Zwischenfazit & Prognose: Die obere Tabellenhälfte
Neun Spieltage ist die neue Saison mittlerweile alt – damit sind fast ein Viertel der Spiele bereits absolviert. Angesichts der zweiwöchigen Länderspielpause der perfekte Zeitpunkt, um einen genaueren Blick auf die 20 Teams zu werfen. liga3-online.de stellt ein erstes Zwischenfazit aus und wagt eine kleine Prognose. Heute steht die obere Tabellenhälfte auf der Agenda.
Lage: An guten Tagen sind die Dortmunder Talente um Julian Hettwer und Ayman Azhil meist schwer zu stoppen. Die klaren 3:0-Siege gegen Unterhaching und Aachen dienen als Beweis. An schlechten Tagen sieht die Welt dagegen ganz anders aus. Gegen Sandhausen und Essen waren die Westfalen beispielsweise hoffnungslos unterlegen und mussten jeweils mit einem 1:3 in der Tasche die Heimreise antreten. Insgesamt schien der Trend in den letzten Wochen eher nach unten zu gehen, die Abstiegszone kam gefährlich nahe. Doch dann gelang dem Borussia Nachwuchs ein richtiges Ausrufezeichen: Tabellenführer Dynamo Dresden wurde dank einer reifen Vorstellung mit 2:1 bezwungen und dadurch der Sprung auf Platz 10 bewerkstelligt.
Prognose: Am Potential wird diese Truppe sicherlich nicht scheitern. Etliche Spieler aus dem Dortmunder Talente-Pool verfügen über Fähigkeiten, die nur wenige Akteure in dieser Liga ihr Eigen nennen können. Das Problem, das die Dortmunder Zweitvertretung seit Jahren begleitet, ist die mangelnde Konstanz. Da dieses Problem auch in den kommenden Wochen nicht verschwinden wird, droht ein Zickzack-Kurs. Auch ein erneutes Abrutschen ins untere Tabellendrittel ist denkbar.
Lage: Drei Niederlagen zum Auftakt, der schlechteste Drittligastart der Vereinsgeschichte, mal wieder einige Unruhen im Verein – kurzum, die Münchner Löwen gaben im Spätsommer alles andere als ein gutes Bild ab. Doch als der Trainerstuhl von Argirios Giannikis bereits gehörig zu wackeln begann, kam die Wende. Besonders die Englische Woche dürfte den Fans in bester Erinnerung geblieben sein, gewannen ihre Lieblinge doch alle drei Spiele. Zweimal sogar dank eines Treffers von der Mittellinie! Im jüngsten Heimspiel gegen Wehen Wiesbaden gab es dann zwar wieder eine Niederlage, übrigens die sechste aus den letzten sieben Heimspielen, doch der insgesamt ansprechende Auftritt stimmte Fans und Verantwortliche positiv.
Prognose: Die Löwen haben in den letzten Wochen sichtlich eine positive Entwicklung durchgemacht: Die zu Saisonbeginn anfällige Defensive präsentierte sich grundverbessert und auch das Kombinationsspiel nimmt langsam Gestalt an. Dennoch wirkt das Konstrukt noch nicht wirklich gefestigt. Umso wichtiger wird es für die Sechzger, im anstehenden Derby gegen Unterhaching ein Erfolgserlebnis nachzulegen. Gelingt das, könnte es mittelfristig ins erste Drittel gehen. Aber auch ein Festsitzen im Mittelfeld ist denkbar.
Lage: Aufgrund der sehr namhaften Neuzugänge und des zweimal in Folge nur knapp verpassten Aufstiegs wurde der FCS vielfach als Aufstiegsfavorit genannt. Dieser Rolle werden die Saarländer bisher allerdings nicht gerecht. Vielmehr agieren die Blau-Schwarzen im bisherigen Saisonverlauf konstant inkonstant. Kaum gelingt dank einer guten Phase der Anschluss an die Spitzengruppe, folgt eine schmerzhafte 1:4-Klatsche bei Energie Cottbus und ein wenig erbauliches 0:0 gegen Bielefeld. Deutlich zu wenig für das anspruchsvolle Umfeld. Viele Fans verschaffen ihrem Unmut in Form von Pfiffen Gehör und fordern zudem den Kopf von Trainer und Manager Rüdiger Ziehl, dessen Doppelfunktion vielen ein Dorn im Auge ist. Dass der Rückstand auf die Aufstiegsplätze nur drei Punkte beträgt, reicht nicht, um die Gemüter zu besänftigen. Ein Kritikpunkt der Fans ist der stockende Offensivmotor, der trotz zahlreicher prominenter Spieler einfach nicht so recht ins Rollen kommt und in neun Spielen erst zehn Tore verbuchen konnte – eindeutig zu wenig für ein Spitzenteam.
