Weinzierls "Meisterstück"

Der SSV Jahn Regensburg ist Tabellenführer der 3.Liga, hat erst letzte Woche im Spitzenspiel den 1. FC Saarbrücken mit 4:1 aus dem Stadion gefegt. Dabei galten die Oberpfälzer vor der Saison noch als Abstiegskandidat. Sie müssen mit einem Etat von 1,5 Millionen Euro auskommen – mit Abstand der geringste der Liga. Auch hatten sie einen riesigen personellen Aderlass zu verzeichnen, als nicht genügend Geld da war (vermeintlich) unverzichtbaren Spielern einen neuen Vertrag anzubieten.

18 Spieler gingen – die Neuzugänge waren hauptsächlich Talente aus der Regionalliga und der eigenen Jugend, der Mini-Kader besteht aus nur 19 Feldspielern. Noch dazu war es ein neu zusammengewürfelter Haufen, der schnellstmöglich zu einer funktionierenden Einheit geformt werden musste. Die Aussicht auf eine erfolgreiche Saison in Regensburg war gering, das Ziel Klassenerhalt schien fast unerreichbar. Jahn-Trainer Markus Weinzierl (36) hatte eine scheinbar unlösbare Aufgabe vor der Brust. Aber er hat diese (wieder einmal) bravourös bewältigt, mehr noch. Er steht mit dem SSV Jahn am Platz an der Sonne! Eine wahre Meisterleistung bisher. liga3-online.de hat sich für euch den Macher dieses "Meisterstücks" mal genauer angesehen.

Stammspieler in Lohhof – Deutscher Meister in München

Markus Weinzierl wurde am 28. Dezember 1974 in Straubing geboren. Dort begann er beim TSV Straubing auch seine fußballerische Karriere, ehe er 1989 in die Jugend des 1. FC Passau wechselte. Seine erste Profistation war der SV Lohhof in Unterschleißheim bei München. In der Regionalligasaison 1994/95 spielte der Defensiv-Allrounder in 23 Partien 22 mal von Beginn an, erzielte 5 Tore. Den Lohhofer Abstieg konnte er dennoch nicht verhinder. Aber seine guten Leistungen ermöglichten ihm den Wechsel zu der U23 des FC Bayern. Dort spielte er drei Jahre lang in der Regionalliga, bis er schließlich den Sprung in die erste Mannschaft schaffte. In der Saison 98/99 gehörte er zum Kader, blieb aber ohne Einsatz. Er darf sich dennoch Deutscher Meister 1999 nennen.

Verletzungsbedingtes Karriereende beim Jahn

Daraufhin verstärkte der Niederbayer die Verteidigung des Zweitligisten Stuttgarter Kickers. Aber auch wenn er sich dort einen Stammplatz erspielt hatte, reichte es nur im ersten Jahr für den Klassenerhalt, in der zweiten Saison stieg Stuttgart ab. Weinzierl blieb zweitklassig. Er wechselte zurück in die Nähe Münchens zur SpVgg Unterhaching – aber nur für vier Spiele. Ab Winter 2002 schnürrte er seine Stiefel für den SSV Jahn Regensburg. In der Oberpfälzer Defensive konnte er sich aber nicht durchsetzten. 17 Spiele in Regionalliga und 2. Bundesliga machte er für den Jahn, bis ihn 2005 eine Verletzung zum Ende seiner Karriere zwang.

Vom Co- zum Cheftrainer

Aber bald schon kehrte er zurück ins Jahnstadion, nämlich als Co-Trainer. In der Saison 05/06 unter Trainer Günther Güttler in der Regionalliga Süd, die man aber leider als Absteiger in die Bayernliga beendete. Aber Güttler und Weinzierl blieben, stiegen wieder auf und schaffen 2008 die Qualifikation für die neue 3. Liga. Güttler wechselte anschließend zum Ligakonkurrenten Burghausen – Weinzierl blieb beim Jahn. Zu Beginn der 3. Liga unter Neu-Coach Thomas Kristl. Doch der aus Amberg geholte Trainer schaffte es nur bis November, der Jahn lag auf einem Abstiegsplatz und Kristl musste seinen Hut nehmen. Weinzierl war zunächst nur als Interimstrainer vorgesehen. Aber der damals 33-jährige hatte Erfolg mit der Mannschaft und das Jahn-Präsidium wollte mit den Niederbayer weitermachen. Das Problem: Weinzierl hatte keine Trainerlizenz. So durfte er den Jahn nur bis zur Winterpause hauptverantwortlich trainieren und sollte dann den A-Schein machen und anschließend die Fußballlehrerlizenz.

