Jahn-Trainer Schmidt im Interview: "Ich war richtig beeindruckt"
Seit knapp anderthalb Wochen ist Alexander Schmidt nun offiziell neuer Jahn-Trainer. Der 45-Jährige trainierte zuvor zehn Jahre lang diverse Jugendmannschaften der Münchner Löwen, angefangen von der U16 bis hin zur U21 in der Regionalliga. Die Bender-Zwillinge oder Kevin Volland gehören da zu seinen bekanntesten Schützlingen. Schließlich wurde Schmidt im November 2012 nach der Entlassung von Reiner Maurer Coach der Zweitligamannschaft, die er am Ende auf den sechsten Platz schob – und in der kommenden Saison soll er den SSV Jahn Regensburg auf einen einstelligen Tabellenplatz führen. Im Interview mit liga3-online.de spricht Alexander Schmidt über seine Zeit bei den Münchner Löwen, seine Ziele beim Jahn und seine Art, Fußball zu spielen.
liga3-online.de: Hallo Herr Schmidt! Danke, dass Sie sich ein bisschen Zeit für uns genommen haben. Seit etwas über einer Woche sind Sie nun offiziell Trainer bei Jahn Regensburg. Konnten Sie schon etwas von der Stadt sehen?
Alexander Schmidt: Von der Stadt leider sehr wenig, ich war bisher nur im Verein. Aber ab Trainingsbeginn, wenn ich hier eine Wohnung habe, ändert sich das hoffentlich.
Ihr Sohn Francesco spielt ja in der Jugend des TSV 1860, zieht er auch her und wechselt zur Jahnschmiede?
(Lacht) Gute Frage! Jetzt auf jeden Fall noch nicht, eventuell später. Eigentlich ist er ja ein echter Löwe, aber Regensburg hat ebenso einen sehr guten Jahrgang 2002, das weiß ich von den Spielen gegen Jahn-Mannschaften. Aus dieser Perspektive wäre es also egal, ob er bei 1860 oder hier spielt. Mir wäre es natürlich lieber, wenn er hier bei mir ist.
Anders als Ihr Vorgänger Thomas Stratos haben Sie nie in der Bundesliga gespielt. Damit sind Sie aber nicht der einzige, ihre Kollegen Maik Walpurgis (Osnabrück) oder Gino Lettieri (Duisburg) zum Beispiel haben auch maximal Einsätze in der Dritten Liga gehabt. Warum muss es aber als Trainer kein Nachteil sein, nie erstklassig gespielt zu haben?
Naja, Dritte Liga ist ja jetzt auch nicht so schlecht (lacht). Grundsätzlich bin ich der Meinung, dass Trainer und Spieler zwei unterschiedliche Berufe sind. Man sagt doch auch so schön: Ein guter Spieler muss noch lange kein guter Trainer sein. Natürlich ist es hilfreich, wenn man die Erfahrung aus 150 Bundesligaspielen hat, aber oft ist es auch so, dass die Trainer, die den NLZ-Bereich durchlaufen haben, in der Basisarbeit sehr viel Erfahrung gesammelt haben, die ihnen später zugute kommt.
In München haben Sie sich von der U14 bis zur Zweitligamannschaft hochgearbeitet. Wie lief das genau ab?
Das war ganz lustig. Ich war in Augsburg U17-Trainer, dann hat mich der Ernst Tanner (Jugendleiter RB Salzburg, damals 1860 München; Anm. d. Red.) angesprochen, ob ich mir vorstellen könnte, bei den Löwen im Nachwuchs zu arbeiten – zunächst allerdings bei der U14. Ich war interessiert. Ich hatte aber meine Ziele erklärt, dass ich irgendwann auch nach oben kommen möchte. Er meinte dann: „Du brauchst aber nicht denken, dass Du in vier Jahren die U19 trainierst!“ – Na gut, ich war es am Ende dann nach drei Jahren. Aber ich habe vorher alles Mögliche noch durchlaufen. U14, U16, U19. Dann war ich zwei Jahre lang Co-Trainer der ersten Mannschaft, wo ich nebenbei den Fußballlehrer-Lehrgang absolviert habe. Dann wurde ich U21-Trainer in der Regionalliga und dann kam die erste Mannschaft.