Prognose: Sportlich fehlt eigentlich nicht viel, um zu den Spitzenregionen aufzuschließen. Vieles wird davon abhängen, inwieweit die Mannschaft die negative Stimmung von sich fernhalten kann. Wenn sie ihr Potential besser auf den Platz bekommt, ist auch ein schnelles Aufschließen zu den Spitzenteams denkbar. Auf der anderen Seite könnte ein weiterer Funke schnell dafür sorgen, dass die toxische Gemengelage in einer Explosion mündet.
Lage: Drei Jahre lang waren die treuen Fans von Arminia Bielefeld hartem Abstiegskampf ausgesetzt – zweimal mit negativem Ausgang. In dieser Saison gibt es nun wieder regelmäßig was zu feiern. Der Saisonstart mit zwei Ligasiegen sowie einem überzeugenden 2:0 im Pokal gegen Zweitligist Hannover 96 gelang ganz vorzüglich. Ein weiteres Ausrufezeichen war der 3:1-Auswärtssieg beim bis dato stets siegreichen Spitzenreiter Aue. Umso überraschender kam daher die Schwächephase in der Englischen Woche daher, in der die Arminia zweimal verlor, darunter ein enttäuschendes 0:3 gegen Stuttgart II. Umso größer fiel daher der Jubel aus, als Abwehrmann Joel Felix den DSC im Nachbarschaftsduell gegen den SC Verl in der Nachspielzeit zum Sieg köpfte. Damit untermauerten die Ostwestfalen ihren Platz in der erweiterten Spitzengruppe.
Prognose: Das Bielefelder Auftreten in dieser Saison hat nur noch wenig mit dem der Vorsaison gemein. Der DSC wirkt deutlich gefestigter und reifer. Allerdings mangelt es der Kniat-Elf noch an einem Torjäger, was sich in erst neun Saisontoren – übrigens alle von unterschiedlichen Schützen stammend – äußert. Will sich Bielefeld dauerhaft im Spitzenkreis festsetzen, braucht es zwingend mehr Offensivpower. Wahrscheinlicher ist, dass die Arminia sich in den kommenden Wochen im Windschatten der Spitzengruppe bewegen wird.
Lage: Der gewaltige Aderlass im Sommer veranlasste viele Experten dazu, Viktoria Köln als Abstiegskandidat Nummer 1 anzuführen. Doch die Truppe von Olaf Janßen belehrt die Kritiker derzeit eindrucksvoll eines Besseren. Dank beachtlicher fünf Siege steht die Viktoria schon bei 15 Punkten, das sind bereits ein Drittel der für den Klassenerhalt benötigten Zähler. Der erfahrene Janßen gibt seinen Schützlingen ein klares Konzept vor und schenkt den Spielern zudem das nötige Vertrauen – und diese zahlen es mit Leistung zurück. Bestes Beispiel ist Edel-Joker Serhat Güler, der nach gescheiterten Intermezzi in Rostock und München bei der Viktoria wieder aufblüht und als Einwechselspieler bereits auf unglaubliche fünf Tore kommt. Besonders verrückt war sein Auftritt gegen den SC Verl, als er dank zweier Treffer in der Nachspielzeit einen 0:1 Rückstand in einen 2:1-Sieg verwandelte.
Prognose: Bei allem Respekt für die beachtlichen Leistungen der Kölner muss auch angemerkt werden, dass der Viktoria im bisherigen Saisonverlauf das Spielglück oftmals hold war. Unter der Annahme, dass sich dieses im Fortschreiten des Saisonverlaufs vermeintlich mehr und mehr ausgleicht, wäre davon auszugehen, dass sich die Kölner mittelfristig in Richtung der unteren Tabellenhälfte bewegen werden. Aber wer weiß, vielleicht widerlegt die Viktoria wieder einmal sämtliche Prognosen.
