Effekt einsetzte. Erst der Bielefelder Treffer durch Klos in der 41. Minute brachte die Saarländer in Schwung. Vor der Pause glückte der Ausgleich, ehe in der zweiten Hälfte stetig nachgelegt werden konnte. Dem Anschlusstreffer des DSC in der 81. Minute folgten dann in den finalen Augenblicken zwei weitere FCS-Tore. Mit Neudecker, Kerber, Brünker, Gaus, Stehle und Boeder gab es dabei gleich sechs unterschiedliche Torschützen. Ein Novum in der Liga. Einer munteren Rückfahrt stand nichts mehr im Wege.

 

Ohne Punkte in den ersten beiden Partien reiste der SC Verl am 3. Spieltag nach Saarbrücken, um auch dort nach gerade einmal vier Minuten in Rückstand zu geraten. Die Ostwestfalen steckten allerdings nicht auf, kamen furios zurück und drehten das Spiel über Paetow (34.), Lokotsch (36.) und Batista Meier (54.) urplötzlich auf 1:3. Lange hatte der Sportclub davon jedoch nichts. Mit dem 2:3-Anschluss des FCS in der 60. Minute wendete sich das Blatt. So kamen die Hausherren nach 70 Minuten erst zum Ausgleich, ehe in der Nachspielzeit durch den Treffer von Dominik Becker alles wieder zurückgebogen wurde.

 

Es war ein grandioser Tag für den Sport, aber eher keiner für Schiri Tom Bauer, als Osnabrück und Zwickau in einem wilden Duell einen verdienten und doch glücklichen Sieger fanden. Aber der Reihe nach: Das 1:0 von Ba-Muaka Simakala per Strafstoß nach sechs Minuten, vorausgegangen war eine erste Fehlentscheidung, läutete einen vermeintlich entspannten Nachmittag ein. Doch der VfL fand nicht richtig in die Partie und ließ defensiv unglaublich viel zu. Dass Zwickau die Partie drehte, war folgerichtig, die Sachsen hätten noch ein oder zwei Tore höher führen müssen. Dann fand Lila-Weiß in die Spur, nach 55 Minuten stand es 2:2, in der 86. fiel das 3:2. Doch es war längst nicht vorbei: Der just eingewechselte Raphael Assibey-Mensah ärgerte die Bremer Brücke gewaltig (88.). Dann rückte nochmal Bauer in den Mittelpunkt, gab einen zweiten unberechtigten Handelfmeter. Und wieder war Simakala zur Stelle. Bezeichnend für das VfL-Jahr: Es war die 90. Minute plus sechs.

 

7:1! Das hatten wir in der Historie der 3. Liga bis dato genau einmal, als der SC Paderborn 2017 die Bremer Reserve ähnlich demütigte. Nun legte Dynamo Dresden Anfang des Jahres nach. Und der verzweifelte Satz manches Kreisliga-Coaches, "das hätte auch ganz anders ausgehen können", er hatte doch irgendwie seine Berechtigung. Denn Halle zeigte zunächst ein ganz starkes Auswärtsspiel und war, so kurios das klingt, bei einem Halbzeitstand von 0:3 mindestens ebenbürtig gewesen. Umso stärker war die Hoffnung, mit dem frühen 1:3 nach der Pause ein Comeback zu schaffen. Doch stattdessen gab es Haue: Ahmet Arslan (insgesamt drei Tore) und Christian Conteh (zwei Tore) stellten fix auf 5:1, in der Nachspielzeit gab es noch die Tore sechs und sieben. Halles Interimscoach Jens Kiefer sah ein denkwürdiges Debüt, denn die Leistung hatte lange gepasst.

