Vorschau Regensburg: "Wollen uns Stück für Stück verbessern!"
Bevor die 3. Liga am Samstag, den 26. Juli in die neue Saison startet, blickt liga3-online.de auf die 20 Drittligisten und schätzt die Chancen der Teams ein. In der heutigen Ausgabe werfen wir einen Blick auf Jahn Regensburg. Das ausgeschriebene Saisonziel der vergangenen Saison lautete nach dem Zweitligadesaster schlicht „gesichertes Mittelfeld“ – das wurde erreicht. Allerdings ging es in der Saison mehrmals auf und ab, nach Positivserien ohne Gegentor folgten Negativserien mit einer Welle von Gegentoren – und andersrum. Inkonstanz war die Konstanz im „Übergangsjahr“ nach dem Abstieg. Doch die junge Truppe unter Thomas Stratos hat gezeigt, dass sie guten Fußball spielen kann. Daran soll jetzt angeknüpft werden: „Wir wollen uns Stück für Stück verbessern“, erklärt Jahns Sportchef Dr. Christian Keller. Das offizielle Ziel der neuen Saison lautet daher: „einstelliger Tabellenplatz.“
Die Testspiele
Sieben Spiele, sechs Siege und ein Unentschieden, 46:3 Tore. Die Testspielbilanz der Regensburger kann sich sehen lassen. Zwar waren zu Beginn wegen des Trainingslagers die Beine etwas schwer (erster Härtetest: 1:1 gegen Regionalligist Eintracht Bamberg), in den weiteren Testspielen ging es aber schon frischer und spielfreudiger zu. Zuletzt gab es zwei weitere Härtetests, die äußerst positiv gestaltet werden konnten. Erst wurde die U23 von Greuther Fürth (Regionalliga) mit 3:1 bezwungen, dann die „erste Garnitur“ aus der 2. Bundesliga mit 2:1. "Ich muss meiner Mannschaft ein Kompliment machen. Wir haben gegen einen starken Gegner ein sehr gutes Spiel gemacht. Es gab aber auch schwächere Phasen in unserem Spiel, mit Fehlern, die wir unbedingt abstellen müssen. Ergebnisse spielen in der Vorbereitung nur eine untergeordnete Rolle und wir sollten den Sieg nicht überbewerten. Bis zum Saisonstart haben wir noch viel Arbeit vor uns", erklärt der neue Jahn-Trainer Alexander Schmidt. Die nächsten Härtetest stehen schon bevor: Heute geht es gegen den schweizerischen Zweitligisten FC Winterthur, am Montag gegen den tschechischen Erstligisten FC Hradec Kralove.
Die Neuzugänge – bodenständig, ambitioniert, glaubwürdig
„Bodenständig, ambitioniert, glaubwürdig.“ Das sind die drei Attribute, für die der SSV Jahn Regensburg stehen möchte und die ihn längerfristig zurück in die 2. Bundesliga führen soll. Dementsprechend wurde heuer der Kader gestaltet. Mit Stephan Loboué wurde einer der besten Torhüter der 3. Liga verpflichtet, als Leitwolf und Ruhepol, der die Erfahrung ins Team bringen soll. Alle anderen Transfers sind vielversprechende Talente aus unteren Klassen: Alexander Heep und Matthias Dürmeyer kommen aus der eigenen U23, sie haben in der vergangenen Bayernligasaison mit guten Leistungen auf sich aufmerksam gemacht. Ebenfalls aus der fünftklassigen Bayernliga kommt Sven Kopp, der für Sportchef Keller „das größte Talent Ostbayerns“ ist. Noah Michel kommt von der U19 der Frankfurter Eintracht und erzielte in der A-Jugend-Bundesliga zuletzt zehn Tore. Die restlichen Neuzugänge kommen aus der Regionalliga: Dominik Bergdorf, Jonas Erwig-Drüppel, Andreas Geipl, Stanislav Herzel, Patrick Lienhard und Christoph Rech.
Voraussichtliche Startelf
Sturm: Aosman – Muhovic
Mittelfeld: Lienhard – Kurz – Geipl – Hein
Abwehr: Trettenbach – Nachreiner – Rech – Herzel
Tor: Loboué
Wichtigster Spieler – Stephan Loboué
„Stephan Loboué ist der beste Torhüter der 3. Liga“, verkündete Regensburgs Sportchef Keller bei der Verpflichtung des 32-jährigen. Das muss er in Regensburg beweisen, denn viel hängt vom viermaligen Nationaltorhüter der Elfenbeinküste ab. Er kommt als Führungsspieler und muss sich als sicherer Rückhalt herausstellen – sportlich wie menschlich. Einer Abwehr können Fehler unterlaufen, daher ist es wichtig, dass man sich auf den Torwart verlassen kann. In der vergangenen Saison waren (ungewohnte) Schwächen von Keeper Patrick Wiegers mit ausschlaggebend für einen stotternden Start, er machte leider ebenso häufig Fehler, wie seine Vordermänner. Auch Bernhard Hendl war zwar ein souveräner Rückhalt, aber nicht mehr. Von daher ist es für die Ostbayern enorm wichtig, dass sich Loboué als der Klassetorhüter herausstellt, der angekündigt wurde. Die Verbesserung auf der Torhüterposition ist ausschlaggebend für eine bessere Saison.
