Seit acht Spielen ungeschlagen: Warum Münster beeindruckt
Ungeschlagen in 2024 und in der Rückrunde! 18 Punkte! Ein tabellarischer Sprung auf Platz 5! Preußen Münster ist derzeit – gemeinsam mit 1860 München – das Maß der Dinge in der 3. Liga. Im Gegensatz zu den Löwen darf der SCP, weil er seine Serie aus besserer Ausgangslage gestartet hat, nun sogar träumen. Ist das berechtigt?
"Macht jedem gerade unnormal viel Spaß"
Siege sind in der 3. Liga fast immer das Produkt harter Arbeit. Bei Preußen Münster haben sie das schnell verstanden, denn am Ende dieser engen Partien ist der Sieger derzeit fast immer der Klub von der Hammer Straße. 2:1 über Bielefeld, 2:1 über Essen, 3:2 in Dortmund, als Ausnahme das locker-leichte 3:0 in Lübeck – und nun das 3:1 gegen einen lange enorm wehrhaften MSV Duisburg, in aktueller Verfassung sicherlich besser unterwegs, als es der 18. Tabellenplatz vermuten lässt. Macht fünf Siege, vier davon in heißen NRW-Duellen – addiert mit drei Remis ist die Mannschaft von Sascha Hildmann der beste Drittligist der Rückrunde. Im Kalenderjahr haben einzig die Münchner Löwen dank eines um ein Tor besseren Torverhältnisses die Nase vorn. "Es macht jedem gerade unnormal viel Spaß“, sagte Urgestein Simon Scherder folgerichtig – wer könnte es besser einschätzen als er nach seinem 283. Pflichtspiel für die Preußen?
Scherder und Torhüter Max Schulze Niehues haben zwischen Regionalliga und 3. Liga mit dem Sportclub eigentlich alles erlebt. Zwei Stammspieler und unumstrittene Führungskräfte, die mit diesem Gefühl, schon immer in Münster an der richtigen Stelle gewesen zu sein, eine Mannschaft leiten und ihr ein Gesicht geben können. Identifikation ist vielleicht das erste Stichwort, das Preußen Münster in der Saison 2023/24 auszeichnet. Auch, weil Neuzugänge wie Joel Grodowski, Sebastian Mrowca und Rico Preißinger längst vom Traditionsverein in den Bann gezogen wurden und nach Stationen bei jeweils kleineren Profivereinen geradezu in ihrer neuen Rolle, im neuen Umfeld aufgehen. Aus dieser engagierten Grundeinstellung entsteht Wille, und aus diesem Willen entsteht Widerstandskraft – immerhin elf Punkte nach Rückstand sind starker statistischer Wert, der aber noch nicht zu Genüge veranschaulicht, wie unangenehm diese Preußen in Partien auf Augenhöhe eigentlich zu bespielen sind.
Nur drei Niederlagen in 22 Spielen
Drei Niederlagen kassierten die Preußen in den vergangenen 22 Ligaspielen, das allein lässt sich wohl schon als aufstiegstaugliche Bilanz bezeichnen. Zwei davon waren zurückzuführen auf die Gastspiele bei den Spitzenreitern Regensburg und Dresden, das dritte war ein höchst skurriler Adventssonntag in Unterhaching, der nach schwerstem Chancenwucher in einem 2:3 endete. Seit Monaten sind die Münsteraner in eigentlich jedem Spiel mindestens über längere Strecken ebenbürtig oder überlegen. Dazu schießen sie Tore wie am Fließband, die 17 Treffer in 2024 toppt nur noch die BVB-Reserve (18) und den Gesamtwert (47) nur noch der FC Ingolstadt mit 48 Toren. Ein Mix aus Geschwindigkeit, blitzschnellem Umschaltspiel sowie starken Standardsituationen und Flanken überfordert derzeit eigentlich jeden Gegner.
Batmaz und Grodowski zeichnen zu mehr als 50 Prozent für die Torerfolge verantwortlich, doch zuletzt hat sich auch Regionalliga-Torjäger Gerrit Wegkamp herangepirscht. Sein Doppelpack als Joker gegen Duisburg unterstrich, wie gut das sprichwörtliche Kollektiv funktioniert – zusammen mit dem ebenfalls eingewechselten Yassine Bouchama, der nach 26 Sekunden traf, hatte Hildmann alle seiner Torschützen eingewechselt. Kein anderer Drittliga-Coach tut das so regelmäßig wie der Pfälzer, dessen Vertragsverlängerung weiterhin auf sich warten lässt. Preußen Münster tut wohl gut daran, diese so schnell wie möglich unter Dach und Fach zu bringen. Seine Arbeit wird ebenso in der Branche geschätzt wie die von Sport-Geschäftsführer Peter Niemeyer, zuletzt lose mit Darmstadt 98 in Verbindung gebracht. Es wäre ein herber Verlust für den Aufsteiger, sollte das Erfolgsduo im Sommer gesprengt werden.
Träumen ist nicht mehr verboten
Bis dahin gibt es für die Adlerträger noch viel zu gewinnen. Fünf Punkte beträgt der Rückstand auf Mitaufsteiger SSV Ulm 1846 noch, die aktuelle Formkurve spricht dabei ebenso für die Preußen wie die Tatsache, dass sich hinter dem SCP kein namhafter Verfolger wie Sandhausen oder Ingolstadt nachhaltig positioniert hat. Für die Preußen ist der Traum von der Aufstiegsrelegation eine spektakuläre Entwicklung – doch nach dem de facto besiegelten Klassenerhalt ist genau dieses Träumen nicht untersagt. Das Restprogramm mit sechs Heim- und fünf Auswärtsspielen ist kein unmögliches und die Euphorie gewaltig: Das kommende Heimspiel gegen Halle ist schon jetzt fast ausverkauft.
Vorher warten am Samstag Erzgebirge Aue und Ex-Trainer Pavel Dotchev (14 Uhr), gewillt, Revanche für das 0:4 im Hinspiel zu nehmen. Nehmen die Preußen auch diese Hürde erfolgreich, fliegt der Adler wohl auf direktem Weg in die Umlaufbahn…