 

Fünf Mannschaften aus der 3. Liga überstanden in diesem Jahr die erste Runde des DFB-Pokals. So viele wie noch nie zuvor. Es zeigte sich, wie stark die Liga tatsächlich ist, und natürlich fanden sich hier auch einige Partien, die in dieser Auflistung nicht fehlen dürfen. Einen wahren – und am Ende erfolgreichen – Fight legte Viktoria Köln gegen Bundesligist Werder Bremen hin. In Überzahl mussten die Domstädter zwar vor der Pause den Rückstand hinnehmen, doch gab sich die Viktoria nicht auf. Dank Doppelpacker und Ex-Bremer David Philipp sowie des erlösenden Treffers von Donny Bongicevic fiel auch der zwischenzeitliche Ausgleich nach einem fragwürdigen Elfmeter, den Nun-Dortmunder Niclas Füllkrug verwandelte, nicht ins Gewicht. Nicht nur für die Kölner Fans stellte das Spiel ein Highlight des Jahres dar.

 

Der Kölner Sieg war allerdings nicht der einzig bemerkenswerte an diesem Nachmittag. Nur wenige Stunden später empfing Absteiger Bielefeld den VfL Bochum. Nach furiosem Start des DSC sah es nach einer guten halben Stunde so aus, als könnte bereits für die 2. Runde geplant werden. Dank des Doppelschlags durch Nicklas Shipnoski und Merveille Biankadi zwischen der 25. und 29. Minute stand es bereits 2:0. Dramatisch wurde es danach. Zunächst kam der Bundesligist vor der Pause zum Anschluss, ehe die 91. Minute den erschütternden Ausgleich bereithielt. Es sah ein wenig so aus, als würde den Ostwestfalen die Puste ausgehen, doch kämpfte die Arminia sich durch die Verlängerung und blieb im anschließenden Elfmeterschießen fehlerlos. Da Bochums Hoffmann verschoss und Keeper Kersken den Versuch von Stöger parierte, sorgte auch Bielefeld für die Pokal-Überraschung.

 

Schon am Samstag war die 3. Liga dank der vorherigen Siege von Saarbrücken, Sandhausen, Köln und Bielefeld in aller Munde, da sollte auch der Sonntag an diese Leistungen anknüpfen. Nur 37% Ballbesitz und eine Torschuss-Statistik von 6:16, doch die SpVgg Unterhaching spielte gegen den Bundesligisten aus Augsburg, wie ein jeder es sich von einem Underdog im Pokal wünscht. Mit Körperlichkeit und klug gesetzten Nadelstichen kämpften die Hachinger den FCA nieder. Ex-Augsburger Matthias Fetsch brachte vor der Pause die Führung, die mit einer Riesenportion Leidenschaft im zweiten Durchgang verteidigt wurde. Die Euphorie, die durch den Aufstieg wenige Wochen zuvor bereits in Gang gesetzt worden war, kannte dann am Ende keine Grenzen mehr, als Boipelo Mashigo den finalen Konter in der Nachspielzeit zum 2:0-Endstand im Tor unterbrachte.

 

"Pokalschreck 1. FC Saarbrücken!" Ein Titel, den wohl nur die wenigsten in diesem Jahr auf dem Schirm hatten. Der furiose Lauf des FCS, der mit dem 2:1-Sieg über den KSC startete und einen emotionalen Höhepunkt im Sieg über den FC Bayern München fand, hatte auch eine Zwischenstufe: Der kürzlich geglückte Sieg über Eintracht Frankfurt, der nicht minder spektakulär daherkam. Einstellen konnte sich der Bundesligist nun auf das, was einen im Pokal im Ludwigspark erwartete. Nur nutzte dies nichts. Nach einer torlosen ersten Hälfte spielte der FCS auch im zweiten Durchgang mehr als nur ebenbürtig, ging dank Kai Brünker nach dem Stundenmarker in Führung und hielt auch in der Folge dagegen. Das 2:0 von Luca Kerber nach 78. Spielminuten kam dann zum optimalen Zeitpunkt. Ein mehr als geglückter Nikolaustag sorgte dafür, dass der FCS auch im Jahr 2024 weiter im DFB-Pokal auflaufen wird. Dann trifft der FCS mit Mönchengladbach auf den nächsten Bundesligisten – und wird damit vielleicht ja auch im nächsten Jahr in dieser Liste vertreten sein.

   

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