Warum es zwischen Stuttgart und Morales nicht mehr passte

Am gestrigen Montag ist Massimo Morales als Trainer der Stuttgarter Kickers entlassen wurden.  „Wir sind Massimo Morales für seine Arbeit in der vergangenen Saison sehr dankbar. Leider haben sich die Dinge in dieser Saison in eine Richtung entwickelt, die wir nicht akzeptieren können. Die Stuttgarter Kickers stehen für einen bestimmten Anspruch und für bestimmte Werte, die nicht beschädigt werden dürfen“, äußerte sich Präsident Prof. Dr. Rainer Lorz zur Entlassung. Im Folgenden blickt liga3-online.de auf die Zeit unter Morales zurück und erklärt, warum es am Ende zwischen dem SVK und dem Italiener nicht mehr passte.In der vergangenen Saison war noch alles anders. Der Italiener schaffte mit einer Serie von sechs Spielen ohne Niederlage den kaum noch für möglichen gehaltenen Klassenerhalt und ließ sich von den Spielern und Fans mit Sprechchören feiern. Diese Erfolgsserie steigerte auch die Erwartungen im Umfeld. Kaum einer redete mehr von der Zielsetzung Klassenerhalt im schwierigen zweiten Jahr nach dem Aufstieg. „ 10 Punkte mehr als vergangene Saison und ein Platz vor dem VfB II“, gab Manager Guido Buchwald als Ziel aus. Um dies zu erreichen holte er erfahrene Kräfte, wie Patrick Milchraum oder Marc Stein. Morales konnte sich nach seiner Vertragsverlängerung außerdem noch über seine absoluten Wunschspieler Paul Grischok und Elia Soriano freuen. Daniel Engelbrecht, den Morales zwischenzeitlich als „seinen besten Spieler“ bezeichnete, kam ebenfalls zurück zu  den Blauen. Alles deutete auf eine Erfolgreiche Zukunft hin.

"Ich war vielleicht zu locker"

Doch dann begann die Verletztenmisere und dem Italiener gingen die Stürmer aus. Im Vorbeitungsspiel gegen Bundesligist VfB Stuttgart musste man sogar mit U23 Nachwuchsspieler Akin beginnen, da die Alternativen fehlten. Diese Verletztenmisere hielt zu Saisonbeginn an und man verlor den Auftakt gegen Rot-Weiß Erfurt kurz vor Schluss unglücklich mit 0:1. Am zweiten Spieltag folgte eine desolate Vorstellung beim 0:4 in Wiesbaden. Es krachte ordentlich zwischen Trainer und Mannschaft und der Italiener zog die Zügel an. „Ich habe mich nach dem Klassenerhalt etwas in die Mannschaft verliebt, vielleicht war ich da zu locker mit den Spielern. Die Spieler mussten wieder mehr Respekt vor ihrem Trainer haben“, sagte Morales rückblickend. Es folgten zwei durchschnittlich Spiele mit Punkteilungen gegen die Aufsteiger Kiel und Elversberg. Beide Male kassierten die Blauen kurz vor Schluss entscheidende Gegentore. „Wir sind einfach zu unkonzentriert“, ärgerte sich der Italiener über diese unnötigen Punktverluste.

Als Auracher und Ivanusa aussortiert worden sind

Am fünften Spieltag sollte gegen den VfB II alles besser werden und der endlich der erste Saisonsieg eingefahren werden. Allerdings traten die Blauen im Derby ohne jegliche Leidenschaft und Kampfbereitschaft auf. „Den Spieler hat die Einstellung gefehlt. Mit dieser Leistung kann man keine Spiele gewinnen. Vielen Profis mangelt es an der Professionalität, die ich von jedem Drittligaspieler als selbstverständlich voraussetze“, kritisierte er seine Mannschaft erstmals öffentlich. Er griff hart durch und sortierte Patrick Auracher sowie Marcel Ivanusa aus. Beide Kickers-Urgesteine waren wesentlicher Bestandteil der Mannschaft, die letzte Saison den Klassenerhalt schaffte.  Auracher spielte damals sechs der sieben Spiele von Beginn an und galt jetzt plötzlich als nichtmehr „Drittligareif“. Besonders bitter für ihn: Kurz zuvor hatte er seinen Vertrag verlängert und Angebote anderer Drittligisten ausgeschlagen – nun fand er sich plötzlich in der Oberligamannschaft wieder. „Ich habe mir nichts zu Schulden kommen lassen. Ich kann diese Entscheidung nicht nachvollziehen, da der Trainer zuvor noch zu mir meinte ich habe immer vorbildlich trainiert“, sagte Auracher enttäuscht. Diese Entscheidung war für die Fans und das Umfeld des Vereins ebenso wenig nachvollziehbar, da sowieso schon Alternativen aufgrund verletzter Spieler fehlten.

Morales suspendierte auch Leist

Kurze Zeit später spielte auch Fabian Gerster, zu Beginn der Saison noch unumstrittener Stammspieler, keine Rolle mehr. Immerhin konnte Morales mit dem 2:2 in Osnabrück eine Reaktion seiner Mannschaft sehen.  Doch zu einem Sieg reichte es wieder nicht, diesmal bekam man in der 93. Minute noch das entscheidende Gegentor. Als der SVK das Schlüsselspiel gegen Unterhaching mit 2:3 verlor, war das Schicksal von Morales fast schon besiegelt. „Ein Trainer wird immer an Ergebnissen gemessen. Die können wir im Moment nicht liefern, aber jeder hat gesehen, dass ich die Mannschaft noch erreiche“, erklärte er nach dem Spiel. Fünf Tage später verloren die Blauen in Heidenheim mit 0:2. Das wars für Morales.  Zuvor hatte er mit Vize-Kapitän und Publikumsliebling Julian Leist noch den vierten (!) langjährigen Kickers-Spieler aussortiert. Leist hatte vor der Abfahrt nach Heidenheim am Freitag noch ein Schnitzel im Kickers-Restaurant gegessen, dies sah der Italienische Chefcoach als „unprofessionell“ an. Statt einer Geldstrafe, wie Buchwald angedacht hatte, strich der Italiener den Abwehrchef aus dem Kader und schwächte seine Mannschaft somit noch zusätzlich.  Nach dem Spiel wollte Morales sich dazu nicht äußern, während Buchwald die Situation genau erörterte.

Zu aktionistisch und dominant

Als Fazit lässt sich sagen, dass Morales die falschen Maßnahmen traf um die sportliche Talfahrt zu stoppen. Statt den Spieler Vertrauen und Spaß zu vermitteln, drohte er mit Verbannungen aus dem Kader. Ein weiteres Beispiel für sein mangelndes Vertrauen in seine Mannschaft stellte die Torhüterfrage dar. Nachdem er sich anfangs für Daniel Wagner entschieden hatte, spielte Markus Krauss zwischenzeitlich. Da dieser schlechtere Trainingsleistungen anbot, wie Morales erklärte, spielte wieder Wagner. Dieser patze beim 2:3 gegen Unterhaching, sodass Krauss gegen Heidenheim ins Tor der Blauen zurückkehrte.
Insgesamt zeigte er sich zu aktionistisch und dominant, als der Druck auf ihn und die Mannschaft stieg. Er schaffte es nicht, die Ruhe zu behalten, die er in dieser schwierigen Situation von seiner Mannschaft forderte. Trotzdem sollte man, wie Lorz schon sagt, ihm dankbar dafür sein, dass er die Kickers letzte Saison rettete.

FOTO: Flohre Fotografie