Da waren Sie eigentlich recht erfolgreich, auch in der letzten Saison standen Sie nach sechs Spieltagen auf Platz sechs mit Tuchfühlung zu den Aufstiegsrängen. Warum hat es aus Ihrer Sicht nicht zu einem längeren Engagement gereicht?
Ja, wir hatten zuletzt zwei Spiele in Folge verloren. Die Erwartungshaltung in München war einfach riesig. Aus meiner Sicht haben, wie soll ich sagen, die Erwartungen nicht mit den Möglichkeiten des Kaders zusammengepasst. Das Problem war, dass man als Trainer in München nicht sagen kann: „Mit dem Kader ist ein Mittelfeldplatz drin.“ Dann hätte man sofort alles gegen sich. Es ist einfach so, wenn man in München nicht sagt „Wir wollen aufsteigen“, dann geht da die Welt unter. Daran sind schon viele gescheitert. Das war wohl auch mein Fehler, dass ich mich hab leiten lassen und nicht knallhart gesagt habe: „Der Kader gibt nicht mehr her.“
Was haben Sie in der Zwischenzeit gemacht?
Ich war bei der U17-WM in den Vereinigten Arabischen Emiraten und der EM in Malta und habe da gescoutet. Außerdem habe ich das Training bei Greuther Fürth, dem Karlsruher SC und RB Salzburg hospitiert. Dahin habe ich Verbindungen, so hatte sich das ergeben. Außerdem habe ich mir die 3. Liga angesehen, ich glaube jedes Heimspiel von Unterhaching.
Daher ist die 3. Liga nicht komplett Neuland für Sie?
Nein, ich kenne die Gegner und kann die Leistungsstärke einschätzen. Als Trainer ist es natürlich schon Neuland, da werde ich mich schon etwas akklimatisieren müssen.
Wie schätzen Sie die 3. Liga ein?
Es ist eine harte Liga! Man muss vorsichtig sein, das Beispiel Saarbrücken zeigt, dass man wachsam und vorbereitet sein muss. Es ist eine absolute Profiliga, man darf nicht träumen und muss von Anfang an verstehen, wie hier gespielt wird. Sehr hart, sehr kampfbetont. Man muss die Mannschaft entsprechend vorbereiten.
Bald nach der Entscheidung, dass beim Jahn nicht mit Thomas Stratos verlängert wird, haben Sie ein erstes Gespräch mit Sportchef Dr. Christian Keller geführt. Wie hat er Sie überzeugt, nach Regensburg zu kommen?
Ich fand es beeindruckend, was für eine klare Philosophie der Herr Keller hat, wie er Fußball spielen möchte. Und vor allem auch, wie professionell er das alles angeht. Das habe ich in der Art und Weise eigentlich sehr selten erlebt, ich war schon richtig beeindruckt. Und genau so stelle ich mir auch das vor.
Jetzt befürchten beim Jahn viele, dass man mit dem Konzept, fast ausschließlich auf junge Spieler zu setzen, eigentlich nicht erfolgreich sein kann. Unterhaching setzt ja ebenso mangels Geld auf junge Spieler, und die kämpfen Jahr für Jahr um den Klassenerhalt…
Die Spieler bei uns sind top ausgebildet, kommen aus den NLZ. Zum Beispiel der Patrick Lienhard, das ist ein hochbegabter Spieler. Sie bringen vom taktischen und athletischen sehr viel mit, da muss man die vorhandene Basis richtig weiterbilden. Dann klappt das auch.
Sie haben beim Jahn einen Zweijahresvertrag unterschrieben, der sich im Aufstiegsfall automatisch verlängert – das ist eigentlich eine Ansage! Ist der Aufstieg in dem Zeitraum wirklich realistisch?
Naja, vom Aufstieg zu reden ist schon verfrüht. Wenn man sieht, was für Mannschaften jetzt in der 3. Liga spielen mit Dresden, Bielefeld oder Osnabrück – da sollten wir das Wort Aufstieg nicht in den Mund nehmen. Wir müssen akribisch arbeiten, die Mannschaft verbessern, die Strukturen hochprofessionell gestalten und einfach Schritt für Schritt nach vorne gehen. Das andere passiert dann automatisch.
