Kommentar Hallescher FC: Alles läuft schief

Manchmal geht es ganz schnell. Noch am Montag ließ sich nicht erahnen, dass der Hallesche FC in seiner Schaffenskrise einmal mehr an Trainer Sven Köhler zweifeln würde. Doch bereits am Dienstag wurde bekannt, dass intern in einer Krisensitzung durchaus die Fetzen flogen. Vor allem der Vorstand um Dr. Michael Schädlich und Jörg Sitte zeigte sich hochenttäuscht von der aktuellen Situation. Schädlich nahm dabei am Tag nach der Sitzung vor allem die Mannschaft, aber auch Köhler öffentlich in die Pflicht und forderte endlich ein Ende der sieglosen Serie von nun mehr vier Spielen in Folge.

Kleinheider degradiert

Denn nicht nur die Beine des Trainerstuhls werden wackliger, sondern auch der Abstand zu den Abstiegsrängen. Der HFC ist mit 15 Punkten nur vier Punkte vor den drei Letztplatzierten – und kämpft mit den alten Problemen: Zu wackelig in der Abwehr, zu harmlos im Angriff. Blanke Enttäuschung, weil beide Kritikpunkte in dieser Saison zwischenzeitlich bereits als Schnee von gestern galten. Gegen Bielefeld oder Unterhaching traf der HFC aus allen Lagen, gegen Hansa Rostock und Dynamo Dresden verteidigte man selbstbewusst und nahezu fehlerlos. Notfalls bügelte Torwart Pierre Kleinheider aus. Dieser ist, nachdem es um Timo Furuholm nach seiner Degradierung ruhiger geworden ist, das neue Gesicht der Krise. Nach einigen Unsicherheiten gegen Erfurt und zuvor, setzte Köhler den einstigen Hexer im Tor auf die Bank und überließ seinen Platz Neuzugang Lukas Königshofer, der sich sogleich drei Gegentore in Kiel fing, diese aber nach schlampiger Abwehrleistung kaum verhindern konnte.

Grüppchenbildung in der Mannschaft

Was läuft also schief beim HFC? Alles, lautet die frustrierende Antwort. Mit dem Last-Minute-Sieg gegen Cottbus scheint die Mannschaft ihr Glück für diese Hinrunde aufgebraucht zu haben, denn was folgte war eine Verletzungsmisere, die im deutschen Fußball momentan nur Borussia Dortmund kennt. Dazu späte Gegentore, wie gegen Erfurt und Münster, hanebüchene Abwehrfehler und vertane Abschlüsse en gros. Schlüsselspieler wie Kleinheider oder  Furuholm sind im Formtief oder verletzt wie Bertram, Lindenhahn oder Ziegenbein. Die miese Stimmung verlagert sich mittlerweile auch auf den Trainingsplatz, unter der Woche war von Grüppchenbildung die Rede. Gründe, die bei anderen Vereinen einzeln schon für eine Krise reichen würden, kommen beim HFC als Sammelbestellung.

Köhler ohne Kredit bei den Fans

Kein Wunder also, dass die Blicke erneut auf den Trainer gerichtet sind. Sven Köhler, von den Berichterstattungen der letzten Tage merklich mitgenommen, blieb in der abschließenden Pressekonferenz vor der Partie gegen Wehen-Wiesbaden am Samstag (14 Uhr, live auf mdr.de) entsprechend einsilbig. Frei nach dem Motto: „Alles was ich jetzt sage, kann später gegen mich verwendet werden.“ Das Problem: Beim Anhang des HFC ist Köhler seit Jahren der erste Kritikpunkt, wenn es in der Liga nicht läuft. Mit sieben Jahren ist der Sachse zwar der dienstälteste Trainer im deutschen Profifußball, doch wird ihm immer wieder die fehlende „harte Hand“ vorgeworfen. Verziehen die Fans ihrem einstigen Aufstiegshelden noch die fatale Hinrunde in der ersten Drittligasaison 12/13, so hätten viele ihn in der gleichen Situation 13/14 bereits in die Wüste geschickt. Auch nach einer großartigen Aufholjagd in der Rückrunde 2014 blieb das Tischtuch zwischen Fans und Trainer zerschnitten, was sich nun in der neuerlichen Krise vor allem in Foren und Leserbriefen äußert.

Super-GAU Regionalliga

Die Luft wird dünner für Sven Köhler, vor allem aber für den gesamten HFC, denn die Abstiegsplätze, mit denen man nachweislich so gar nichts mehr zu tun haben wollte, sind näher als man denkt. Ein Abstieg in das Haifischbecken Regionalliga Nordost käme einem Super-GAU gleich, denn unter den Umständen, die dort heute für einen Aufstieg verlangt werden – Meisterschaft und Playoff-Gewinn – wäre eine schnelle Rückkehr bei Konkurrenten wie Jena, Zwickau, Magdeburg oder dem BFC Dynamo, praktisch unmöglich. Es muss sich etwas ändern beim HFC – notfalls nach sieben Jahren auch auf der Trainerbank.

FOTO: Flohre Fotografie

   

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