Imhofs Wutrede: "Fünf Kilo weniger, und ich kann mitlaufen"

Mit dem Heimsieg gegen den SC Freiburg II bleibt der SV Sandhausen im Aufstiegsrennen und steht vorerst auf Rang 5. Allerdings war der Erfolg gegen das Schlusslicht hart erarbeitet, nachdem die Kurpfälzer im ersten Durchgang eine erschreckend schwache Leistung gezeigt hatten. Die Folge war eine Wutrede von Sportdirektor Matthias Imhof. Kapitän Dennis Diekmeier und Trainer Jens Keller konnten die harten Worte allerdings nicht ganz nachvollziehen.
"Das war wirklich gar nichts"
Dass Imhof gerne mal deutliche Worte findet und nicht davor scheut öffentlich draufzuhauen, ist bekannt. Erst vor einer Woche hatte er nach dem 1:2 bei Viktoria Köln gesagt: "So dumm wie wir kann man sich nicht anstellen!" Die Deutlichkeit, mit er am Freitagabend in der Halbzeitpause im Interview mit "MagentaSport" über den Auftritt während der ersten 45 Minuten austeilte, war dann aber selbst für seine Verhältnisse ungewöhnlich. "Ich bin extrem enttäuscht vom Auftritt der Mannschaft. Das war wirklich gar nichts von unserer Seite. Alles, was wir uns vorgenommen haben, ist nicht eingetroffen", schimpfte Imhof.
"Wir wollten viel laufen, den Körper reinbringen und Emotionen zeigen, doch da war gar nichts da. Das war wie ein Freundschaftsspiel." Erklären konnte sich der 55-Jährige die schwache Leistung nicht: "Das ist unerklärlich. Wir haben in der Kabine alles angesprochen. Die Jungs haben sich nochmal motiviert. Dann kommen wir raus, und es ist alles vorbei. Das war von der 1. bis zur 46. Minute gar nichts."
Bereits nach 24 Minuten gab es nach einem Rückpass auf Keeper Nicolai Rehnen die ersten Pfiffe von den Rängen. "Ich habe da komplettes Verständnis für die Fans. Wenn ich sehe, wie unsere Jungs da rummachen, sie stehen. Fünf Kilo weniger, und dann kann ich auch noch mitlaufen. Wahnsinn. Die Jungs müssen sich auch mal selber in den Arsch treten und sich mal selber hinterfragen, was sie hier alles aufs Spiel setzen. Welche Möglichkeiten sie haben, was wir ihnen auch bieten. Und was dann in den letzten eineinhalb Spielen zurückgegeben wird.“ Imhof zufolge würden der Mannschaft die Führungsspieler fehlen, die das Heft in die Hand nehmen. "Die haben wir aktuell einfach nicht."
Diekmeier kann Kritik "nicht ganz verstehen"
Mit Dennis Diekmeier kam einer solcher zu Beginn der zweiten Halbzeit aber auf den Platz, riss die Partie an sich, zeigte die geforderte Körpersprache und hatte am Ende großen Anteil daran, dass der SVS das Spiel durch ein Traumtor von Livan Burcu (76.) noch für sich entscheiden konnte. Die Kritik von Imhof konnte 34-Jährige "nicht ganz verstehen", wie er am "Telekom"-Mikrofon betonte: "Die Mannschaft wollte, aber uns haben ein bisschen die Tiefenläufe gefehlt. Ein bisschen auch die Mentalität, das Spiel gewinnen zu wollen. Das haben wir dann geändert und richtig Druck und Power in die Partie bekommen. Das war dann ganz gut."
Auch Trainer Jens Keller, der entgegen der Erwartung von Imhof zur Pause "sachlich und ruhig" auf die Mannschaft eingeredet hatte, habe nicht den Eindruck gehabt, "dass die Jungs nicht wollten". Stattdessen sei eine "gewisse Verunsicherung" zu spüren gewesen. Womöglich auch aufgrund der Pfiffe von den Rängen, für die Keller "kein Verständnis" hatte: "Wir wollen ruhig aufbauen und nicht jeden Ball lang nach vorne schlagen." Es sei "unheimlich schwer" gewesen, "weil es Freiburg gut macht". Gleichwohl hielt auch der Chefcoach fest, dass er mit der ersten Halbzeit nicht zufrieden gewesen sei: "Uns hat die Tiefe gefehlt, wir haben keine Lösungen gefunden." Dennoch sei der Sieg "enorm wichtig" gewesen. Denn in der Tabelle rückt der SVS vorerst auf den fünften Platz und auf fünf Zähler an den SSV Ulm 1846 heran.
Am Sonntag in einer Woche kommt es zum direkten Duell. "Da brauchen wir Mentalität und Aggressivität", forderte Diekmeier. Ob die Mannschaft dann einen Auftritt zeigen kann, der Imhof nicht wieder zu einer Wutrede veranlasst? Was Hoffnung macht, ist die Tatsache, dass der SVS gegen die Topteams bisher gut aussah und aus fünf Spielen gegen die ersten drei Mannschaften starke zwölf Punkte geholt hat. Das Hinspiel gegen Ulm ging allerdings verloren.