Das Ziel für diese Saison, der einstellige Tabellenplatz, wird aber dennoch offiziell angegangen?
Ja klar! Letztes Jahr waren wir Elfter, wenn wir uns Schritt für Schritt verbessern wollen, kann man das auch auf die Tabelle übertragen. Natürlich wollen wir jetzt keine großen Reden schwingen. Nochmal: Wir müssen wachsam sein, das kann auch schnell nach hinten losgehen. Wir können uns jetzt nicht hinstellen und sagen: „Wir sind die Größten, es wird ein einstelliger Tabellenplatz!“ Man muss richtig fighten und von Spiel zu Spiel denken. Nur dann können wir unsere Ziele erreichen.
Salopp formuliert: Wie lässt der Trainer Alexander Schmidt Fußball spielen? Was sind seine Ideen, seine Philosophie?
Was ich gar nicht mag, ist das Abwartende, also zunächst schauen, was der Gegner macht. Ich versuche mit meiner Mannschaft einen schnellen Ballgewinn zu erzielen, am besten in der Gegnerhälfte, und dann entsprechend schnell in die Spitze zu spielen. Im Optimalfall gegen einen nicht so organisiert und offen stehenden Gegner. Das ist so meine Art, wenn das nicht geht, also der Gegner organisiert steht, muss man versuchen, durch durchdachtes Passspiel in die Spitze zu kommen. Generell möchte ich mit Flachpass- bzw. Kurzpassspiel zum Torerfolg kommen.
Der Kader ist zum Großteil fertiggestellt. Zwei Spieler sollen noch kommen – sind Sie mit der aktuellen Mannschaft zufrieden?
Als Trainer ist man doch nie zufrieden, man denkt immer, hier und da könnte man noch was machen. Im Großen und Ganzen kann man aber sicher mit der Mannschaft arbeiten, der Kader ist schon gut. Auch die Neuzugänge, die sind durchdacht. Nicht einfach hinzugeholt und gesammelt. Das sind gute, hoffnungsvolle Spieler, die wir weiterentwickeln können. Wenn die beiden, die noch kommen, ebenso reinpassen, dann ist das definitiv ein guter Kader.
Haben Sie die Mannschaft schon kennenlernen können?
Ich kenne viele ja schon von den Beobachtungen, von den Spielen des SSV. Den einen oder anderen habe ich selbst auch schon trainiert (Anm. d. Red.: Andreas Geipl, Christoph Rech). Ansonsten nicht, die sind ja alle im Urlaub.
Bei Ihrer Vorstellung haben Sie das Umfeld des Jahn als „Kult“ bezeichnet – erläutern Sie dies doch mal genauer!
Ich hab es selbst gespürt, wenn ich mit 1860 hier gespielt habe. Da geht es schon ab, die Unterstützung ist voll da. Jahn Regensburg ist ein Traditionsverein, wenn die Leistung stimmt und man die Zuschauer wecken kann, dann ist richtig Betrieb im Stadion. Klar, hier sind die Zuschauer auch kritisch, wenn die Leistung nicht stimmt, haben sie auch keine Lust ins Stadion zu gehen.
Nun ist beim Jahn noch nicht alles auf Profiebene. Das Trainingsgelände im Sportpark Kaulbachweg ist jetzt nicht das modernste – ist das ein Problem?
Nein. Ich habe mich ja dafür entschieden. Es bringt doch nichts, wenn man jeden Tag über den Trainingsplatz geht und an jeder Ecke rummeckert. Das ist auch nicht meine Mentalität. Ich habe mit Jugendmannschaften schon am Kaulbachweg gespielt und kenne die Verhältnisse. Aber ich habe mich für den Jahn entschieden, bewusst. Klar muss man das verbessern, aber es ist unsere Aufgabe, das Beste aus der aktuellen Situation rauszuholen.
In der nächsten Woche ist Trainingsauftakt – haben Sie sich schon was überlegt?
Mit dem Harry Gfreiter habe ich schon gesprochen, auch den Trainingsplan habe ich schon im Kopf. Nur so viel: Es wird schweißtreibend!
Vielen Danke für das Interview und viel Erfolg in der kommenden Saison!