Tim Jerat: "Die Fans unterstützen uns sensationell"

Tim Jerat, Mittelfeldspieler bei Zweitligaabsteiger Arminia Bielefeld stieß vor der Saison vom Ligakonkurrenten Unterhaching zu den Ostwestfalen, wo er bisher vier Spiele absolviert hat. Im liga3-online.de-Interview erklärt er, was den Ausschlag für seinen Wechsel nach Bielefeld vor der Saison ausgemacht hat, wie er zu den Trainer Markus von Ahlen und Stefan Krämer steht, wie wichtig die eigenen Fans sind und wo er sich und sein Team nach dem 38. Spieltag sieht.

Was waren Ihre Gründe nach Bielefeld zu wechseln? Was waren Ihre Beweggründe?
Ja, in erster Linie natürlich die Tradition. Arminia ist kein Verein wie jeder andere. Gerade auch in der 3. Liga und selbst in der 2. Liga. Mit den Fans und dem Stadion ist das was Besonderes in der dritten Liga. Das war meine Hauptmotivation. Darüber hinaus haben mich Markus von Ahlen und Samir Arabi von ihrem Konzept überzeugt.

Sie sind nun schon eine Weile hier in Bielefeld. Was gefällt Ihnen hier? Was haben Sie sofort positiv vermerkt?
Ja, das was ich mir im Vorfeld vorgestellt habe, ist auch eingetroffen. Trotz des schlechten Saisonstarts unterstützen uns die Fans sensationell. Ich persönlich kann die Pfiffe auch absolut nachvollziehen, doch trotzdem sollen die Fans auch sehen, dass wir genauso enttäuscht sind. Und von uns ist niemand dabei, dem Arminia egal ist. Leider ist es uns nicht gelungen das zu zeigen. Und um auf Bielefeld zurückzukommen: Die Stadt ist viel schöner als ich es gedacht hätte. Ich habe vorher in München gewohnt und dachte, dass wird ein kleiner Kulturschock. Aber ich fühle mich hier wohl und die Stadt bietet einem viele Möglichkeiten.

Gibt es Unterschiede zu Ihren letzten beiden Stationen (Kiel, Unterhaching)? Und wenn ja, wie machen die sich bemerkbar? Ist der Druck in Bielefeld höher?

Alle drei Vereine sind sehr professionell und gut aufgestellt. Bei meinem letzten Verein Unterhaching hat man auch gemerkt, dass sie vor geraumer Zeit in der 1.Bundesliga gespielt haben. Bei allen Vereinen sind die Bedingungen sehr gut. Die Unterschiede merke ich am Zuschauerschnitt und im Interesse am Verein. In München waren eben zwei andere große Clubs in der Stadt. Auch Holstein ist ein sehr interessanter Verein in dem viel Potenzial steckt.

Thema Münster: Kriegt man als Spieler die besondere Stimmung rund um die Partie mit?

Uns Spielern ist allen bewusst, was dieses Spiel den Fans bedeutet. Das ist auch gleichzeitig eine riesige Motivation. Nach jedem Spiel wurde uns das noch einmal ins Gedächtnis gerufen, dass es in Münster nichts anderes als einen Sieg gibt. Ein Sieg in Münster kann dann auch eventuell einiges der letzten Wochen wieder gut machen. Diese Herausforderung ist gleichzeitig für uns alle eine große Motivation, dort zu gewinnen. Nichtsdestotrotz gilt unser Fokus auch den übrigen Ligaspielen, um in der Tabelle Plätze gutzumachen.

Wo sehen Sie die Gründe für Bielefelds Talfahrt?
Diese Frage ist natürlich schwer zu beantworten. Ich denke, so etwas sollte intern behandelt werden. Erst wenn man dort unten wieder rauskommt, kann man leichter über die Fehler der Vergangenheit sprechen. Aktuell sind wird einfach mittendrin im Abstiegskampf. In solch einer Lage sollte jeder erst auf sich gucken und das bestmögliche aus sich rausholen und erst dann die Fehler bei Anderen suchen.

Denken Sie noch manchmal darüber nach, ob der Wechsel nach Bielefeld die richtige Entscheidung war?