Sondererlaubnis und Fußballlehrer-Lizenz

Aber der DFB erteilte Markus Weinzierl kurz darauf eine Sondererlaubnis, dass er auch nach der Winterpause den Jahn trainieren darf, wenn er parallel die benötigten Scheine erwirbt. Gesagt – Getan! Die folgenden zwei Jahre machte Weinzierl seine Lizenzen und war nebenher Coach der Oberpfälzer. Und trotz der enormen Doppelbelastung (drei Tage in der Woche verbrachte er in Köln) war er mit den Rot-Weißen erfolgreich. Er schaffte immer souverän den Klassenerhalt, und dass obwohl der Jahn immer schon die geringsten Mittel der Liga hat. Ein weiterer großer Erfolg ist es, dass der Straubinger seinen Job behalten hat. Viele Trainer haben parallel zum Fußballlehrer-Lehrgang den Trainerjob weiter ausgeübt. Aber viele haben dieser Belastung nicht standgehalten bzw. waren mit der Mannschaft nicht mehr erfolgreich und wurden entlassen. Nicht so Weinzierl. Er brachte alles unter einen Hut, was eine wahnsinnige Leistung war! Schlussendlich erwarb er seine Trainer-Lizenz und wurde in der 3. Liga mit dem SSV Jahn Tabellenachter.

Meisterleistung beim Jahn – Aus Nichts Viel machen!

Aber diese Saison stand Weinzierl vor einer neuen Herausforderung. Ein Großteil seiner Mannschaft konnte nicht gehalten werden, das Geld für namhafte Neuzgänge fehlte. Mit einem Mini-Kader aus hauptsächlich jungen Talenten sollte er den Klassenerhalt schaffen,  musste binnen weniger Wochen Vorbereitung zu Saisonbeginn eine funktionierende Mannschaft aufstellen. Eine schier unmögliche Aufgabe. Aber Weinzierl hat sie gemeistert! Er hat nicht nur aus den jungen Spielern mit den wenigen Erfahrenen eine Einheit geformt, so dass die Mannschaft pünktlich zum 1. Spieltag funktioniert, er hat es geschafft dass diese Mannschaft guten Fußball spielt. Den "Besten Fußball, den man in Regensburg seit Jahren gesehen hat", sind sich die Fans einig. Vom "Dortmund der 3. Liga" war in den Medien die Rede. Als würde das Team seit mehreren Saisons schon so zusammenspielen. Auch eine Verletzungs-Pechsträne hielt Weinzierl nicht auf. Er hat es geschafft, zeitweise mit nur 12 (!) Feldspielern so zu arbeiten, dass jeder für jeden da ist und auch diese Rumpf-Truppe wie ein eingeschworenes Team auftritt und die Punkte nach Regensburg holt. Und er hat es geschafft, dass Spieler wie Stefan Jarosch oder Alexander Maul, die bisher als Unverzichtbar galten, mehr als nur ersetzt wurden konnten. Der Niederbayer hatte fast nichts – und hat sehr viel daraus gemacht. Er steht mit jungen Spielern aus der Regionalliga wie Ronny Philp und Jim-Patrick Müller (hier bewies Geschäftsführer Franz Gerber wie immer ein gutes Näschen bei den Transfer), die vorher keiner kannte und aktuell zu den Topspielern der Liga gehören, souverän an der Tabellenspitze.

Markus Weinzierl als Trainer des Monats?

Er kitzelt aus jedem seiner Spieler das Beste heraus, das ist es, was Weinzierl als Trainer so erfolgreich macht. Ob bei einen Michael Hofmann, der mit 1860 München schon Champions League-Qualifikation gespielt hat (und sogar älter als Weinzierl ist), oder einem Michael Klauß, dem letzte Saison rein gar nichts gelungen ist, aber diese Saison aufblüht und schon 6 Tore erzielt hat. Weil Weinzierl weiß, was in seinem Spielern steckt und, auch wenn es lange dauert, wie die Spieler ihre Qualitäten abrufen können. Diese Attribute, dass er immer das Maximale herauszuholen weiß, auch in schwierigen Situationen, und dass sein Team, in welcher Besetzung auch immer, immer als Mannschaft auftritt, als Einheit, zeichnen ihn aus. Deswegen wurde er von liga3-online.de auch zurecht zum "Trainer des Monats" zur Wahl gestellt. Mit dem Jahn, der den kleinsten Etat  und den kleinsten Kader der Liga hat, steht er auf Rang 1. Verdient! Wo das hinführt, wissen wir nach 38 Spieltagen. Aber eines wissen die Regensburger bereits jetzt: Ohne Weinzierl würden sie dort nicht stehen!

Foto: Regensburg1889.de

   

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