Worum es für die Teams im Endspurt geht: Plätze 1 bis 10

Acht Spieltage vor dem großen Finale ist alles angerichtet für Entscheidungen im Auf- und Abstiegskampf, die sich mit hoher Wahrscheinlichkeit bis zum letzten Spieltag ziehen werden. Doch auch das breite Mittelfeld braucht sich noch nicht endgültig mit einem weiteren Drittliga-Jahr abfinden. Was ist für die 20 Teilnehmer noch drin? Wir unterziehen alle einem Check. Heute die Plätze 1 bis 10.

Zu viel über die aktuelle Lage nachzudenken, könnte aus Sicht der Ulmer jetzt ein entscheidender Fehler sein. Eigentlich hat der aktuelle Spitzenreiter doch alles und noch viel mehr erreicht: Der Klassenerhalt ist als einstiger Außenseiter schon seit vielen Wochen klar, die Spatzen haben sich tonnenweise Respekt erarbeitet. Doch nun geht es um den Durchmarsch, das Ziel, von dem keiner zu träumen gewagt hätte. Alle infrastrukturellen Themen sind noch ein kleines Abenteuer für sich, jetzt heißt es nur: irgendwie über die Ziellinie kommen und den hochverdienten Lohn einfahren, denn Stand jetzt hätte sich keiner den Aufstieg so sehr verdient wie der SSV.

 

Die Emotionen scheinen im ohnehin spannungsgeladen Umfeld an der Elbe allmählich durchzubrennen, denn allerorts ist krasse Nervosität spürbar. Sportchef Ralf Becker ist seit einigen Wochen entlassen, Trainer Markus Anfang muss sich immer mehr Kritik gefallen lassen, auch weil längst nicht jede seiner Personalentscheidungen mehr nachvollziehbar war. Im Landespokal beinahe an Fünftligist Plauen zu scheitern, war für ein Team, das bald Zweitligist sein will, alles andere als eine Beruhigungspille. Lange wirkte die Konkurrenz zu schwach, die SGD einzuholen, doch jetzt stürmt mit Preußen Münster ein Kandidat in Windeseile heran. Vor dem direkten Duell mit den Adlern heißt es einzig, den Kopf nicht zu verlieren.

 

Der Fluch der guten Tat hat den SSV eingeholt: Zehn Siege in Folge legten in der Hinrunde die Messlatte in unglaubliche Höhen, und wer die Spiele beobachtete, der wusste die tatsächliche Stärke der oft abgezockten und selten überragenden Regensburger wohl gut einzuordnen. Ein solcher Absturz, wie er aktuell im Gange ist, war gleichwohl nicht abzusehen. Joe Enochs findet ein Umfeld vor, das anders als etwa in Dresden darum bemüht ist, ruhig und gelassen zu bleiben. Klar ist aber auch: In aktueller Verfassung wird selbst der Relegationsplatz nicht leicht zu verteidigen sein, denn das Team findet kaum noch ein Mittel, selbst Abstiegskandidaten gefährlich zu werden.

 

Fast 35 Jahre lang wartet Preußen Münster auf die Rückkehr in die 2. Bundesliga. Soll genau dies nun per Durchmarsch gelingen? Geht es nach der Formkurve, stehen die Chancen nach sechs Punktspielsiegen in Folge ziemlich gut. Die Grundsatzfrage, ob sich nackte Qualität oder das entschlossenere und bessere Teamgefüge durchsetzt, gilt dabei für Ulm und die Preußen in ähnlichem Maße. Wobei: Der SCP hat einige Akteure mit Zweitliga-Qualität in seinen Reihen, die schon im anstehenden Spitzen-Dreierpack gegen Dynamo, den Jahn und Ulm die Tabellenlage weiter zu Gunsten der Schwarz-Weiß-Grünen drehen wollen.

 

Trotz sechs Punkten Rückstand wirft der SV Sandhausen die Flinte noch nicht ins Korn. Ein Grund dafür: Das Quartett an der Tabellenspitze hat ein richtig kompliziertes Restprogramm inklusive einiger direkter Duelle vor sich, während die Kurpfälzer vermeintlich etwas leichtere Aufgaben erwarten. Vor allem die Auswärtsbilanz (nur fünf Siege in 15 Spielen) muss aber besser werden, und überhaupt waren die Glanzlichter wie das 6:3 über Regensburg zuletzt zu selten eingestreut worden. Jens Keller muss Außergewöhnliches leisten, damit der einstige Topfavorit doch noch den klar als Ziel ausgegebenen Wiederaufstieg realisiert.