Ich bin inzwischen ein paar Jahre in dem Fußballgeschäft dabei. Solche Themen lasse ich zu diesem Zeitpunkt noch nicht an mich heran. Ich bin sehr optimistisch, dass wir unten herauskommen. Abgerechnet wird auch am 38. Spieltag. Es gab sicherlich auch einige Gespräche mit Haching, aber ich bereue meine Entscheidung absolut nicht. Ich bin nach wie vor der Überzeugung die richtige Entscheidung getroffen zu haben. Ich glaube, in keinem Verein der dritten Liga stecken so viele Möglichkeiten und so viel Potenzial wie hier in Bielefeld.

Beeinflussen Geschichten abseits des Platzes die Spieler?
In erster Linie darf das einen nicht beeinflussen. Man muss unter allen Voraussetzungen, die gegeben sind, als Profifußballer seine Leistungen bringen. Bei uns ist natürlich auch so, dass wir viele junge Spieler im Kader haben. Die machen sich, was das angeht, auch ein paar mehr Gedanken. Ganz akut und direkt beeinflussen uns Entscheidungen in der Trainerfrage. Diese Entscheidungen sind schon wichtig für jeden Spieler. Aber sobald man auf dem Platz steht, sollte man sich auf sich und seine Leistung konzentrieren.


Was bleibt Ihnen zu "Markus von Ahlen" in Erinnerung?
Markus war ein sehr, sehr akribischer Trainer. Ich hatte selten einen Trainer, der so fleißig war und sich so professionell auf jede einzelne Trainingseinheit vorbereitet hat. Alles war von vorne bis hinten durchgeplant. Wir waren auch auf jede Situation in den Spielen eingestellt. Bedingt dadurch, dass Bielefeld die erste Station seiner Trainerkarriere war, fehlte ihm vielleicht in manchen Entscheidungen die letzte Überzeugung. Doch gerade deswegen hoffe ich für ihn, dass das erst der Anfang für ihn war und er bald die Chance bekommt sich bei einem neuen Verein zu beweisen.

Stefan Krämer wird weiterhin Interimstrainer bleiben. Wie stehen Sie zu seiner Position?
Als Krämer das Training übernommen hatte, war ich noch verletzt. Somit konnte ich eine gewisse Stimmung ausmachen, als ich wieder ins Training eingestiegen bin. Da musste ich feststellen, dass die Jungs sich auf Training gefreut haben und richtig Zug wieder drin war. Ich habe noch nie gesehen, dass eine Mannschaft so motiviert ist, sich für einen Trainer derart aufzureißen. Jeder im Team ist gewillt, den Bock umzustoßen. Damit können wir zeigen, dass er mit seiner Arbeit auf dem richtigen Weg ist. Es ist natürlich schwer in knapp zwei Wochen direkt seine Philosophie durchzubringen, aber ich glaube man konnte in den Spielen gegen Heidenheim und Paderborn schon eine Steigung erkennen.

Sie sind als Vertreter der 3.Liga im Rat der Vereinigung der Vertragsfußballspieler (VdV). Erzählen Sie uns kurz über Ihre Tätigkeit.
Letztendlich ist die VdV eine Gewerkschaft. So wie man es aus anderen Berufen auch kennt. Wir kümmern uns um die Interessen und Themen, die uns als Fußballer z.B. auch außerhalb des Platzes betreffen. Man könnte diese Gewerkschaft auch als Gemeinschaft mit Sozialgedanke bezeichnen. Wir vertreten und unterstützen Spieler, die beispielsweise Probleme haben und Hilfe brauchen. Außerdem können wir gegenüber DFB und DFL durch die Gewerkschaft gestärkt auftreten und Interessen durchbringen. Beispielsweise setzen wir uns für spielerfreundlichere Verträge und verpflichtende Gesundheitschecks ein. Und bevor ich in den Rat kam, war ich passiv schon lange Mitglied und letztendlich kam dann die Berufung durch den Geschäftsführer der VdV.

Sie plagen aktuell Rückenprobleme. Gestern müssten Sie das Training abbrechen.
Nein, das stimmt nicht ganz. Ich bin nach meiner Verletzung aus dem Saarbrückenspiel zu früh ins Training eingestiegen und habe damit wohl die Heilung verschleppt. Gestern habe ich in Absprache mit dem Trainer eine Einheit weggelassen, da ich zu einer Kontrolluntersuchung beim Arzt war. Aber wenn sich dort nichts großartiges mehr tut, sehe ich dem Offenbachspiel eigentlich positiv entgegen.

Am 38.Spieltag…
…sehe ich uns auf einem gesicherten Mittelfeldplatz.

FOTO: Marvin Wellhausen

 

   

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