Am Längeren Hebel #49: Langweilig kann auch spannend sein
Es liegt immer an der Betrachtungsweise. Fünf Tage herumliegen kann extrem langweilig sein, wenn man seit Monaten nichts anderes macht. Fünf Tage ausspannen, nachdem man die Wochen zuvor 12 Stunden geschuftet hat, kann extrem heilsam sein. Worauf will er jetzt hinaus? „Am Längeren Hebel“ kann euch heute nichts wirklich Neues erzählen – was nicht so sehr an mir liegt. Vieles ist ganz einfach bekannt und bewährt. Damit es nicht zu langatmig ist schauen wir doch mit Tempo auf unsere Protagonisten der Woche.
Blockbuster-Reihe
Gewinner der Woche könnte (Und das ist jetzt Langeweile Nr.1) das dynamische Duo des SV Darmstadt 98 sein. Stroh-Engel auf Sailer oder Sailer auf Stroh-Engel . Die Reihenfolge ist nicht entscheidend. Da war doch was: Kommutativgesetz. Die beiden sind so wie Batman & Robin – das könnte gar nicht besser klappen. Und die Kollegen hatten schon Angst, dass immer nur Darmstadt langweilig sein könnte?!
Ok, dann gehen wir über zum Gewinner der Woche: (Langweile Nr. 2) Ihr ahnt es schon ein Serientäter. Langsam aber ganz sicher sind die Stuttgarter Kickers auf der Landkarte Dritte Liga ein dicker Fleck geworden. Beste Rückrundenmannschaft und ein gemaltes Jahr 2014 bisher. Am Wochenende verzeichnete man schon den mittlerweile achten Heimsieg in Folge. Damit steht der einstige Abstiegskandidat auf einem hervorragenden achten Tabellenplatz. Blöd nur, dass die Zuschauer den Höhenflug nicht wahrzunehmen scheinen. Gegen Osnabrück am Wochenende blieb man unter dem Schnitt, der sowieso relativ schwach ist. Schade eigentlich, dabei kriegt man richtig was geboten bei den Kickers. Könnten wir wieder das Thema mit dem Nord-Süd-Gefälle aufwerfen. Aber lassen wir das. Die Kicker der Kickers versuchen Fans zu gewinnen – mit Showeinlagen am Hauptbahnhof – und auch der Verein kommuniziert inzwischen sehr professionell. Also: meinen Teil habe ich dazu beigetragen und ich unterstreiche noch einmal, dass Langeweile hier nur aus einer Sicht zu sehen ist. Klar.
“Check yourself, before you rec` yourself”
Der Verlierer der Woche ist irgendwie auch langweilig. Und auch hier ist die Sicht eindeutig. Christian Mauersberger. Moment, Moment lasst mich doch erst einmal ausschreiben! Vorab vielleicht: Ich weiß, dass wir von den (oft sehr jungen) Profisportlern Verhaltensweisen verlangen, die wir oft selbst nicht an den Tag legen. Sind Fußballer tatsächlich Vorbilder, nur weil sie einen Sport besser können als dessen Zuschauer? Ich kann das differenzieren, ihr auch. Aber kann das auch ein kleines Kind, das zu seinem Helden aufschaut? Jetzt wird ein kleines Kind – hoffentlich – auch keinen Facebook-Account haben und von folgender Aktion gar nichts mitbekommen haben. Bei der zurzeit beliebten “Bier-Nominierung” auf Facebook hatte Mauersberger einen “deutschen, arischen Freund” gegrüßt. Dafür wurde er suspendiert. In der Folge hat er sich – natürlich- entschuldigt und sich in den Dienst einer anti-rassistischen Kampagne stellen. Die Aufforderung zum Biertrinken ist nicht der Grund, der mir aufstößt, das ahnt ihr schon. Obwohl… Lassen wir das. Der Gruß ist ein selten-dummer Akt. Sorry, dass ich das so deutlich sage. Ich habe lange an dieser Zeile gefeilt und kam immer wieder zur selben Formulierung zurück. Mauersberger ist 18 Jahre alt und wollte – hoffentlich- nur einen Scherz machen. A) ist dieser aber nicht lustig und b) in der Öffentlichkeit kann (und wird) er nicht verstanden. Deshalb: Lieber vorher denken, dann sprechen (oder schreiben) und nicht andersherum. Mauersberger weiß jetzt, dass es nur so funktioniert und eben nicht andersherum. Immerhin etwas Positives.
Ihr kennt diese moralischen Einwände von mir, wenn ihr öfter meine Kolumne lest. Da sind wir wieder bei der langen Weile – der Kreis schließt sich. Ich werde auch nicht müde das zu tun. Fußballer sind vielleicht keine Vorbilder, sie sollten sich aber vorbildlich verhalten, oder das zumindest versuchen. So wie wir alle. Und dann kann ich auch mehr über Gewinner erzählen, als über Verlierer. Denn für Darmstädter und Stuttgarter Fans ist Langweile doch etwas so herrliches.
„stay tuned“ und eine vielleicht-langweilige Woche
Uli Hebel
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