Hallescher FC: Defensiv ungenügend, offensiv zu sensibel
Der Hallesche FC ist zurück in der Saison 2013/2014. Obwohl man sich gerade in punkto Konstanz weitaus mehr vorgenommen hatte als im Vorjahr, steht man nun vor der gleichen Situation. Es geht auf und ab, sodass auch Präsident Michael Schädlich zuletzt von einem „Achterbahnritt“ sprach. Gegen Fortuna Köln raste die Achterbahn wieder unangenehm nach unten, der HFC fand zuhause kein Mittel gegen den Aufsteiger und versteifte sich völlig im Spielaufbau, während die Verteidigung im dritten von drei Spielen ungenügend war. So war Trainer Sven Köhler die Enttäuschung nach dem Spiel absolut anzumerken. Zwar vermied er es ausdrücklich, die Auftaktniederlage gegen Chemnitz mit der erneuten Misere gegen Köln zu vergleichen, fand aber so kurz nach Spielende keine Erklärung für die zwischenzeitlich komplette Leistungsaufgabe seiner Mannen.
Dampflock gegen Transrapid
Dabei war der HFC im Grunde dynamisch ins die Partie gestartet. Der Schwung aus dem 5:1-Kantersieg in Bielefeld hatte die sensiblen Köpfe einiger HFC-Spieler merklich aufgeräumt und so drückte man vom Anpfiff an auf das Tor der Kölner. Doch mit jedem Fehlpass, mit jedem Fehlschuss und mit der gespenstischen Nicht-Stimmung im ERDGAS-Sportpark schien das Selbstbewusstsein der Hallenser zu sinken. Fortuna Köln wurde mutiger und erzielte nach einem Eckball verdient die Führung. Von da an war Feierabend beim HFC. In der ersten Halbzeit gelang schlichtweg nichts mehr, in der zweiten Halbzeit konnte man zumindest ein kurzes Aufbäumen erahnen, was aber mehr gewollt als gekonnt verlief. Überhaupt wirkte der HFC wie eine vorzeitliche Dampflock, während die Fortuna einem Transrapid gleich durch die hölzerne Verteidigung der Hallenser glitt. So war das zweite Tor ein schier perfekter Konter nach einem Eckstoß des HFC. Über lediglich drei Stationen ließ Köln die HFC-Verteidiger wie Slalomstangen stehen und vollendete zum vorentscheidenden 2:0.
Furuholm ein Schatten seiner selbst
Leider war es am Mittwoch nicht nur die Schwäche der Defensive, die den HFC zur Aufgabe zwang, auch und vor allem der Spielaufbau war schlichtweg nicht vorhanden. Gogia wurde von einem bärenstarken Kosi Kwame gänzlich kaltgestellt, was Köln-Trainer Uwe Koschinat nach dem Spiel zu Recht zu Lobeshymnen verleitete, und stolperte zwischenzeitlich über seine eigenen Ballannahmen. Ein seltenes Bild des Edeltechnikers. Noch schlimmer erging es Stürmerstar Timo Furuholm. Nichts erinnert in dieser Saison bisher an den tapferen Sturmrecken, der den HFC 2013 zum Klassenerhalt geschossen hatte. Furuholm ist ein Schatten seiner selbst, hing gegen Köln völlig in der Luft und war von der Kölner Verteidigung gänzlich isoliert. Zwar kam zur zweiten Halbzeit Osayamen Osawe, allerdings änderte das nichts an Furuholms Isolation. Und auch der junge Brite konnte dem Spiel nicht so seinen Stempel aufdrücken, wie er es in Bielefeld getan hatte. Nur kommt Sven Köhler nach solchen Nicht-Leistungen beinahe kaum noch darum herum, Furuholm eine Pause zu gönnen.
Ohrfeige für Rau
Eine Pause bekam auch Neuzugang Dominic Rau nach 45 Minuten. Zur Halbzeit brachte Köhler die erfahrene HFC-Legende Patrick Mouaya. Eine Ohrfeige für Rau, ist es im Fußball bekanntlich nur dann üblich den Innenverteidiger zu wechseln, wenn eine Verletzung vorliegt – oder eben eine extrem schwache Leistung. Offiziell, so Köhler, habe er Mouaya gebracht, um etwas mehr Kommunikation auf den Rasen zu bekommen. Damit erkannte der HFC-Trainer einen weiteren schweren Mangel: Die Spieler reden nicht miteinander. Lediglich Marcel Franke war am Mittwoch vereinzelt lautstark zu vernehmen, Tim Kruse lief immerhin immer wieder zu Mitspielern und redete auf sie ein. Ein Beispiel: Rechtsverteidiger Florian Brügmann war in der zweiten Halbzeit mehrfach mutterseelenallein auf der rechten Seite zu finden, zeigte das auch winkend an, verbalisierte die gewünschte Spielverlagerung aber nicht und wurde somit regelmäßig übersehen, während sich seine Kollegen auf der linken Seite durch die enge Fortuna-Verteidigung zu drängeln versuchten.
Fandiskussion belastet die Spieler
So steht der HFC vor dem anstehenden Auswärtsspiel in Duisburg erneut vor immensen psychologischen Aufbauarbeiten. Spieler wie Robert Schick, Akaki Gogia oder auch Sören Bertram, der gegen Köln erneut mehrfach besser postierte Mitspieler übersah, sind sensible Charaktere, die es aufzufangen gilt. Symptomatisch dafür war auch die Rezeption der Atmosphäre im Stadion. Während der Ultrablock immer wieder lautstark den Namen der verbotenen Gruppierung „Saalefront“ skandierte, pfiffen sich die übrigen Zuschauer die Finger wund, was die Spieler, wie einige der „Mitteldeutschen Zeitung“ erklärten, durchaus verunsichert habe. Ebenso wie die gespenstische Stille während des Spiels, welches mit über 8.000 Zuschauern zudem auch noch relativ gut besucht war.
Banovic macht Hoffnung
Doch droht gegen Duisburg eine erneute Klatsche? Nur bedingt, denn auch am Mittwoch konnte man mit viel Wohlwollen erkennen, dass der HFC nach wie vor eine Kontermannschaft ist, die mit selbstbewussten, spielbestimmenden Gegnern durchaus ihren Spaß hat. Duisburg wird das Spiel machen wollen bzw. müssen und der HFC kann, sofern man sich denn in den wenigen Tagen mit den Problemen des Fortuna-Spiels auseinandersetzen kann, durchaus darauf reagieren. Elementarer ist allerdings nach wie vor die Verteidigungsproblematik. Hier sollte auch der Markt noch einmal überprüft werden, denn die Variationen in der Innenverteidigung sind, nach einem Überschuss im letzten Jahr, recht überschaubar. Zudem macht eine möglichst baldige Rückkehr von Neuzugang Ivica Banovic Hoffnung auf etwas mehr Stabilität.
FOTO: Marcus Bölke