Lage: Was für ein Saisonstart! Vier Spiele, vier Siege! Darunter ein souveränes 2:0 im Sachsenderby gegen Dynamo Dresden vor heimischem Publikum. Die von Trainerfuchs Pavel Dotchev perfekt eingestellten Auer schwebten die ersten Wochen der Saison auf Wolke sieben. Als bereits alles danach aussah, dass die Erzgebirger den Drittliga-Startrekord von fünf Auftaktsiegen einstellen würden – schließlich lag Aue auch im fünften Saisonspiel mit 1:0 in Führung und schien alles im Griff zu haben – kassierten die Veilchen gegen Bielefeld innerhalb von kurzer Zeit drei Tore. Die Siegesserie war jäh gerissen – und es sollten beschwerliche Wochen folgen. Aus den fünf Spielen, die auf die Siegesserie zum Auftakt folgten, holte der FC Erzgebirge nur noch vier Punkte. Statt als Tabellenführer gehen die Veilchen daher auf einmal nur noch als Fünfter in die zweite Länderspielpause der Saison.
Prognose: In den ersten Spielen hat die Dotchev-Elf möglicherweise etwas über den eigenen Möglichkeiten gespielt. Gleichzeitig waren die Sachsen in den letzten fünf Partien besser als die Resultate vermuten lassen. Die Wahrheit liegt wohl wie so oft in der Mitte. Mittelfristig ist damit zu rechnen, dass sich die Ergebnisse in eben dieser Mitte einpendeln werden. Das wird Aue ein Mitschwimmen in der Spitzengruppe ermöglichen.
Lage: 3:0, 4:0, 5:2 und 4:1 – Ergebnisse wie man sie sonst nur vom FC Bayern kennt! Doch nein, das sind nicht die Produkte des deutschen Rekordmeisters, es sind die Glanzleistungen des FC Energie Cottbus, der die 3. Liga in den letzten Wochen mit einer Gala-Vorstellung nach der anderen entzückte. Lagen die Lausitzer nach einem verpatzten Saisonstart mit nur drei Punkten aus vier Spielen Anfang September noch auf Platz 16, so sind sie jetzt auf einmal Tabellenvierter – mit nur einem Punkt Rückstand auf Platz 2. Dort liegt Dynamo Dresden, also eben jenes Team, das der Wollitz-Truppe am zweiten Spieltag nach einer frühen 2:0-Führung eine höchst schmerzhafte 2:4-Niederlage zufügte. Doch das ist längst Schnee von gestern. Längst herrscht in der Niederlausitz eitel Sonnenschein. Und statt über das Dresden-Spiel unterhalten sich die begeisterten Fans über den Thiele-Viererpack gegen Saarbrücken oder die fünf teils äußerst sehenswerten Treffer im Auswärtsspiel in Osnabrück.
Prognose: Energie zeigt einmal mehr, wie weit man in der 3. Liga mit Eingespieltheit und einer sich verselbstständigenden Euphorie kommen kann. Kann die Wollitz-Truppe ihren Höhenflug fortsetzen? Das schwache 0:0 gegen Hannover II lässt die Zweifel wieder etwas lauter werden. Doch gerade erst in der Vorsaison haben mit Ulm und Münster zwei Aufsteiger eindrucksvoll unter Beweis gestellt, dass der oft herbeigeredete Einbruch auch einfach ausbleiben kann.
Lage: In aller Regelmäßigkeit tun sich Zweitliga-Absteiger erst einmal schwer damit, sich in der 3. Liga zu akklimatisieren. Die negativen Erlebnisse aus der Vorsaison müssen erstmal verarbeitet und die vielen neuen Spieler mühsam zu einer Einheit geformt werden. Nicht so in Wiesbaden. Trotz eines brutalen Negativstrudels zum Ende der Vorsaison, trotz einer unglücklich verlorenen Relegation, trotz eines unerfahrenen Trainer-Novizen und trotz zahlreicher Transfers ist der SV Wehen hervorragend in die neue Spielzeit gestartet. Die Arbeit des gebürtigen Wiesbadeners Nils Döring, der bis dato über keinerlei Cheftrainererfahrung im Profibereich verfügte, ist daher gar nicht hoch genug einzuschätzen. Auch auf die bitteren Niederlagen gegen Sandhausen und Aue hatte der Ex-Profi offenbar die richtige Antwort parat: Der SVWW gewann die folgenden beiden Spiele gegen Osnabrück und das zuvor viermal in Folge siegreiche 1860 München und sicherte sich damit zum Ende des ersten Saisonviertels den 3. Tabellenplatz.