 

RWE wäre nicht RWE, wenn es nicht stetig hohe Ambitionen und Träume hegen würde. Daher hat der Klub von der Hafenstraße auch den Aufstieg noch nicht abgeschrieben. Wichtiger ist im interessanten Endspurt aber, die mit dem 4:0-Sieg über Dortmund II angeheizte Zuversicht durch die letzten Saisonmonate zu tragen und die offenen Vertragsfragen bei diversen Leistungsträgern zu klären – die Verlängerung mit Kreativspieler Torben Müsel war ein guter Anfang. Die Entwicklung ist eine, die Mut macht, und erhöht Essen im Sommer nochmals den Etat, könnte die Zeit für einen Angriff auf die Spitzenplätze tatsächlich gekommen sein.

 

Für den großen Wurf reicht es vielleicht nicht, obgleich die SpVgg mit ihrem Nachholspiel in Saarbrücken ja virtuell noch auf den fünften Platz springen und den Rückstand auf die Spitze auf fünf Punkte reduzieren könnte. Dass sich Haching aber so nahtlos zurechtgefunden hat in einer Liga, in der der bayrische Aufstiegs-Vorgänger Bayreuth bitter scheiterte, ist beachtlich. Das Konzept mit zahlreichen unbekümmerten Jugendspielern macht Spaß und kommt dem vom DFB einst gewünschten Idealzustand der 3. Liga als Ausbildungsliga ziemlich nahe. Und wer weiß, vielleicht gelingt ja mindestens noch die Pokal-Qualifikation als Vierter.

 

Mittlerweile stellt sich ein, was die Leistungen schon weitaus früher ankündigten: Borussia Dortmund II kann das hohe tabellarische Niveau nach drei Niederlagen in Serie nicht mehr halten. Zu groß sind die Lücken in der einst herausragenden Abwehr geworden, zu viel basiert auf individueller Qualität allen voran eines Ole Pohlmann, der angesichts seiner Klasse wohl im kommenden Jahr eher nicht mehr in der 3. Liga antreten muss. Aktuell ist der BVB II relativ dankbares Futter – dies muss Jan Zimmermann trotz des feststehenden Klassenerhalts zeitnah ändern, damit es in der kommenden Saison nicht zurück in den Abstiegskampf geht.

 

Grundsätzlich machen die Auer in dieser Saison ihren Fans ja reichlich Spaß, und wären die Negativserien etwas kürzer ausgefallen, könnte der FCE ja sogar ein Wort an der Spitze mitreden. Doch der Kader, das ist ein offenes Geheimnis, ist dafür zu dünn besetzt, die zahlreichen Verletzungsprobleme spülten zuletzt immer wieder mehrere Juniorenspieler in den Spieltagskader. Pavel Dotchev hat trotzdem Spaß an der Arbeit und das dürfte bis Mai auch so bleiben, denn sein Team wirkt hungrig und engagiert, ist eines, dem man Fehler gerne verzeiht. Ein solides Saisonfinale und im Optimalfall die Pokal-Qualifikation, wobei dort noch ein drittes Saisonduell mit Dynamo Dresden warten könnte, sind noch drin.

 

Kein Drittligist hat weniger Partien verloren als der FCS und doch spielt er im Aufstiegsrennen keine echte Rolle mehr, das ist schon fast tragisch. Doch im Saarland können sie es verschmerzen: Über Rivale Kaiserslautern führt der Weg ins DFB-Pokalfinale nach Berlin, was zweifellos der größte Triumph der Vereinsgeschichte wäre. Mit Pokal-Einnahmen von rund sieben Millionen Euro hat sich Saarbrücken jetzt schon kräftig saniert und ein schönes Fundament fürs Sportjahr 2024/25 gelegt – mehr sportliche Schlagzeilen zu schreiben als solche über das vermaledeite Rasenproblem, käme den Blau-Schwarzen in der Restsaison darüber hinaus zupass.

 

Weiterlesen: Plätze 11 bis 20

 

   

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