Stärken – Die Flexibilität
Thomas Kurz oder Oliver Hein sind Musterbeispiele was einen flexiblen Spieler angeht. Kurz spielte beim Jahn schon Innenverteidiger, Stürmer und auf der "Sechs" – und stets mit sehr guten Leistungen. Hein wurde schon im offensiven und defensiven Mittelfeld eingesetzt, in der vergangenen Saison war er Rechtsverteidiger, auch nicht ohne etwas von seiner Stärke einzubüßen. Die Jahnelf hat durch solche flexiblen Spieler (Aosman, Herzel, Velegic, Windmüller, Lienhard, Trettenbach, Kopp) sehr viel Spielraum in der Spielgestaltung und ist fähig, auf jede Spielsituation angemessen zu reagieren. Die angesprochenen Akteure können mindestens drei Positionen in unterschiedlichen Mannschaftsteilen spielen. Auch was das Spielsystem angeht, kann der SSV Jahn heuer mit Flexibilität glänzen. 4-4-2, 4-2-3-1 oder 4-1-4-1, "wir können schnell und ohne Probleme auf ein anderes System umstellen, wenn es angebracht ist. Wir haben alles in den Testspielen gespielt und geübt, meine Spieler haben das drauf!", erklärt Schmidt. Das kann sich in der Saison als ein großer Vorteil herausstellen!
Schwächen – der Sturm?
Die Schwäche der Jahnelf könnte im Sturm liegen. Mit Franziskus und Michel stehen zwei Talente im Kader, die ihre Killerinstinkte in der 3. Liga noch beweisen müssen, die anderen beiden etatmäßigen Stürmer Dressler und Schmid sind von Natur aus verletzungsanfällig. Alexander Schmidt ließ in den Testspielen die (vormaligen) Mittelfeldakteure Aias Aosman und Zlatko Muhovic stürmen, die ihre Sache auch recht gut machten. Bloß ob sie sich im Ligaalltag auch als so treffsicher erweisen, bleibt abzuwarten. Schaffen sie es, ist der Jahn gut aufgestellt. Schaffen sie es nicht, müssen die anderen ihre Verletzungsanfälligkeit in den Griff bekommen bzw. sich in der Liga etablieren. Schaffen sie es, ist der Jahn zumindest in der ersten Garnitur gut aufgestellt. Schaffen sie es nicht, droht dem SSV ein Stürmerproblem.
Trainer – Alexander Schmidt
Der Jahn hat einen neuen Trainer. Wieder einmal. Alexander Schmidt ist der fünfte Trainer der vergangenen zwei Jahre. Doch jetzt soll endlich Kontinuität rein, auf der vielleicht wichtigsten Position der Mannschaft. Schmidt erhielt einen Zweijahresvertrag mit automatischer Verlängerung im Aufstiegsfall. Auch er passt, wie die Neuzugänge, ins Leitprofil der Ostbayern, ist „bodenständig, ambitioniert und glaubwürdig.“ Zudem erfüllte er ganz klare Anforderungen: Jung, Erfahrung mit jungen Spielern und im Profibereich. Zuvor arbeitete er sich von der U14 bis zur ersten Mannschaft der Münchner Löwen in die 2. Bundesliga hoch. In Regensburg nun soll er mit jungen, taltentierten Spielern etwas aufbauen. „Ich war von der Entwicklung hier beeindruckt!“, erklärte Schmidt bei seinem Amtsantritt. Er hat Lust auf die Aufgabe Jahn.
Prognose
Der einstellige Tabellenplatz ist kein unrealistisches Ziel für den SSV Jahn. Letztes Jahr wäre das mit ein bisschen mehr Konstanz auch schon drin gewesen, bisher scheint sich der Kader auch nicht verschlechtert zu haben. Die Wiederholung des Vorjahresergebnisses, Platz 11, ist mindestens drin. Mit dem Abstieg dürften die Ostbayern überhaupt nichts am Hut haben – trotz des erneut niedrigen Etats. Die Neuzugänge sind äußerst vielversprechend, der Kader ist sogar erfahrener als vor einem Jahr. Wenn sich die Mannschaft schnell findet und ein Tick mehr Konstanz an den Tag legt, als in der abgelaufenen Spielzeit und wenn die individuellen Fehler der vergangenen Saison abgestellt werden, dann wird der Jahn sein Ziel erreichen. Viel hängt auch von einem guten Start ab! Einmal hinten drin würde es schwierig, wieder raus zu kommen. Das Beispiel Saarbrücken sollte jeder Jahnkicker – wie auch jeder andere Drittligist – im Hinterkopf halten.
FOTO: SSV Jahn Regensburg