Trainerwechsel beim HFC: Woran Ristic gescheitert ist
Im Abstiegskampf lässt der Hallesche FC nichts unversucht und will mit einem Trainerwechsel nochmal für einen neuen Impuls sorgen. Stefan Reisinger wird die Aufgabe übernehmen, Sreto Ristic ist nach etwas mehr als einem Jahr im Amt Geschichte. liga3-online.de analysiert, woran der 48-Jährige gescheitert ist.
Abwehr nicht in den Griff bekommen
60 Mal! So häufig schlug es beim Halleschen FC in dieser Saison bislang ein. Damit sind die Saalestädter die Schießbude der Liga – und wandeln auf historischen Spuren. Nur vier Teams mussten in der Geschichte der 3. Liga in 31 Spielen noch mehr Gegentore hinnehmen. Bis auf Viktoria Köln, das in der Saison 2019/20 bei 62 Gegentoren stand, sind alle Klubs am Ende abgestiegen.
Egal, was Ristic probierte und welche Formation er aufbot: Die Abwehrpatzer ziehen sich wie ein roter Faden durch die Saison. Bei der 0:2-Niederlage in Unterhaching Anfang Februar resultierten gar beide Gegentreffer aus individuellen Fehlern. Bezeichnend zudem: Erst zweimal blieb Halle während der laufenden Saison zu Null.
Immer wieder Ausfälle
Die hohe Anzahl an Gegentoren ist aber nicht nur mit Patzern der Hintermannschaft zu erklären, sondern auch durch die Tatsache, dass immer wieder Spieler aufgrund von Erkrankungen, Verletzungen oder Sperren nicht zur Verfügung standen. Erst fiel Außenverteidiger Niklas Kreuzer mit einer Krebserkrankung lange aus, dann riss sich Sebastian Zieleniecki das Kreuzband, ehe der im Winter nachverpflichtete Brian Behrendt aufgrund einer Oberschenkelverletzung mehrere Spiele verpasste.
Auch Niklas Landgraf musste aufgrund von Verletzungen mehrfach passen, sodass Ristic immer wieder improvisieren musste und keine Stammformation bilden konnte. Zwischenzeitlich standen vier von fünf Innenverteidigern nicht zur Verfügung. "Das ist nicht so einfach zu verkraften", hatte Ristic Mitte Februar gesagt.
Kader nicht breit genug
Möglicherweise hätte der HFC die zahlreichen Ausfälle besser kompensieren können, wäre der Kader breiter. Zwar standen zwischenzeitlich über 30 Spieler zur Verfügung, doch längst nicht jeder kam für die Startelf infrage. Auch, weil im vergangenen Sommer mehr Masse als Klasse an die Saale geholt wurde. Bezeichnend, dass Halle zur Winterpause mit Patrick Hasenhüttl, Andor Bolyki, Jordi Wegmann, Matthew Meier und Henry Jon Crosthwaite gleich fünf Spieler freigestellt hatte. Bis auf Bolyki waren alle erst im vergangenen Sommer verpflichtet worden, spielten dann aber keine Rolle.
Gleiches gilt auch für Tim-Justin Dietrich, der selbst trotz größter Personalsorgen in der Abwehr auf gerade mal vier Einsatzminuten seit September kommt. Auch Meris Skenderovic blieb im Sturm deutlich hinter den Erwartungen. Insgesamt war die Kaderplanung in dieser Saison bis auf einige Ausnahmen wie Baumann, Behrendt, Eitschberger und Halimi alles andere als glücklich, sodass sich auch Sportchef Thomas Sobotzik hinterfragen muss.
Personalentscheidungen
Aber auch Ristic hatte bei vielen Personalentscheidungen, wenn es um die Startelf oder die Einwechselspieler ging, nicht immer ein glückliches Händchen. Das zeigte sich vor allem in Regensburg. Auf Linksaußen etwa durfte Erich Berko von Anfang an ran, obwohl dieser zuvor nichtmal im Landespokal gegen Achtligist SV Stahl Thale getroffen und in den drei Ligaspielen zuvor jeweils nur für wenige Minuten auf dem Platz gestanden hatte. Auch Nico Hug, der in der bisherigen Saison nicht immer den sichersten Eindruck gemacht hatte, gehörte zur ersten Elf, während Spieler wie Julian Eitschberger und Enrique Lofolomo erstmal auf der Bank saßen.
Darüber hinaus wechselte Ristic während der Partie ausschließlich positionsgetreu und ging trotz 0:2-Rückstand nicht ins Risiko. Eine Option wäre zum Beispiel gewesen, Nietfeld in den Sturm zu beordern. Mehrfach war in den vergangenen Wochen vonseiten einiger Fans zudem die Begnadigung von Andor Bolyki gefordert worden, doch dem hatte Ristic zuletzt einen Riegel vorgeschoben: "So lange ich hier bin, wird es nicht dazu kommen."
Zeitpunkt wirft Fragen auf
Warum Ristic ausgerechnet jetzt freigestellt wurde, wirft derweil Fragen auf. Wenn, dann hätte der HFC schon vor der Länderspielpause reagieren müssen. Oder zur Winterpause, als die Saalestädter ebenfalls unter den Strich gerutscht waren. Ob Stefan Reisinger nun der richtige Mann ist, um für den vom HFC erhoffen Impuls zu sorgen, muss sich zeigen. Der 42-Jährige kennt die 3. Liga zwar als Spieler, Teamchef und Co-Trainer, aber eben nicht als Chefcoach. Auf den frischgebackenen Inhaber der UEFA-Pro-Lizenz zu setzen, ist damit durchaus ein Wagnis – und so etwas wie die letzte Patrone.