Prognose: Der Kader hat jede Menge Qualität und spielt sich zudem immer besser ein. Außerdem hat die Mannschaft bereits gezeigt, mit Rückschlägen umgehen zu können. Entsprechend ist damit zu rechnen, dass sich der SV Wehen in den kommenden Wochen fest in der Spitzengruppe verankern wird.
Lage: Nach zwei vergeblichen Anläufen in Richtung Zweitliga-Aufstieg wagte Dynamo Dresden im Sommer einen Neuanfang unter Ex-Freiburg II-Trainer Thomas Stamm. Schnell zeigte sich, dass es sich dabei um einen vielversprechenden Ansatz handelt. Auf zwei Auftaktsiege, darunter ein spektakuläres 4:2 gegen Energie Cottbus, sowie einen Pokalerfolg gegen Zweitliga-Spitzenteam Düsseldorf folgte zwar eine Derbyniederlage gegen Aue, doch die SGD ließ sich davon nicht unterkriegen und legte umgehend weitere Siege nach. Das von Stamm hervorragend eingestellte Kollektiv, aus dem bisher vor allem Eigengewächs Tony Menzel im Mittelfeld und Rückkehrer Christoph Daferner im Sturm herausstechen, wirkt ebenso schlagkräftig wie anpassungsfähig. Erst in den letzten beiden Spielen geriet der Motor etwas ins Stocken. Gegen Aachen kam Dynamo vor eigenem Publikum nicht über ein 0:0 hinaus und in Dortmund setzte es eine überraschende 1:2-Niederlage, die die Sachsen die Tabellenführung kostete.
Prognose: Dresden kommt reifer und flexibler daher als noch in der Vorsaison. Die noch zu klärende Frage wäre nun, wie die Schwarz-Gelben auf größere Rückschläge reagieren. Meistern sie auch diese Prüfung, dann ist damit zu rechnen, dass Dynamo mittel- und langfristig ganz oben dabeibleiben wird.
Lage: Namhafte Spieler wie Rouwen Hennings und Startrainer Jens Keller sollten es in der Vorsaison richten. Doch diese Strategie erwies sich als teure Fehlkalkulation. Sandhausen spielte eine merkwürdige Saison und landete am Ende nur im besseren Mittelfeld. Jens Keller schmiss hin – und wurde von Ex-Halle-Coach Sreto Ristic, einem alten Bekannten in Sandhausen, ersetzt. Ein Schachzug, der bisher hervorragend aufgeht. Abgesehen von einer überraschenden Niederlage gegen Hannover II spielt der SVS bisher eine hervorragende Saison. Ristic hat das Sammelsurium an namhaften Spieler, das in der Vorsaison nicht so recht zusammenzupassen schien, zu einer harmonischen Mannschaft geformt. Zudem erweisen sich die Neuzugänge um Kapitän und Abwehrchef Jakob Lewald, Abräumer Marco Schikora und Top-Torjäger Dominic Baumann als Glücksgriffe. Kurzum: Die Hardtwälder spielen bisher eine bockstarke Saison und grüßen in dieser zweiten Länderspielpause völlig verdient von der Tabellenspitze.
Prognose: Aktuell deutet wenig darauf hin, dass Sandhausen in den kommenden Wochen nachlassen wird. Der Kader verfügt über viel Drittligaerfahrung, hat mit Immanuel Iwe und Stanislav Fehler aber auch die nötige Prise Unbekümmertheit im Angebot. In Summe spricht vieles dafür, dass der SVS auch in der Zukunft zur Ligaspitze gehören wird.
Weiterlesen: Zwischenfazit & Prognose: Die untere Tabellenhälfte